Der ehemalige Geschäftsführer eines Unternehmens im Landkreis Kulmbach muss sich wegen Insolvenzverschleppung verantworten.
Den Betrieb im Landkreis Kulmbach gibt es inzwischen nicht mehr. Was es aber noch gibt, sind offene Rechnungen. Und davon jede Menge: Wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs in 46 Fällen muss sich der ehemalige Geschäftsführer des Unternehmens vor dem Schöffengericht für Wirtschafts- und Steuerstrafsachen in Hof verantworten.
Gestern - am dritten Verhandlungstag - ging es hauptsächlich um Forderungen von Energielieferanten, um Strom- und Gasrechnungen. Deren Außenstände befinden sich im sechsstelligen Bereich (insgesamt hat das Unternehmen fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 1,6 Millionen Euro).
Wie die hohen Fehlbeträge der Energieversorger überhaupt auflaufen können, das versuchte vorsitzende Richterin Diana Fritzsche herauszufinden.
Enormer Preisdruck
Dazu waren als Zeugen auch der frühere Geschäftsführer sowie dessen Prokurist geladen. Der frühere Geschäftsführer arbeitete auch nach der Übernahme des Betriebs eng mit seinem Nachfolger zusammen. Er berichtete von einem enormen Preisdruck in der Branche, heute komme die Ware aus Singapur - zu einem Preis, der in Deutschland nicht einmal mehr die Lohnkosten decke, von den Energiekosten ganz zu schweigen. Letztere beliefen sich auf rund 60 000 Euro pro Woche und lagen damit sogar höher als die Ausgaben für das Personal, erklärte er.
Er erläuterte zudem, wie es zu den hohen Forderungen kommen konnte: So habe der Energielieferant Vorauszahlungen erhalten, insgesamt belief sich das Guthaben der Firma auf 500 000 Euro. Davon seien die Stromkosten komplett gezahlt worden, es sei sogar noch ein Restguthaben verblieben.
"Damit war das Thema Strom für mich erledigt", sagte er. Das war im März 2012.
Für das Gas habe es dann monatelang keine Rechnung gegeben. Erst im Juni sei wieder eine Forderung bei dem Betrieb eingegangen - über 700 000 Euro für die Monate Dezember 2011 bis Februar 2012. Die habe man aber trotz Restguthaben nicht auf einen Schlag zahlen können, sondern zunächst 100 000 Euro überwiesen. Zu mehr Zahlungen kam es nicht, weil der Betrieb in Insolvenz gegangen sei. Als Grund nannte er unter anderem einen Umsatzeinbruch ab März 2012 in allen Bereichen um 30 Prozent.
Dass der Energielieferant nicht einfach den Hahn zudrehte, mag wohl an Befürchtungen gelegen haben, schlechte Presse zu bekommen, weil auch Arbeitsplätze auf dem Spiel standen, vermutete anschließend der ehemalige Prokurist.
Auch ein Anbieterwechsel habe letztendlich das Unvermeidliche - die Insolvenz - nicht aufhalten können: "Die Preise waren knapp kalkuliert, die Auslastung wurde weniger. Das Kostengefüge hat schließlich nicht mehr zum Output gepasst."
Das habe sich auch auf die Bezahlung von Rechnungen ausgewirkt: "Im Liquiditätsplan standen die Leute, die nur eine Rechnung gestellt und dann nichts weiter unternommen haben, ganz unten." Bei vielen anderen Fragen der Richterin blieb der Mann vage ("Ich war psychisch sehr belastet und habe wohl viel verdrängt").
Software-Umstellung schuld
Warum der Energielieferant mit der Gas-Rechnung so lange gewartet hatte, konnte ein früherer Mitarbeiter aufklären: wegen der unternehmensinternen Einführung einer neuen Software.
Die Verhandlung wird am 10. März fortgesetzt.