Der Mann in Scheffels Gewand

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Richard Goppert (rechts) als Joseph Victor von Scheffel beim Staffelsteiner Altstadtfest; hinter ihm steht Ulrich Schmitt als Adam Riese und links Professor Ulrich Reich.Matthias Einwag
Richard Goppert (rechts) als Joseph Victor von Scheffel beim Staffelsteiner Altstadtfest; hinter ihm steht Ulrich Schmitt als Adam Riese und links Professor Ulrich Reich.Matthias Einwag

Richard Goppert schlüpft in das Kostüm des berühmten Dichters. Im Auftrag der Stadt spielt er den Mann, der das Frankenlied schrieb.

Wenn beim Altstadtfest die Honoratioren auf die Bühne treten, spielt jeder eine Rolle. Der Bürgermeister erscheint als Schultheiß, die Ratsdamen und -herren verkörpern den Magistrat, und die Handwerker und Kaufleute tragen historisierende Gewänder ihrer jeweiligen Zunft. Ulrich Schmitt mimt Adam Ries(e), den großen Sohn der Stadt, und Richard Goppert schlüpft in die Rolle des berühmten frühen Staffelstein-Touristen Joseph Victor von Scheffel. Der Dichter weilte 1859 einige Zeit in Banz, machte von dort aus Wanderungen, malte und schrieb den Text des Frankenlieds. Das danken ihm nicht nur die Staffelsteiner bis heute.

Seit drei Jahren ist Richard Goppert beim Altstadtfest das Double des Dichters. Mit Gehrock, Zylinder, Nickelbrille und Wanderstab ist er dabei. Eingangs stellte er sein Licht fast ein wenig unter den Scheffel: Dass er die Idealbesetzung für die Rolle sei, zweifelte er an. Als Markus Alin vom Kur- und Tourismus-Service ihn fragte, ob er ehrenamtlich die Scheffel-Rolle beim Altstadtfest übernehmen möchte, fiel seine Reaktion erst einmal zurückhaltend aus. "Was muss ich denn da machen? Aber vorsingen tu ich nicht", antwortete der Franke, der in Köttensdorf bei Scheßlitz aufgewachsen ist und nun in Romansthal lebt.


Im Auftrag der Stadt

Bad Staffelsteins Bürgermeister Jürgen Kohmann (CSU) hatte angeregt, dem Mann mit der asketischen Figur und dem schulterlangen Haar diese Rolle anzutragen. Die Gestalt des 54-Jährigen hat schon etwas von einem Bohemien, einer ungebundenen Künstlerexistenz. Richard Goppert erschien also als der ideale Mann für diesen Part.

Sich selbst beschreibt der Qi-Gong- und Tai-Chi-Lehrer Richard Goppert denn auch als Lebenskünstler, der sich schon vielen Aufgaben im Leben widmete: Er stellte Webereimaschinen ein, arbeitete als Steinkonservator, machte eine Ausbildung als Biogemüsegärtner, trat als Medicus bei Mittelaltermärkten auf und legte als Entspannungstrainer in einem Resort in Spanien die Grundlagen für seine heutige Tätigkeit.


Meditation und Biogarten

Immer wieder suchte er Klöster auf, um zu meditieren. Die Franziskaner, sagt er, seien seine Ziehväter. Den Lebensunterhalt bestreitet er als Kursleiter von Qi Gong, Tai Chi und verschiedenen chinesischen Entspannungstechniken, sein großes Hobby ist weiterhin der Biogarten.
Als Scheffel dabei zu sein, reizte "Ritchi" Goppert: "Scheffel ist viel gereist und er hat gemalt, das gefällt mir. In der Rolle des Scheffel komme ich schnell mit Menschen ins Gespräch", sagt der Mann, der in den Sommermonaten Qi Gong im Kurpark lehrt und in der Obermain-Therme beruhigende Unterwasserentspannung anbietet. Mit spitzbübischem Lächeln fügt er an: "Das Frankenlied hab' ich auch schon immer gern mitgeschmettert."

Richard Goppert sagte auf die Anfrage des Bürgermeisters also zu, einmal in die Robe des Dichters zu schlüpfen. "Ich liebe schon auch Rollenspiele", ergänzt er und grinst. Aus einem Mal sind inzwischen drei Auftritte geworden, und Richard Goppert baut den Scheffel-Termin nun fest in seinen Jahresterminplan ein.


Reisen ist seine Leidenschaft

Dabei muss er nur aufpassen, dass Scheffel nicht mit Konfuzius und Tai Chi kollidiert - oder mit den Qi-Gong-Reisen für zehn bis zwölf Personen, die Richard Goppert organisiert. Ab und zu schlägt das Reisefieber bei ihm voll durch, dann fährt er mit dem Wohnmobil übers Land und hält an, wo es ihm gefällt. Wie war das doch gleich bei Scheffel: "Ich wollt', mir wüchsen Flügel".

Zum heil'gen Veit von Staffelstein kehrt er immer wieder gern zurück. Dort warten schließlich viele Menschen auf ihn - seine Kursteilnehmer ebenso wie seine Lebensgefährtin. Ironie dabei: Schon ein Jahr, bevor Richard Goppert zum Scheffel-Darsteller wurde, dichtete sie zu seinem 50. Geburtstag das Frankenlied auf seinen Lebenslauf um.