Barrierefreie Bahn: Nicht in Ebensfeld und Bad Staffelstein

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Bald wird es am Ebensfelder Bahnhof für Menschen die auf Rollatoren oder Rollstühle angewiesen sind noch schwerer auf die Gleise zu kommen. Foto: Thomas Heuchling
Bald wird es am Ebensfelder Bahnhof für Menschen die auf Rollatoren oder Rollstühle angewiesen sind noch schwerer auf die Gleise zu kommen.  Foto: Thomas Heuchling

Der Bahnhof in Ebensfeld wird während des ICE-Trassenbaus umgebaut, ohne eine barrierefreie Umsetzung. Zu teuer und zu wenig Fahrgäste, argumentiert die Bahn. In Bad Staffelstein ist die Situation ähnlich. Jetzt soll sich die bayerische Behindertenbeauftragte dem Thema annehmen.

Die bayerische Barrierefreiheit endet in Ebensfeld am Bahnsteig. Für 2023 hatte sie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in seiner Regierungserklärung im November angekündigt. Doch am Bahnhof der Marktgemeinde ist es für Menschen mit Rollator oder Rollstuhl jetzt schon schwierig, auf die Bahnsteige zu kommen. In absehbarer Zukunft könnten Treppen am neuen Mittelbahnsteig für manche Menschen sogar Endstation bedeuten.

Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt ein Bahnsprecher die Ausgangssituation: Der Bahnhof Ebensfeld werde im Zuge der ICE-Ausbaustrecke Nürnberg - Erfurt umgebaut. Vor dem Umbau seien beide Außenbahnsteige stufenfrei erreichbar. Jedoch sei durch die Bahnsteighöhe beim Einstieg in den Zug eine Stufe zu überwinden. Diese bürokratisch-nüchterne Sichtweise kann Hauke Petersen (CSU), Zweiter Bürgermeister von Ebensfeld, nicht teilen. Er bezeichnet die aktuelle Lage als schwierig.
Die bestehende Unterführung könne von Rollstuhlfahrern nur mit einer kräftigen Begleitung genutzt werden.

Aber wie sieht die Situation nach dem Umbau aus? Dann werde es in Ebensfeld neben dem Außenbahnsteig an Gleis 1 einen Mittelbahnsteig geben, erreichbar über eine Personenunterführung, erklärt der Bahnsprecher und fügt an: "Der Außenbahnsteig an Gleis 1 ist auch weiterhin stufenfrei erreichbar." Zudem sollen beide Bahnsteige eine auf Regionalzüge angepasste Einstiegshöhe erhalten.

Das Hauptproblem liegt somit beim neuen Mittelbahnsteig. Dieser werde, laut Bahnsprecher, nur über Stufen durch die Personenunterführung zu erreichen sein. "Eine Anbindung des Mittelbahnsteigs mit einem Aufzug oder einer Rampe scheitert an der fehlenden Finanzierung." Auf rund 500 000 bis 600 000 Euro würden sich die Kosten für den barrierefreien Umbau des Bahnhofs belaufen, sagt Hauke Petersen und ergänzt: "Das können wir uns nicht leisten."

700 Fahrgäste zu wenig

Rund 300 Leute würden den Ebensfelder Bahnhof täglich nutzen. 700 zu wenig für die Barrierefreiheit. Denn die Bahn hat strenge Vorgaben, weiß auch die Bayerische Behindertenbeauftragte Irmgard Badura. "Die Situation vor Ort kenne ich noch nicht, aber die Grundproblematik ist mir bekannt", sagt Badura. Ausschlaggebend sei die Zahl der Menschen, die einen Bahnhof täglich nutzen.

Der Bund, welcher der Bahn die Gelder für den barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen zur Verfügung stelle, habe festgelegt, dass vorerst nur Bahnhöfe mit mehr als 1000 Ein- und Aussteigern gefördert werden. Diese Zahl werde von Ebensfeld nicht erreicht, erklärt der Bahnsprecher.

Diese Vorgabe ist auch Badura bekannt: "Die Zahl stelle ich in Frage." Die Situation in Bayern sei exemplarisch für die ganze Bundesrepublik. Irmgard Badura kommt am heutigen Freitag nach Ebensfeld und will sich die Situation vor Ort anschauen. Eingeladen wurde sie von der Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner (CDU/CSU).
Sie will dem Problem der Barrierefreiheit an den Bahnhöfen in ihrem Wahlkreis einen neuen Impuls geben. "Wir wollen gucken, wie sich das Thema politisch umsetzen lässt", sagt Zeulner und fügt an: Es sei schwierig, viel sei verhandlungssache und noch ergebnisoffen. Durch den Besuch der Behindertenbeauftragten erhoffe sie sich mehr Öffentlichkeit und eine zeitnahere Lösung.

Auch dem Bad Staffelsteiner Bahnhof stattet Badura einen Besuch ab. Dort ist die Situation eine andere (unterer Artikel), aber das Ergebnis ist das gleiche: mangelnde Barrierefreiheit am Bahnhof.
Die Behindertenbeauftragte will mit ihrem Besuch die Problematik stärker in die Öffentlichkeit holen. "Ich kann nur an die Bahn appellieren, in Arbeitsgruppen debattieren und Vorschläge machen", sagt Badura. Sie erinnert auch an die Aussage von Ministerpräsident Horst Seehofer, Bayern bis 2023 barrierefrei zu machen.

Petersen hofft auf Einsicht

Ebensfelds Zweiter Bürgermeister Petersen hat die Äußerungen Seehofers, dass Bayern bis 2023 barrierefrei werden soll, auch noch im Kopf. "Jetzt baut die Bahn für viel Geld etwas neu und vernachlässigt die Barrierefreiheit. Das, was die Bahn macht, ist nicht kundenfreundlich und nicht zukunftsorientiert", sagt Petersen.

In Ebensfeld habe man auch das Rathaus barrierefrei gemacht, so etwas sollte bei Um- oder Neubauten doch selbstverständlich sein. "Das muss die Bahn begreifen", sagt Petersen. Der Besuch der Behindertenbeauftragten mit Emmi Zeulner ist für Hauke Petersen auch mit Erwartungen verbunden: "Ich hoffe, dass das Thema nochmal aufgerollt wird und bei der Bahn vielleicht ein Umdenken stattfindet."

Zeulner: "Bayerischer Weg"

Als alternative Finanzierungsmöglichkeit für Fälle wie in Ebensfeld und Bad Staffelstein will Emmi Zeulner auf das Programm der Staatsregierung, "Bayern 2023 barrierefrei", setzen. Über den bayerischen Weg könne man eher etwas für Oberfranken erreichen, sagt Zeulner.

Diese Möglichkeit scheint gar nicht so abwegig. "Um den barrierefreien Ausbau der bayerischen Bahnhöfe zu beschleunigen, stellt der Freistaat Bayern zusätzlich zu den Bundesmitteln Fördergelder zur Verfügung", so der Bahnsprecher. Es wird sich zeigen, ob der heutige Besuch der Behindertenbeauftragten Badura den bayerischen Weg beschleunigt.


Barrierefreiheit 2: Bad Staffelstein  


An Gleis 2 ist in der Kurstadt Endstation


Besucher der Kurstadt haben, wenn sie mit dem Zug an- oder abreisen wollen, bisweilen ein Problem. "Gleis 2 ist nicht barrierefrei", sagt Bürgermeister Jürgen Kohmann (CSU). Daraus ergibt sich ein eklatanter Nachteil am Bahnhof der Kurstadt: "Alle Bürger und Gäste, die mit der Bahn auf dem Gleis 2 ankommen und auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind, können dieses Gleis nicht verlassen oder von diesem abfahren", sagt der Bürgermeister und nennt Summen für die Barrierefreiheit: "Die Kosten liegen zwischen 750 000 und 1,1 Millionen Euro je nach Variante."

Die Ausgangssituation für einen barrierefreien Umbau ist eine andere als am Bahnhof in Ebensfeld (Oberer Artikel). Ein Sprecher der Bahn erklärt auf Nachfrage, die aktuelle Lage: Die Bahnhöfe Ebensfeld und Bad Staffelstein seien unabhängig voneinander zu betrachten. Beim Bahnhof Bad Staffelstein liegen keine aktuellen Umbaupläne vor. Das weiß auch Bürgermeister Kohmann: "Der ICE-Trassenbau betrifft den Bahnhof Bad Staffelstein nicht."

Theoretisch genug Fahrgäste

Dennoch stehen die Chancen für einen barrierefreien Umbau des Bahnhofs in der Kurstadt besser als in der Nachbargemeinde Ebensfeld - in der Theorie. Und die Frage ist wann. "Die Ein- und Aussteigerzahl ist größer als 1000, sodass prinzipiell eine Förderfähigkeit gegeben ist", erklärt der Bahnsprecher. Bürgermeister Kohmann rechne aufgrund der Prioritätenliste der Bahn nicht vor 2018 damit, einen barrierefreien Zugang zu Gleis 2 zu bekommen. Denn bei Gesprächen zwischen dem Freistaat Bayern und der DB Station und Service AG ging Bad Staffelstein leer aus.

Darin wurde Anfang vergangenen Jahres festgelegt, welche Bahnhöfe im Zeitraum 2013 bis 2018 barrierefrei ausgebaut werden. Bad Staffelstein sei dabei nicht berücksichtigt worden, weil die Zahlen der Reisenden geringer sei, als die anderer Stationen. Fränkische Bahnhöfe die berücksichtigt wurden, seien Coburg, Schweinfurt oder Schwabach, so der Bahnsprecher. Frühestens im nächsten Jahr würden für den Zeitraum von 2018 bis 2023 neue Bahnhöfe festgelegt. "Alle Bahnhöfe über 1000 Reisende pro Tag - und somit auch Bad Staffelstein - werden erneut geprüft", so der Bahnsprecher.