Zwischen gut und Börse

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Sie möchten am Krieg verdienen? Das geht, denn die Börse kennt kein "gut" und "böse".
Sie möchten am Krieg verdienen? Das geht, denn die Börse kennt kein "gut" und "böse".
Boris Roessler/dpa

Wer mag, darf an der Krise verdienen. Und sogar am Krieg - die Börse macht es möglich.

Seine Freunde kann man sich zwar aussuchen - aber nicht immer Gewähr dafür übernehmen, wie sie ticken. Bei Menschen mit Uni-Abschlüssen in Wirtschaftswissenschaft muss man damit rechnen, dass sie sich überproportional oft mit Geld beschäftigen und stets "Tipps" im Köcher haben. So machte mir ein Ex-Schulkollege nun ein (un)moralisches Angebot: Ich solle mich nicht grämen angesichts von Ukraine-Krise, steigenden Preisen und der Angst um den Notgroschen. Ich fasse die Konversation kurz zusammen: Ich solle Kriegsgewinnler werden! Damit wäre ich in guter Gesellschaft.

Darf ich das? Angesichts von Tod und Elend verdienen? Ich sehe das zu eng, sagte besagter Bekannter und lud mich ein, Teil der Rüstungsindustrie zu werden. Er verwies mich auf den Aktienchart von Rheinmetall. Kaum hatte Kanzler Scholz das 100-Milliarden-Paket zur Aufrüstung der Bundeswehr verkündet, zog die Aktie des Düsseldorfer Unternehmens um schlanke 40 Prozent an. Wie es sich für diese Branche gehört, schossen die Zugewinne durch die Decke. Ein Börsenfeuerwerk, ebenso wie bei den Münchnern von Krauss-Maffai sowie Heckler & Koch, dem führenden Rohr-Kreierer der Republik.

Sie alle reiben sich die Hände, reden von Tausenden neuen Arbeitsplätzen. Geld stinkt angeblich nicht, oder? Der ehemalige Volkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, spricht von der unschlagbaren Rendite der "Sin Stocks", den Aktienwerten der Sünde, die eine solche wert seien im eigenen Depot. Normalsterbliche Arbeitnehmer fristen ihr Dasein oder stottern ihr Häuschen ab in der Gewissheit, dass jeden Tag im Schnitt 70 Personen in aller Welt mittelbar durch ihrer Hände Qualitätsarbeit sterben - ganz ohne Krieg. Die Statistik ist nicht erfunden, sondern vom Friedensforschungsinstitut Sipri.

Frieden schaffen ohne Waffen? Vielleicht funktioniert das genauso wenig wie Wohlstand schaffen ohne Waffen. Ich frage mich: Reicht dafür noch einfache Doppelmoral?