Der Auftritt Christian Springers in Michelau ist ein Parforceritt durch Sozialgeschichte, Landes- und Bundespolitik. Nebenbei schaut er der Verwandtschaft der Verteidigungsministerin kurz mal in den Geldbeutel.
Ausgeschlafen sollte man schon sein, für einen "Oben ohne Abend" mit Christian Springer. Der Münchner Kabarettist hat in seinem neuen Soloprogramm seine Kultfigur Fonsi, den mürrischen, aber liebenswerten Kassenwart von Schloss Neuschwanstein, in den Urlaub geschickt.
Jetzt ist er der Springer, der wie ein Wasserfall mit Händen und Füßen redet und seine Zuhörer mit den aktuellsten Nachrichten überschüttet: "Alles, was ich heute Abend erzähle, ist die pure Wahrheit, du brauchst heutzutage nichts mehr erfinden. Du wirst ja von der Realität überholt."
Stoff für eineinhalb Stunden hat Christian Springer jedenfalls genug.
Der Bogen spannt sich von der bayerischen Landespolitik über Putin bis hin zum Kampf der Geschlechter.
Säulen bayerischer Politik
Los geht's mit den Säulen der modernen bayerischen Politik, dem Landrat und der Kreissparkasse. Ausgiebig analysiert Springer den Feldversuch in Miesbach mit dem Geburtstagskind Landrat Kreidl. Obwohl der nach dem Skandal eigentlich nicht mehr wählbar war, erhielt er noch 15 Prozent der Stimmen. "Da frage ich mich schon, was ist in Bayern schlimmer? Der Nichtwähler oder der Blöde?"
"Die da ganz oben, was sind das für Menschen?", fragt Christian Springer immer wieder. Im Visier hat er dabei vor allem Putin, der mit seinem Labrador aus dem Labradorium die Hundephobie Angela Merkels beim Staatsbesuch gnadenlos auskostet. "Denn so ein Labrador braucht den ganzen Tag eine geistige Beschäftigung. Jetzt ist der mit dem Putin zusammen.
Sie können sich vorstellen wie aggressiv der Hund ist."
Die Sache mit den Amazonen
Und das mit Merkel, unserer "strong women", womit Springer elegant den Bogen zum Kampf der Geschlechter geschlagen hat. Apropos Bogen, gab es da nicht die Amazonen? Die Amazonen haben nie eine Schlacht verloren, weil sie oben ohne gekämpft und damit sie die Männer fertiggemacht haben. Und wie ist es heute?
Der Baumarkt, das war sein letzte Domäne, an die sich der Mann geklammert hat. Früher brachte der Steinzeitmensch den Säbelzahntiger mit nach Hause, das ist für den Mann von heute das Laminat aus dem Baumarkt. Da braucht man nicht klatschen. Das ist eine traurige Angelegenheit.
Längst fehlen uns die geeigneten Symbole, meint Springer. Etwa der Motorradhelm, den der französische Präsident Hollande auf der Mofafahrt zu seiner Geliebten trug.
Der wurde in Frankreich 18 000-mal verkauft. "Das waren alle ältere Herren, die glaubten, mit der Tablette hat's nicht geklappt, jetzt versuch ich's mit dem Helm."
Und dann die Sache mit der Energiewende. Wind- und Sonnenenergie kennen die Leute seit Jahrtausenden. Aber warum ist man in Bayern gegen die Solarenergie? Weil Franz Josef Strauß, nachdem er eine längere Rede in der prallen Sonne gehalten hatte, einen feuerroten Kopf bekam! Damit stand fest: Solarenergie geht nicht, davon kriegen die Schwarzen einen roten Schädel.
Springer kämpft für die Energiewende. Er redet sich in Rage und plädiert für die Einführung der Energiewende mit einem Feiertag, dem Tag des Windradlaufstellens am 1. November. Tiere als Symbol wären da gut: Stromsau oder Wattochse.
Und zum Höhepunkt des Festes würde Ilse Aigner mit ihrem Dirndl festgebunden an einem sich drehenden Windrad.
Das wär' doch was.
Weiter geht's im Schweinsgalopp über den Urknall bis hin zur Lügensprache der heutigen Zeit. Die harten Themen hat sich Christian Springer für den Endspurt aufgespart. Da geht es um Krieg und Frieden.
Genüsslich erzählt er seine Version vom Trojanischen Krieg und von Helena, der schönsten Frau der Antike. "Und jetzt kommen wir mit Ursula von der Leyen!" Der dürften an diesem Abend allerdings die Ohren geklingelt haben, bei der Analyse des Einsatzes von Bundeswehrsoldaten in Mali und ihrem eigenen familiären Background.
Merkwürdige Zusammenhänge
Ein Schelm, der Böses dabei denkt, angesichts des Vorkommens von Edelmetallen und Seltenen Erden, die man rein zufällig für die Herstellung von Handys und Flachbildschirmen braucht.
Da gebe es schon merkwürdige Zusammenhänge zwischen dem Vorkommen Seltener Erden und dem wirtschaftlichen Engagement innerhalb des Von-der-Leyen-Clans. "Marschieren wir in Mali ein wegen der Verwandtschaft der Ursula von der Leyen? Natürlich nicht!"
Doch der Abend soll positiv enden. Springer gerät ins Schwärmen, als er die Rückkehr des deutschen Goldschatzes aus Amerika schildert. 300 000 Goldbarren live im Fernsehen, Goldreserven als der wahre Nibelungenschatz.
Die ganzen Lügen der Wagnerfamilie kommen jetzt raus. Jetzt stellt sich endlich heraus, dass Richard Wagner nach einer Pizza benannt wurde. Da lachen immer die, die sich von Tiefkühlkost ernähren.
Das Gold kommt alles zu Putin. Der wird es einschmelzen und seinen Labrador damit übergießen. Dann hat er endlich einen Golden Retriever.
Doch nein, am Ende wird das ganze deutsche Land überzogen sein von einer dünnen Goldfolie.
Zum Schluss wird Springer ernst: Als Mitbegründer der Organisation "Orienthelfer" ruft er auf zur Hilfe für syrische Flüchtlinge im Libanon.