Aus den meterhohen Lautsprechern, so groß wie Doppelbetten, ertönten die Lieder, die von einer heilen Welt erzählen.
Zauberland heißt die neue Scheibe der "Amigos". Und wie im Zauberland fühlen sich auch Hunderte Fans in der Lichtenfelser Stadthalle, wo das Schlagerduo Bernd und Karl-Heinz Ulrich am Freitag auftrat.
"Wir werden leider alle Lieder in Deutsch singen", erklärte Bernd. "Richtig", ruft einer aus dem Saal. "Du bist mein Reim auf Schmerz" ging es im folgenden Song "Silbermond" weiter - hat das nicht 1985 schon Heinz Rudolf Kunze gesungen? Egal. Das Publikum schmilzt dahin angesichts der süffigen Reime, schwärmerischen Texte und sanften Rhythmen, die zum Schunkeln locken. LED-Wunderkerzen werden geschwenkt - die Welt ist in Ordnung.
Erinnerungen werden wach
Maria und Alfred Dörfler aus Lichtenfels waren begeistert. "Wir sind schon zum fünften Mal bei den Amigos", schwärmte sie. Er fand das Konzert einfach prima. Heinz Hofmann aus Burgkustadt erinnerte gern sich an die Auftritte in der Burgkunstadter Stadthalle. "Die beiden sind so natürlich und übertreiben nicht", stellte der Amigo-Freund fest. "Mit den deutschen Liedern bringen sie die Texte gut unter die Leute."
Ein 83-Jähriger schwärmt
Kurt Backer aus Altenkunstadt schwang oft mit seiner Marianne das Tanzbein bei den Kathreinsbällen in der Kordigasthalle. "Die ,Amigos‘ machten damals richtig gute Tanzmusik", lobte der 83-Jährige. Dann dröhnte der "Sommer 65" aus den meterhohen Lautsprechern, so groß wie Doppelbetten. Er stammt aus dem neuen Album "Zauberland", von dem die beiden viele Titel sangen. "Da war ja noch keiner von euch auf der Welt", scherzte Bernd, der Sänger, und erinnerte sich an seinen Bruder, den Besserwisser. Der schmunzelt nur und ließ unbeirrt die Saiten schwirren. Bernd plauderte weiter: "Immer wieder lesen wir in der Regenbogenpresse: ,Die Amigos hören auf‘. Die schreiben das - und wir wissen nichts davon", grinste er unter seiner Markenzeichen-Frisur und den weiß lackierten Schnabelschuhen an den Füßen. "Mal ehrlich - zum Aufhören sind wir doch zu alt?!", fragte er ins Publikum. "Im Herzen sind wir ..." "Immer noch jung" - vollendete der Saal im Chor und weiter ging's mit dem gleichnamigen Lied.
Den beiden reichte eine Videowand, um ihren schlicht formulierten Schlagzeilen-Schnulzen die visuelle Kraft zu verleihen, mit der man die geforderte Mindesthöhe an Veranstaltungsqualität überspringen konnte. Den Rest erledigten sie mit kumpelhaften Zwischentönen und gefühlvollen Umschreibungen, wobei das Thema wie Tod durchaus angemessen und sensibel in Wort und Ton verarbeitet wurden. Die Balance zwischen den Partykrachern "Du bist wie Feuer im Vulkan", "Das weiße Schiff" , "Du bist der helle Wahnsinn" und den romantischen Songs "Meine Liebe ist wie ein Teil von Dir" , "So jung darfst du nicht gehen", stimmte.
Wedeln, Tanzen oder Klatschen
Jede Aufforderung zum Wedeln, Tanzen oder Klatschen wurde prompt in die Tat umgesetzt. Wenn der Schlager die Currywurst der Popmusik ist, dann kann das richtig gut schmecken, wenn man bei der Zubereitung auf Qualität achtet. Da mussten sich die Amigos den Vorwurf gefallen lassen, dass viele ihrer Kompositionen industriell ausgestanzt und kalkuliert wirken. Doch das Basisrezept funktionierte bei ihren Fans recht gut und so gelang in der Lichtenfelser Stadthalle der Spagat zwischen Authentizität, Show und Alterungsprozess.
Es entstand eine Atmosphäre der Identifikation, der Anteilnahme, der Nähe und die Botschaft könnte lauten: "Wir sitzen doch alle in einem Boot". Oder, wie die "Amigos" es ausdrückten: "Liebe ist mehr als nur ein Spiel". Während ihre weiblichen Pendants Helene Fischer und Andrea Berg Glamour und einen Hauch von Hollywood ausstrahlen, wirkten die beiden Amigos auf der Bühne eher steif. Sie sehen nicht unbedingt aus wie Superstars. Aber für ihre Fans sind sie die Größten. Sie lieben ihre unauffällige Bodenständigkeit.