"Gute Gründe": Warum Landwirte wie Alexander Eber Pflanzenschutzmittel einsetzen
Jeden Tag fährt er auf seine Felder, mäht Gras, sät, erntet - und spritzt. Alexander Eber ist konventioneller Bauer, betreibt im Biegersgut einen Milchviehhof mit 140 Tieren. Das Futter für sie baut er auf 95 Hektar zu 98 Prozent selber an. Doch damit auf dem Acker genug wächst, muss er chemisch nachhelfen. "Wir Bauern verwenden Pflanzenschutzmittel, um die Erträge zu sichern und gesunde Nahrungsmittel zu erzeugen. Was wenige wissen: Eines der gefährlichsten Gifte in der Natur sind die Mykotoxine von Pilzen: Auch solchen Pilzgiften können wir mit Pflanzenschutz entgegenwirken."
Hohe Hürden vor der Freigabe
Alle eingesetzten Mittel werden vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) begutachtet, sagt Eber. Das BfR erarbeitet auf der Grundlage international anerkannter Kriterien Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen der Lebensmittelsicherheit und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Da gebe es hohe Hürden in Bezug auf Umweltverträglichkeit oder auch möglicher Gesundheitsgefährdungen. "Stellt sich nach der Zulassung heraus, dass dennoch eine Gefährdung vorliegt und das Mittel letztlich vom Markt genommen wird, setzten wir Landwirte in Deutschland dieses Mittel ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr ein."
Was die Petition angeht, so hat der 42-Jährige kein Problem damit, seine Arbeit zu erklären. Es handle sich nicht um Geheimwissen. "Wenn ein Nachbar wissen möchte, was auf dem Feldstück gespritzt wird, kann er gerne auf mich zugehen: Da erfährt er dann nicht nur den Namen des Pflanzenschutzmittels, mit dem ein Laie an sich eh wenig anfangen kann, sondern auch den Grund der Behandlung, den Wirkmechanismus und einiges mehr. Es wäre ein normales Gespräch ohne ideologische Vorbedenken."
Aber genau da hakt es für den Kulmbacher: Warum müssten wieder die Landwirte Aufzeichnungen vorzeigen - Wirtschaftsunternehmen wie die Bahn, aber auch Privatleute oder Kommunen nicht, obwohl sie ebenfalls solche Mittel einsetzen? "Da wird wieder die Landwirtschaft an den Pranger gestellt. Was ist mit den Chemikalien, die von der Industrie in die Umwelt gelangen: Haben wir dann da auch das Recht, alles darüber zu erfahren? Was ist mit den Lebensmitteln, die aus dem Ausland zu uns kommen und mit Wirkstoffen produziert wurden, die bei uns schon lange verboten sind?" Fragen über Fragen.
Warum zweifeln an der Kompetenz?
Alexander Eber wundert sich, "dass bei uns Landwirten, obwohl wir eine hervorragende Ausbildung genossen haben und der überwiegende Teil von uns Bauern Landwirtschaftsmeister, Techniker, Agrarbetriebswirte oder sogar Agraringenieure sind, die Fachlichkeit immer wieder infrage gestellt wird." Seine Zunft müsse bereits jetzt die Pflanzenschutzbehandlung genau dokumentieren, das sei im Pflanzenmittelschutzgesetz festgelegt. Notiert werden müssten: die behandelte Frucht, Flurstück, Name des Mittels und der Grund der Maßnahme.
Ein Beispiel: die Bekämpfung des sogenannten Ähren-Fusariums im Weizen. "Das ist eine Pilzerkrankung, die bei Nichtbehandlung auf dem Korn verbleibt und dadurch in die Nahrungsmittelkette gelangen kann. Es handelt sich um ein potenzielles Gift für den Verbraucher, der ein Produkt aus solchem Weizen isst."
Landwirte eigneten sich solche Kenntnisse nicht einmal so eben an und hätten sie dann lebenslang. "Ich nehme alle drei Jahre an einer Pflanzenbauschulung teil, um mich auf den neuesten Stand zu bringen." Insofern dreht Alexander Eber im Namen seiner Kolleginnen und Kollegen den Spieß um. "Ich kann auch eine Forderung aufstellen: Falls solche Auskünfte über den Einsatz von Pflanzenschutz von der Allgemeinheit gewünscht sind, dann bitteschön als gültige Voraussetzung für alle Landwirte in Europa und nicht nur bei uns in Deutschland. Wir wollen nichts weiter als Chancengleichheit und stellen uns nicht gegen Aufklärung."
Er sei immer noch gerne Landwirt, bekundet der 42-Jährige. Aber bisweilen habe der Spaß ein Loch. " Wir drohen zerrieben zu werden zwischen Preisdruck, Verfügbarkeit von Produktionsmitteln und sinkender Beihilfen. Dazu die ständig neuen Forderungen und Anforderungen, aber auch die Unterstellungen, die fachlich nicht zu begründen sind: Das alles zerrt am Nervenkostüm und ist mit einer der Gründe, dass mittlerweile die Hälfte aller Landwirte ernsthaft mit dem Gedanken spielt, das Betätigungsfeld komplett zu wechseln."jn