Druckartikel: Michelau: Anwohner sieht Feuerwalze auf sein Haus zurollen - "Flammen wurden immer größer"

Michelau: Anwohner sieht Feuerwalze auf sein Haus zurollen - "Flammen wurden immer größer"


Autor: Isabel Schaffner

Lettenreuth, Freitag, 14. Juli 2023

Es ist der Tag nach dem großen Flächenbrand im Landkreis Lichtenfels, der in den Worten der Feuerwehr Michelau "eine sich anbahnende Katastrophe" auslöste. Ein Anwohner erinnert sich an dramatische Szenen.
Starker Wind trieb die Flammen hinunter zu Sandro Ritzels Grundstück in Lettenreuth.


  • Feuerwalze bedrohte Lettenreuth in Michelau - "fünf Meter pro Sekunde"
  • Anwohner fürchtet um sein Haus - "wir haben nichts mehr gesehen"
  • Landratsamt rief erstmals Katastrophenfall aus: sechs Menschen evakuiert
  • Feuerwehren kontrollieren auch am Tag darauf die Felder

Der Schreck sitzt Sandro Ritzel am Tag nach dem bedrohlichen Flächenbrand vom Donnerstag (13. Juli 2023) bei Lettenreuth in der Gemeinde Michelau noch immer in den Knochen. Sein Haus steht am Ortsrand, wie er inFranken.de erklärt. Von dort aus sah er die Hunderte Meter breite Feuerwand heranrollen. Wegen der akuten Gefährdung von Wohnhäusern und Waldgebiet rief das Landratsamt Lichtenfels erstmals den Katastrophenfall aus, so der Pressesprecher des Landratsamts Andreas Grosch gegenüber der Redaktion. "In dieser Dimension hatten wir das noch nicht", sagt er im Gespräch. 

Anwohner von Lettenreuth erlebt Unberechenbarkeit des Feuers - "begann, aus dem Nichts zu brennen"

Wie Ritzel beobachtet habe, habe die Feuerwehr zunächst einen Brandabschnitt etwa 400 Meter entfernt von seinem Haus löschen können, doch damit sei die Situation nicht im Griff gewesen. "Plötzlich begann weiter oben, wo keine Feuerwehr mehr war, der Acker aus dem Nichts, zu brennen." Der Pressesprecher des Landratsamts erklärt den Grund: "Der Wind war das Problem. Der Funkenflug reichte teils 300 Meter weit." Vor allem die noch nicht abgeernteten Felder seien anfällig. "Die Dynamik und Ausbreitungsgeschwindigkeit des Feuers überraschte viele, in dem, was man bisher so kannte", fügt die Feuerwehr Michelau in einem Nachbericht hinzu.

Luftbildaufnahmen zeigen eindrucksvoll eine schwarze Fläche mitten auf einem Getreidefeld, das eigentlich durch eine Straße und Begrünung von den übrigen betroffenen Feldern getrennt ist. Es grenzt direkt an Wohnhäuser. Ritzel führt fort: "Wir hatten wirklich Angst, weil wir nur 100 Meter entfernt waren und keine Feuerwehr war zur Stelle. Die Flammen wurden immer größer und der Wind zog zu uns runter." Geradezu heldenhaft hätten sich dann die Landwirte gezeigt. Teils seien sie mit ihren Grubbern durch die Flammen gefahren, um den Brand aufzuhalten, "bis die Feuerwehr oben war. Es war sehr, sehr krass."

Auch Ritzel habe am eigenen Leib die Wucht des Feuers gespürt. "Wir haben eigentlich nichts mehr gesehen. Es war alles dunkel. Meine Kinder waren total fertig und hatten richtig Angst. Jetzt riecht im Haus noch alles nach Feuer." Er habe es erst 2019 bauen lassen und bewohne es mit seiner Partnerin, die aus Lettenreuth stamme und den beiden Kindern (10 und 11). Dementsprechend stark sei die Bindung zu Haus und Ort.  Eine Evakuierung sei ihnen letztlich erspart geblieben. Sechs Menschen mussten ihre Häuser vorsorglich in Begleitung der Polizei verlassen. "Sie hatten Angst um ihr Hab und Gut und folgten der Sicherheitsmaßnahme", sagt Landratsamtssprecher Andreas Grosch.

Landwirte lagern Güllefässer für Ernstfall - und sind fester Teil der Brandbekämpfung

22 Hektar Land seien dem Brand schließlich zum Opfer gefallen, bilanziert das Landratsamt. Auch Ritzel verpachte betroffene Flächen, die jetzt "nicht mehr so gesund" seien. Die Feuerwehr Michelau schreibt: "Durch einen massiven Kräfteeinsatz aus der ganzen Region konnte eine sich anbahnende Katastrophe verhindert werden. Das Übergreifen auf die Orte Lettenreuth und Schwürbitz sowie den angrenzenden Wald konnte erfolgreich verhindert werden." Noch bis um 3 Uhr nachts hätten drei Feuerwehren eine Brandwache eingerichtet und kleine übrige Bereiche kontrolliert und gelöscht, informiert Grosch.

Auch während des Telefonats mit inFranken.de am Freitagnachmittag (14. Juli 2023) könne Ritzel Feuerwehrleute auf den Feldern beobachten. Die Einbindung von Landwirten in die Brandbekämpfung sei im Landkreis Lichtenfels bereits eine jahrelange Routine: "Wir führen eine Liste mit Landwirten, die Güllefässer für den Ernstfall lagern." Die Integrierte Leitstelle alarmiere sie genauso wie die Feuerwehren. "In ein Güllefass passen teils 1000 Liter Wasser. Ohne diese Wassermassen hätten wir das Feuer nicht bekämpfen können", stellt Grosch klar.

Feldbrände im Landkreis Lichtenfels ereigneten sich momentan teils täglich. So habe es Fälle von Samstag (8. Juli 2023) bis Dienstag (11. Juli 2023) gegeben. Am Dreiländereck Oberfranken, Oberpfalz und Tschechische Republik gerieten am Montag (10. Juli 2023) zudem rund 5000 Quadratmeter Wald in Brand. Weitere Nachrichten aus Lichtenfels findest du auf unserer Übersichtsseite.