Bad Staffelstein: Acht Tage, sechs Schüler, 60 Euro pro Person - Jugendliche arbeiten für ihren Unterhalt

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Damit die Schüler kostenlos auf dem Campingplatz schlafen dürfen, packen sie beim Renovieren des Spielplatzes mit an. Aliyah und Johanna streichen hier gerade das Spielgerät. Fotos: Sarah Stieranka
Damit die Schüler kostenlos auf dem Campingplatz schlafen dürfen, packen sie beim Renovieren des Spielplatzes mit an. Aliyah und Johanna streichen hier gerade das Spielgerät. Fotos: Sarah Stieranka
Die Schüler streichen das Spielgerät. Foto: Sarah Stieranka
Die Schüler streichen das Spielgerät. Foto: Sarah Stieranka
 
Auch das Unkraut wird gezupft. Foto: Sarah Stieranka
Auch das Unkraut wird gezupft. Foto: Sarah Stieranka
 

Am Würzburger Dag-Hammarskjöld-Gymnasium müssen Neunklässler acht Tage mit 60 Euro pro Person über 100 Kilometer weit reisen. Eine Gruppe entscheidet sich für Bad Staffelstein und arbeitet hier für ihren Unterhalt.

Sechs Schüler, acht Tage, 60 Euro pro Person - für Verpflegung und Übernachtung. Das geht nicht? Doch, das geht. Beim Schulprojekt des Würzburger Dag-Hammarskjöld-Gymnasiums ist genau das die Aufgabe. Die Voraussetzung: Die Schüler müssen sich mindestens 100 Kilometer von Würzburg entfernen. Für Paul, seine Mitschüler und eine Studentin, die sie als Aufsichtsperson begleitet, fällt die Wahl auf Bad Staffelstein.

"Ich war hier letztes Jahr im Urlaub und es hat mir sehr gefallen", erklärt Johanna, warum die Wahl auf den Kurort fällt, während andere Gruppen an den Bodensee oder nach Prag reisen. 190 Kilometer legen die Schüler mit dem Fahrrad zurück - etwa 50 Kilometer pro Tag. "Die ersten drei Nächte schlafen sie in Zelten am Straßenrand, in fremden Gärten, eine Frau lässt sie sogar bei sich im Keller auf Gästebetten schlafen. "Wir haben einfach die Leute gefragt, wo wir übernachten könnten. Die Frau, bei der wir im Garten geschlafen haben, hat uns sogar Frühstück gemacht", erinnert sich Anika.


Helfer sind schnell gefunden

Auch die Dusche dürfen die Jugendlichen bei der fremden Helferin nutzen. "Unser stellvertretender Schulleiter hat immer gesagt: Wenn man sich auf die Straße stellt und sagt man hat nichts, kommt immer jemand und hilft. Und das ist auch so", ergänzt Anika. Seit dem vierten Tag campieren die Jugendlichen nun auf dem Campingplatz beim Badesee in Bad Staffelstein. Da sie dort gratis übernachten dürfen, befreien sie den dort gelegenen Spielplatz von Unkraut und streichen das Spielgerät.

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Außerdem sammeln sie abends am See den Müll ein. Auch den Waldklettergarten dürfen die Schüler unentgeltlich nutzen. Im Restaurant erhalten sie dann noch ein Fischbrötchen pro Person und polieren zum Dank das Besteck im Restaurant, waschen die Tische ab und kehren.
Denn: Ziel des Projektes "Challenge" ist es nicht nur zu nehmen, sondern auch zu geben. Auch gute Taten müssen vollbracht werden - die Schüler entscheiden sich, im Staffelsteiner Kindergarten auszuhelfen.


Gruppe stärkt ihre Bindung

Die Reise schweißt die Jugendlichen zusammen. Doch es verläuft nicht alles friedlich. "Das gemeinsame Fahrradfahren hat am Anfang gar nicht funktioniert. Sie haben mit der Zeit gelernt, wie man sich als Gruppe organisiert", sagt Studentin Barbara, die die Jugendlichen auf ihrem Ausflug beaufsichtigt. Auch das gemeinsame Einkaufen und der Spüldienst enden manchmal im Zank.
Doch dadurch werden die Mädchen und Jungen auch aus ihrer Komfortzone gelockt. Obwohl sie nur eine halbe Stunde am Tag ihr Handy benutzen dürfen, lässige Sportkleidung tragen und sich acht Tage von Brot und Nudeln ernähren, sehen sich die Jugendlichen vor allem nach einem: ihrem Bett. "Ich freue mich, dass es nachts nicht mehr so kalt sein wird", fügt die 15-jährige Aliyah hinzu.


Vergleichbare Projekte gibt es an der Viktor-von-Scheffel-Schule in Bad Staffelstein nicht. "Ich könnte mir sowas schon vorstellen. Wir haben schon Fälle, wo Schüler unkontrolliert mit Smartphone oder PC im Internet unterwegs sind und dann Geldbeträge verlieren", ärgert sich Schulleiter Peter Gerhardt. Doch: Die Kapazität fehlt. "Es gibt in Realschulen seit zwei Jahren eine Verbraucherausbildung für Schüler. Das ist wie ein Unterrichtsfach, aber wir haben nicht die Stunden dafür."

An der Adam-Riese-Schule in Bad Staffelstein sei der Bedarf für ein solches Projekt nicht gegeben. "Unsere Schüler kennen sich aus, manche geben nur zu viel aus", erklärt der Konrektor Reinhold Zellmann. Im Fach Soziales werde Schülern bereits der Umgang mit Geld beigebracht. "Sie lernen, wie man einen Haushaltsplan aufstellt und wie sie mit Taschengeld umgehen müssen."

Von den verbliebenen 110 Euro, die die Schüler noch am vorletzten Tag übrig haben, gehen sie am letzten gemeinsamen zum Abendessen. Ihre Rückreise am Samstag treten sie dann mit einem Zug an. Im Gepäck: Zahlreiche Erinnerungen, die sie in einem Tagebuch notiert haben.

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