Die Arbeit der Johns Hopkins Universität bildet schon länger die Datenbasis vieler Grafiken in den Medien und scheint sich als recht zuverlässige Quelle erwiesen zu haben. Die Uni wertet alle vertrauenswürdigen Zahlen aus, die sie auftreiben kann und ist damit regelmäßig schneller und präziser als das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin, das unter anderem mit der starken medialen Präsenz des Virologen Christian Drosten in Deutschland die Betrachtung der Corona-Krise prägt. Expertisen des RKI dienen auch als Grundlage für das Handeln der Bundesregierung. Denn das Institut wurde speziell für solche Infektionskrankheiten eingerichtet und untersteht sozusagen dem Bundesgesundheitsministerium mit Jens Spahn (CDU) an der Spitze.
Manchmal scheinen die Wissenschaftler dort aber eine Sprache zu wählen, die in den Ohren normaler Menschen verharmlosend klingt. So stufte das Institut die Gefährdungslage durch das Corona-Virus erst am 17. März auf "hoch", praktisch nur Stunden, bevor Bayern im oberpfälzischen Mitterteich (Landkreis Tirschenreuth) eine Ausgangssperre erließ. "Die Politik ist inzwischen schneller als die Wissenschaftler", meinte Emmi Zeulner, CSU-Bundestagsabgeordnete, dazu. Inzwischen gilt der bayerische Ministerpräsidenten Markus Söder als der Mann, der für einen entschlossenen Umgang mit der Situation in Deutschland steht.
Für die Betrachtung der Lage in Deutschland ist eine Diskussion über Unsicherheiten und Manipulationen der Zahlen irrelevant. Es gibt aus Ländern, die der Virus schon früher heimsuchte, genügend vertrauenswürdige Daten, die, vereinfacht gesagt, schon vorher erkennen ließen, was auf Deutschland zurollt.
Über 40 000 Fälle
Am Abend des 6. März gab es in Europa etwa 7000 erkannte Infizierte, als das RKI am 17. März die Corona-Gefahr auf "hoch" stufte, lagen dem Institut 7232 bestätigte Fälle in Deutschland vor. Mittlerweile, nur neun Tage später, zählt die Johns Hopkins University 40 421 Fälle in Deutschland (Stand: 26. März, 16 Uhr). So kann man nun immer öfter lesen: Die Zahlen steigen stark an. Das ist richtig und falsch zugleich. Sie folgen einfach einer zu erwartenden exponentiellen Kurve. Die trägt es in sich, dass die Zahlen ab einem bestimmten Zeitpunkt regelrecht zu explodieren scheinen (siehe Grafik). Das kann man auf Seiten verfolgen wie etwa https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/. Dort lässt sich der Anstieg der Infektionen in absoluten Zahlen darstellen und in einer exponentiellen Funktion. Wenig überraschend verläuft die zweite Kurve auch für Deutschland annähernd linear. Der Schrecken, der einen aktuell erfasst, war also zu erwarten.
Die Zahlen im Landkreis folgten bisher auch genau jenem Schema. Grob gesagt stiegen bisher die Fälle jeden Tag um rund 30 Prozent im Vergleich zum Vortag. Das ist auch in anderen Regionen der Fall gewesen. Es ist auch hier schlicht und einfach nicht relevant, darüber zu diskutieren, ob man nun von 25 oder 35 Prozent ausgehen sollte. Die Dynamik ist auch bei geringeren Prozentwerten deutlich.
Mit einer Fallzahl von 27 am 24. März lag man im Landkreis bei einem durchschnittlichen Anstieg von 34 Prozent pro Tag, 46 Fälle zum Stand 26. März stellen ebenfalls einen durchschnittlichen Anstieg von 34 Prozent dar. Geht es so weiter, könnte der Stand am 28. März bei 82 Fällen liegen. Noch einmal zwei Tage weiter gerechnet, kommt man auf 149 Infizierte.
Neu ist ein ganz entscheidender Punkt: Die Art, wie diese 19 weiteren Fälle auftraten, unterscheidet sich grundlegend von dem, was bisher im Landkreis vorzufinden war. Bislang ließen sich die Infektionen auf Aufenthalte in Risikogebieten wie wie Italien, Österreich oder der Schweiz zurückführen. Die 19 Personen haben sich aber im Landkreis angesteckt - und das bei den wenigen Personen, bei denen sich das Virus auch erst spät nachweisen ließ.
"Das ist ein ganz klares Signal dafür, wie wichtig die momentan geltenden Ausgangsbeschränkungen sind", sagt Andreas Grosch, Pressesprecher am Landratsamt.
Unter den aktuellen Einschränkungen wäre es wohl kaum zu so einer Situation gekommen. Es sind Infektionen, die sich noch vor den strengen Ausgangsbestimmungen ereignet haben. Denn jeder weiß inzwischen: Es dauert einige Tage, bis sich Corona zeigt. Erst in rund zwei Wochen wird sich eine Besserung einstellen - und der steile Anstieg der Infektionen gebremst werden. Je mehr Menschen diese Zeit konsequent nutzen und sich an die Regeln halten, umso effektiver wird die Ausbreitung gebremst. Diese Disziplin kann Leben retten.