Bad Staffelsteinerin schreibt Buch über Viktor von Scheffel

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Natalie Gutgesell vor dem Museum in Bad Staffelstein. Eigentlich, so findet sie, habe Joseph Victor von Scheffel mehr Schalk im Nacken gehabt, als sein dort angebrachtes Bild vermuten lässt. Foto: Markus Häggberg
Natalie Gutgesell vor dem Museum in Bad Staffelstein. Eigentlich, so findet sie, habe Joseph Victor von Scheffel mehr Schalk im Nacken gehabt, als sein dort angebrachtes Bild vermuten lässt. Foto: Markus Häggberg

Natalie Gutgesell aus Bad Staffelstein hat sich intensiv mit dem Schöpfer des "Frankenliedes" beschäftigt und vielen wohl unbekannte Seiten an dem Dichter entdeckt, der auch Bildender Künstler war.

Am Freitag hielt Natalie Gutgesell einen Vortrag über Viktor von Scheffel (1826-1886) in Weismain. Mit dem kennt sich die Bad Staffelsteinerin gut aus. Sobald ihr Buch zu ihm erscheint, darf sie sich Dr. phil. nennen. Scheffel war Gegenstand ihrer Doktorarbeit. Aber der Scheffel, den Natalie Gutgesell nun kennt, er ist längst nicht deckungsgleich mit dem Bild des Scheffels, welches der Franke sich so gemacht hat.

Scheffel war Dichter, er war aber auch Zeichner. Und zwar gleichermaßen produktiv, wie Natalie Gutgesell findet. Aber der Mann hätte gerne an seinem Bild als geheimnisvoller Dichter gestrickt und verfügte testamentarisch, dass seine Zeichnungen, Manuskripte und alles andere verbrannt werden sollen. Sein Testamentsvollstrecker unterließ das. Gut für die Bad Staffelsteinerin, die sich drei Jahre Zeit nahm, um sich in die Welt des Joseph Victor von Scheffel einzufinden.
"Der Joseph wird immer unterschlagen", so Gutgesell, die festhält, dass sich Viktor eigentlich Victor schreibt. Und noch etwas möchte sie richtigstellen: Der Mann habe - entgegen bisheriger biographischer Literatur - nie seinen Sohn aus München vom Spielplatz weg entführt. Dafür aber habe er "sich selbst inszeniert."

Natalie Gutgesells Augen leuchten, wenn sie von dem Mann erzählt, den sie selbst auch erst seit drei Jahren genauer im Blick hat. Sogar in den USA sei er ein Begriff, so die studierte Kunst-, Theater- und Medienwissenschaftlerin. Sie weiß es, weil ihr Film "Wanderlust", der anlässlich des 125. Todesjahrs Scheffels entstand, in drei New Yorker Galerien gezeigt wurde. "Wanderlust" war eine Arbeit, für die sie damals schon recherchieren musste, was letztlich ausschlaggebend für ihr erwachendes Interesse war. "Ich las den Trompeter von Säckingen und war hin und weg", erinnert sie sich. Bald darauf bekam sie Lust, von Scheffel kennen zu lernen. Als sie sich ihm näherte, war sie verblüfft: 80 Skizzenbücher und über 400 Zeichnungen. Manche davon spürte sie in Privatbesitz auf, unter anderem in Wien. "Es sind sicher noch über 100 Zeichnungen vorhanden", glaubt die Doktorandin, die zu Recherchezwecken in Deutschland herumgereist ist, so an den Geburtsort Karlsruhe, zu dortigen Archiven, zu Museen nach München, Nürnberg, Dresden oder auf die Wartburg.

Ehrfurcht sei sie überkommen, als sie in einem Archiv ein Skizzenblatt von Scheffels ergriff. "Jetzt fasse ich ein Blatt an, welches auch er angefasst hat." Und mit Ehrfurcht erkannte sie auch das zeichnerische Schaffensausmaß des Badeners. Über 1000 Fotos habe sie in ihrem Wohnzimmer von seinem zeichnerischen Werk ausgebreitet, um Zusammenhänge zu erkennen. Was sie erkannte, war eine große Themenvielfalt eines ausgesprochen weit gebildeten Mannes. Von Siegfried von Xanten über den Hl. Wolfgang bis hin zu König Artus reichte ein gewaltiges "Personeninventar". Das Reisen und das Sortieren der Gedanken und Spuren von Scheffels war für die Bad Staffelsteinerin mehr als nur eine Pflichtaufgabe, denn wie sollte sie auch sonst vorgehen, wo sie sich doch auf keine Vorgängerliteratur stützen konnte? Ihre Doktorarbeit "Da hat Herr Scheffel etwas dazu gedichtet - Joseph Victor von Scheffel als Bildender Künstler" ist eine Pionierarbeit in Sachen Scheffel und Bildende Kunst.

In einer Biographie habe Gutgesell einmal von Zeichnungen gelesen. Aber wie es scheint, habe kein Biograph das zeichnerische Werk genügend gewürdigt. Nicht nur nicht in seiner Qualität, sondern allein schon nicht in seinem Umfang. "Seit seinem 6. Lebensjahr nahm Scheffel professionellen Zeichenunterricht, das ist nachgewiesen", stellt Natalie Gutgesell fest. Auch eine Freundschaft zu dem Maler Anselm Feuerbach ist belegt. Ja, sympathisch findet sie ihn. Sie nimmt ihn sogar vor einer Unart in Schutz, die ihn als saturierten Endfünfziger darstellt. Er sei viel humorvoller und ironischer gewesen, als man dem biedermeierhaften Bild von dem Mann mit dem Zwicker auf der Nase zutraut. "Ich hätte ihn gerne in natura getroffen", so die Bad Staffelsteinerin über den Schöpfer des "Frankenliedes".