Die Konsequenz: Viele Berufspendler fahren auf Schleichwegen nach Kulmbach. Was Betroffene und Verantwortliche sagen.
"Ein Stadtmensch stand mitten in der Pampa", kommentiert der Mainecker Unternehmer und Gemeinderat Gunther Czepera augenzwinkernd, was einem Kunden von ihm kürzlich widerfahren war. Den Mittelfranken aus Roth bei Nürnberg hatte das Navi in den Mainleuser Ortsteil Friedrichsberg gelotst. In normalen Zeiten hätte es ihn zum Bahnübergang Mainklein-Ost geführt. Doch von Normalität ist man derzeit in Maineck und Mainklein weit entfernt.
Nicht nur, wenn Besuch kommt, sondern vor allem dann, wenn die Einwohner täglich zur Arbeit nach Mainleus oder Kulmbach pendeln müssen. Seit Anfang Mai erneuert die Deutsche Bahn (DB) an sechs Bahnübergängen zwischen Burgkunstadt und Mainleus die technischen Sicherungsanlagen. Die Bahnübergänge Mainklein-West, Mainklein-Ost, Mainroth-West, Mainroth-Horlache, Theisau und Rothwind mussten gesperrt werden.
30 Minuten früher aufstehen
Für Liane Weber aus Maineck, die als agrartechnische Assistentin am Max-Rubner-Institut in Kulmbach arbeitet, bedeutet das zunächst 15 bis 30 Minuten früher aufzustehen. Statt die offizielle Umleitung über Alten- und Burgkunstadt zu nehmen, fährt sie über Witzmannsberg nach Kulmbach. Der vermeintliche Schleichweg erweist sich anfänglich als Bumerang und zehrt an ihren Nerven. Am Rothwinder Bahnübergang steht die Maineckerin oft vor verschlossener Schranke. Der Grund: manueller Betrieb.
"Die Arbeiter vor Ort erhalten einen Anruf vom Fahrdienstleiter, wann ein Zug Hochstadt oder Mainleus passiert, und schließen dann die Schranken", erläutert ein Bahnsprecher. Das sorgt für Wartezeiten, die sich bis zu 15 Minuten hinziehen können. Inzwischen habe sie den passenden Zeitpunkt herausgefunden, an dem die Schranke jeden Morgen geöffnet sei, erzählt Weber. Die Maineckerin kann nicht verstehen, warum gleich sechs Bahnübergänge auf einmal geschlossen werden müssen. "Die Bahnübergänge standen signaltechnisch in Abhängigkeit zueinander. Die Erneuerung kann deshalb nicht einzeln ausgeführt werden, sondern nur gemeinsam", klärt der Bahnsprecher auf. Eine Riesenerleichterung für die Pendler wäre es, so Weber, wenn sie mit einer Ausnahmegenehmigung den Bahnübergang Mainklein-Ost überqueren dürften. Das würde ihnen nicht nur Zeit ersparen, ihren Geldbeutel und ihr Nervenkostüm schonen, sondern auch die Umwelt weniger belasten.
Eine solche Ausnahmeregelung gibt es nicht. Aus gutem Grund, wie Pressesprecher Helmut Kurz vom Landratsamt Lichtenfels erläutert. Eine Verkehrsregelung speziell für Berufspendler sei rechtlich nicht möglich, da keine entsprechenden Verkehrszeichen existierten. "Zudem muss gewährleistet sein, dass es nicht zu gefährlichen Verkehrssituationen durch Rückstauungen auf die B 289 kommt", betont er. Solche hatte es zu Beginn der Bauarbeiten Anfang Mai am Bahnübergang Mainklein-Ost gegeben, als nur das Abbiegen von der B 289 in Richtung Bahnübergang verkehrsrechtlich verboten war. Viele Autofahrer missachteten jedoch das Abbiegeverbot. Der Landkreis musste ihn daraufhin komplett sperren. Nur Linienverkehr, Rettungsfahrzeuge und Anlieger, insbesondere Landwirte, wurden als Ausnahmen zugelassen. Die Blaulichtorganisationen müssen keine Umwege fahren, um zum Ort des Geschehens zu gelangen.
"Wir müssen die Hilfsfrist von zehn Minuten einhalten", sagt Kreisbrandinspektor Thilo Kraus aus Altenkunstadt. Bei einem Radladerbrand am 12. Mai zwischen Theisau und Mainklein habe dies hervorragend geklappt. Das Personal an den Bahnübergängen in Mainklein und Theisau habe diesen Bereich geöffnet und die Feuerwehr passieren lassen.
Die Autofahrer müssen sich nach Auskunft des Bahnsprechers noch für längere Zeit auf lange Umwege einstellen. "Nach derzeitigem Stand werden die Bahnübergänge Mitte Oktober wieder für den Straßenverkehr zur Verfügung stehen. Was für ein Ende nahm die eingangs erwähnte Irrfahrt für den Autofahrer aus Mittelfranken? "Ein gutes. Mit dem Handy lotste ich ihn über Witzmannsberg nach Maineck", erzählt Czepera.
Des einen Freud, des anderen Leid: Während Berufspendler aus Maineck und Mainklein, die über Witzmannsberg nach Kulmbach fahren, sich über ein paar Minuten mehr Morgenschlaf freuen, ärgern sich die Anwohner des öffentlich gewidmeten Feld- und Waldweges über die Schäden an der kleinen Schotterstraße, für deren Unterhalt sie zuständig sind.
Ärger macht sich Luft
"Die Allgemeinheit fährt die Straße zusammen und wir dürfen blechen", schimpft Marco Biedermann. Bis Mitte Oktober müssen er und die beiden anderen Anlieger mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen rechnen. Seit Sperrung der Bahnübergänge in Mainklein habe, so Biedermann, der Verkehr um ein Vielfaches zugenommen und die Schotterstraße in Mitleidenschaft gezogen, die nun Löcher aufweise.
Bis zu 50 Fahrzeuge
Nach Aussage Biedermanns hätten früher vier bis fünf Autos am Tag die schmale Straße passiert, jetzt seien es bis zu 50 Fahrzeuge. Der Vorsitzende der Jagdgenossenschaft Rothwind würde sich freuen, wenn die Gemeinde die Kosten für die neuen Steine übernehmen würde.
Bürgermeister Robert Bosch habe dies bei einem Ortstermin abgelehnt, bedauert der Witzmannsberger. "Die Steine sind ihm anscheinend zu teuer."
Aufstellung erbeten
Darauf angesprochen erklärt der Bürgermeister: "Mit Herrn Biedermann habe ich nach eigener Wahrnehmung einvernehmlich vereinbart, dass er der Gemeinde auflistet, bei welchen Wegen er sich eine Unterstützung durch die Gemeinde erhofft." Rund um Witzmannsberg gebe es nämlich mehrere Feld- und Waldwege, erläutert der Bürgermeister. Sobald die Aufstellung vorliege, werde man die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse prüfen, verspricht der Bürgermeister. Erst danach könne man gegebenenfalls eine gemeindliche Unterstützung leisten.
Warum müssen die Anlieger überhaupt für den Unterhalt eines öffentlich gewidmeten Weges aufkommen? Bosch verweist auf Artikel 54 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes.
So steht's geschrieben
Darin steht, dass die Träger der Straßenbaulast für nicht ausgebaute öffentliche Feld- und Waldwege diejenigen sind, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden. "Wegen des Gemeingebrauchs unterstützt der Markt Mainleus bei Unterhaltsmaßnahmen trotzdem die Gemeinschaft der Flächeneigentümer durch Kooperationen", stellt der Bürgermeister klar.
Vielleicht ist der Regen schuld
Ist es wirklich der gestiegene Verkehr, der zu den Schäden an der Straße geführt hat? Bosch hat da so seine Zweifel. Die nicht ausgebauten Wege rund um Witzmannsberg würden vor allem durch Niederschläge in Mitleidenschaft gezogen, meint er. "Sie spülen bei fehlender Entwässerungseinrichtung die Straßen aus", untermauert er seine Meinung.