Landwirte aus ganz Oberfranken trugen plakativ und lautstark ihre Forderungen bei der Umweltministerkonferenz vor. BBV-Präsident Hermann Greif überreichte eine Petition mit den genauen Anliegen.
Mit kernigen Sprüchen auf Transparenten und markigen Worten machten gestern in Kloster Banz Bauern aus Oberfranken ihrem Ärger über die Gängelung der Landwirtschaft durch die Politik Luft.
Am Rande der Umweltministerkonferenz vom 20. bis 22. Mai in Banz übergab der Präsident des oberfränkischen Bauernverbandes, Hermann Greif, der bayerischen Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf, eine Petition mit den Anliegen der Landwirte.
Der Ärger unter den Bauern ist groß. "Wir sind nicht mehr Herr über unsere Arbeit. Die Bevormundung durch Berlin und Brüssel ist so groß, dass wir nicht mehr frei entscheiden können, was wir tun", brachte Greif seinen Unmut auf den Punkt. Das bekräftigten die BBV-Kreisobmänner Michael Bienlein und Gerhard Ehrlich aus dem Landkreis Coburg.
Die Kreisbäuerinnen Marion Warmuth, Lichtenfels und Heidi Bauersachs, Coburg baten die Ministerin um Unterstützung "sozusagen von Frau zu Frau".
Zwangloses Plaudereien So richtig ministrabel ist Ulrike Scharf noch nicht - allerdings auf durchaus angenehme Weise. Sie stieg schon knapp zehn Minuten früher als angekündigt aus der weißen Limousine mit Erdinger Kennzeichen und plauderte zwanglos mit den Spitzen des oberfränkischen Bauernverbandes. Entscheidend für die Lebensqualität in unseren sehr schönen Landkreisen sei nicht nur die florierende Wirtschaft, sagte sie. "Maßgeblich für ein hohes Niveau an Lebensqualität ist auch der Schutz der Lebensgrundlagen. Ökonomie und Ökologie gehören untrennbar zusammen", erläuterte die 47-Jährige eines ihrer Lieblingsthemen.
Mit Sachkenntnis beantwortete sie Fragen der Landwirte, was angesichts ihren kurzen Amtszeit und ihrer Tätigkeit als Reiseunternehmerin erstaunte.
Die Petition des Bayerischen Bauernverbandes richtet sich an die Umweltminister von Bund und Länder und hat Kooperation, Eigenverantwortung und Eigentum zum Inhalt.
Zur Sicherung der Betriebe müssten Leistbarkeit und Umsetzbarkeit für die bayerischen Strukturen mehr beachtet werden. Zukunftsperspektiven schaffe man nur, wenn Flexibilität für eine nachhaltige Entwicklung zugelassen werde. Dem Berufsstand sei es ein Anliegen, dass Infrastrukturmaßnahmen flächenschonend geplant werden.
Kritisch äußert sich der Bauernverband zur namentlichen Offenlegung der EU-Agrarzahlungen. Dies Thema beunruhigt die Bauernfamilien sehr, da bei den letzten Veröffentlichungen immer wieder Verunglimpfungen und Diffamierungen erfolgt seien.
Der Entwurf der Düngeverordnung müsse bei den Beratungen zur Novelle der Düngeordnung korrigiert werden. Sie müsse für die bayerischen Bauern praxistauglich und leistbar sein.
Sachgerecht und praxisorientiert Mitarbeitende Familienangehörige seien von den Auszeichnungspflichten hinsichtlich der Mindestlohn-Dokumentationspflicht zu befreien. Bei der Tierhaltung wünschen sich die Bauern eine sachgerechte und praxisorientierte Fortentwicklung. Sorge bereite ihnen die Vorgehensweise bei der Tierwohlaktion des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Sie hätten große Bedenken zu den geplanten Prüfverfahren für Stallungen und wollten nicht, dass Stallbauten unnötig verteuert werden. Die Regelung für Erbschaftsteuer bei Hofübergaben müssten beibehalten werden.
Eine Korrektur der unsinnigen und kontraproduktiven Regelungen bei Ackerfutternutzungen sowie Brachen und Zwischenfrüchten als ökologische Vorrangflächen sei erforderlich. Vereinfachungen und Entbürokratisierung müsse das Ziel europäischer Landwirtschaftspolitik sein. Zum Beispiel sollte den Direktzahlungen das Zahlungsanspruch-System abgeschafft werden.
"Schützen durch Nützen" Die zweite Säule der EU-Agrarpolitik solle effizient ausgestellt, die Herkunftsbezeichnung kritisch überprüft werden. Die Rücknahme der EU-Öko-Verordnung sei geboten. Beim Wald sei der Grundsatz "Schützen durch Nützen" sicherzustellen. Angesichts der bestehenden nationalen Regelungen brauche es keine EU-Bodenrichtlinie. Pflanzenschutzmittel sollten zonal zugelassen werden.
Die nach wie vor massiven Probleme mit dem Schwarzwild müssten nun von der Staatsregierung gelöst werden. Bei der Agrarforschung brauche es einen gelebten Verbund von Hochschulen, Universitäten und landwirtschaftlichen Forschungsanstalten. Bei der nachhaltigen Energiewende fordert der Berufsstand eine Umsetzung vor allem über dezentrale Lösungen. Landwirtschaftliche Nutzflächen seien bei Planungen viel umfassender zu schonen.
Es bleibt einfach festzustellen: Die industrialisierte Landwirtschaft ist der Hauptauslöser eines landesweiten Artensterbens. Wer ist für das Verschwinden von Wachtel, Rebhuhn, Neuntöter und Kiebitz verantwortlich, um nur ein paar Beispiele zu nennen? Es ist die Intensivlandwirtschaft und die sie unterstützende Politik, natürlich auch das Verbraucherverhalten.
Was auf den Ackerflächen durch "Schützen durch Nützen" erreicht wird, können wir überall sehen: Verödung der Landschaft durch Eintönigkeit aus Mais und Raps, Massentierhaltung für die Jagd (Anbieten optimaler Futterquellen für Reh und Wildschwein), gleichzeitig großflächiger Bodenabtrag durch mehr als halbjähriges Offenlegen der Bodenkrume, weiterhin Belastung der Fließgewässer mit weitgehender Beseitigung der Fisch-Artenvielfalt, schließlich Gefährdung unseres Trinkwassers durch Pestizide und Nitrate. So schaut das vielbeschworene nachhaltige Wirtschaften aus: nach uns die Sintflut!
Wie das "Schützen durch Nützen" in Bayern praktiziert wird, konnte man jüngst erleben, als es der CSU-gesteuerte Landtag ablehnte, entlang von Gewässern Schutzstreifen einzurichten - die Landwirte würden das ja mit einer Selbstverpflichtung viel besser erledigen als durch gesetzliche Auflagen. Die Realität spricht leider eine andere Sprache.
Wieso sollte es nicht bekannt werden, dass EU-Fördergelder fließen? Im Sinne einer echten "bäuerlichen Landwirtschaft", nicht der mittlerweile auch in Bayern, selbst in Oberfranken praktizierten Landwirtschaftsindustrie wäre es gut vertretbar, wenn die Zahlungen doppelt so hoch ausfielen und in gleicher Weise bei den Landschafts-, Boden-, Luft- und Wasservernichtern reduziert würden.