Was zählt: Öko oder regional

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Weizen als hochwertiges Lebensmittel bauen Landwirte aus der Region Kulmbach an. Foto: Adriane Lochner
Weizen als hochwertiges Lebensmittel bauen Landwirte aus der Region Kulmbach an. Foto: Adriane Lochner
Hans Hermann Reinhardt liefert seit mehr als 20 Jahren Qualitätsweizen an die Partheimühle. Foto: Adriane Lochner
Hans Hermann Reinhardt liefert seit mehr als 20 Jahren Qualitätsweizen an die Partheimühle. Foto: Adriane Lochner
 
Zufrieden mit der Dinkelernte sind die Brüder Michael und Christoph Jurkat mit Lilly. Foto: Adriane Lochner
Zufrieden mit der Dinkelernte  sind die Brüder Michael und Christoph Jurkat mit  Lilly. Foto: Adriane Lochner
 
Dirk Partheimüller betreibt in der 18. Generation die Mühle in Stadtsteinach. Foto: Adriane Lochner
Dirk Partheimüller betreibt in der 18. Generation die Mühle in Stadtsteinach. Foto: Adriane Lochner
 
Das Weizenmehl aus der Partheimühle ist ein Regionalprodukt. Foto: Adriane Lochner
Das Weizenmehl aus der Partheimühle ist ein Regionalprodukt. Foto: Adriane Lochner
 
Dinkel ist ein mit dem Weizen verwandtes Gereide, das im Anbau genügsamer ist. Foto: Adriane Lochner
Dinkel ist ein mit dem Weizen verwandtes Gereide, das im Anbau genügsamer ist. Foto: Adriane Lochner
 

Kulmbacher Landwirte bauen Weizen in Lebensmittelqualität an und bringen ihn auf kurzen Wegen nach Stadtsteinach. Im ökologischen Anbau lässt sich Backweizen dagegen nur schwer produzieren.

Wenn Mühlenbetreiber Dirk Partheimüller (53) von einer "Fallzahl" spricht, hat das mit Corona nichts zu tun. Er meint eine Eigenschaft von Mehl, die man misst, indem man einen geeichten Stab durch ein kochendes Mehl-Wasser-Gemisch fallenlässt. Die Zeit, die der Stab dafür braucht, ist die Fallzahl.

Sie gibt an, wie aktiv die stärkeabbauenden Enzyme in den Weizenkörnern sind. "Bei Weizen muss die Fallzahl um die 250 Sekunden liegen. Ist sie zu niedrig oder zu hoch wird es schwierig für den Bäcker, den Teig zu verarbeiten", erklärt der Müller, der in der 18. Generation die Partheimühle in Stadtsteinach betreibt. Das Getreide, das er für die Bäckereien in der Region mahlt, stammt hauptsächlich von Landwirten aus der Umgebung.

Bevor das Korn seine Reise durch die Mahlanlagen im mehrstöckigen Mühlenturm antritt, überprüft Partheimüller die Qualität. Dazu muss jeder Landwirt eine Probe abgeben. "Die Feuchtigkeit bei Backweizen darf nicht über 14,5 Prozent liegen, der Proteingehalt muss mindestens 13 Prozent betragen", erklärt er. Erreicht der Weizen diese Grenzwerte nicht, kommt er als Brauweizen oder Viehfutter auf den Markt.

Empfindliche Feldfrucht

Landwirt Hans Hermann Reinhardt (54) aus Wickenreuth beliefert seit mehr als 20 Jahren die Partheimühle mit Weizen in Lebensmittelqualität. "Da stimmt einfach das Vertrauensverhältnis", erklärt Reinhardt. In Abstimmung mit dem Müller baut er besonders hochwertige Sorten an, sogenannte Eliteweizen. "Hier geht es nicht um hohe Erträge, sondern um hohe Qualität", erklärt er.

Die Ernte sei trotz des nassen Wetters zufriedenstellend ausgefallen. Der Anbau von Weizen ist keine leichte Aufgabe. Das seit vielen Jahrhunderten vom Menschen gezüchtete Getreide ist sehr pflegeintensiv.

Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Bekämpfung von Ungräsern und -kräutern sowie Krankheiten. "Jeder dieser Stressfaktoren kann dazu führen, dass der Weizen es nicht schafft, Körner in der gewünschten Qualität zu bilden", erklärt der Landwirt. "Pflanzenschutzmittel wurden erfunden, damit keiner mehr hungern muss", sagt der Landwirt. Er fügt hinzu: "Meiner Meinung nach ist die regionale Erzeugung von Lebensmitteln wichtiger als der Bioanbau."

Im ökologischen Landbau ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verboten. Somit können Biolandwirte kaum Einfluss nehmen auf die Entwicklung des Korns. "Die Qualität des Weizens ist abhängig von der Sorte und der optimalen Nährstoffversorgung im Laufe der Vegetation", erklärt Markus Heckmann vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bamberg. Ihm zufolge kommen die Nährstoffe im Ökolandbau aus der Nachlieferung durch die Vorfrucht - wenn der Bauer also in den Vorjahren Erbsen oder Kleegras angebaut hat - oder aus organischer Düngung mit Gülle beziehungsweise Mist. Hier sind die Nährstoffe nicht so schnell für die Pflanze verfügbar als im Fall des Mineraldüngers.

"Inwieweit der Weizen die Nährstoffe im Boden aufnehmen kann, kommt stark auf die Bodengüte und das Klima am Standort an", so Heckmann. Ideal seien warme Temperaturen und regelmäßiger Niederschlag. Der Biolandbau sei daher mehr von den äußeren Faktoren abhängig als die konventionelle Landwirtschaft. "Wenn der Handel und der Verbraucher bereit sind, den regional erzeugten Bio-Weizen entsprechend zu bezahlen, wird es auch mehr Landwirte geben, die sich der Herausforderung des Öko-Backweizenanbaus stellen."

Gut Oberlangenroth bei Neuenmarkt ist seit 1991 ein Biobetrieb. Die Brüder Michael (31) und Christoph (33) Jurkat können auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz im Öko-Landbau zurückgreifen. Sie haben bereits vieles ausprobiert, in den Jahren 2016 bis 2018 auch den Ökoanbau von Backweizen. "Weizen ist eine sehr anspruchsvolle Frucht. Die Chance, dass die Pflanze Krankheiten bekommt oder die Kornqualität nicht stimmt, ist höher als bei vielen anderen Getreidearten", erklärt Christoph Jurkat. Für die Brüder war die Lösung des Problems einfach. Anstelle von Weizen bauten sie kurzerhand Dinkel an. Das Getreide ist nahe mit dem Weizen verwandt, aber ursprünglicher und damit robuster.

Außer dem Striegeln im Frühjahr hatten die Biolandwirte damit keine Arbeit bis zum Dreschen im Juli. Auch sie sind mit der diesjährigen Ernte und dem Erlös zufrieden. Allerdings liefern sie ihren Dinkel in das etwa anderthalb Stunden entfernte Bad Steben. "Bei der regionalen Vermarktung von Biogetreide gibt es hier in der Region noch Luft nach oben", sagt der Biolandwirt.

Bio oder konventionell?

Die Europäische Kommission hat als Ziel gesetzt, bis 2030 ein Viertel der EU-Fläche ökologisch zu bewirtschaften. Die Umstellung auf Bio ist oft nicht so einfach, wie Verbraucher es sich wünschen. Neue Methoden bergen neue Herausforderungen. Diese unterscheiden sich je nach Landwirtschaftszweig und sind Gegenstand dieser Serie.