Die Flammen des Gedenkens loderten am Volkstrauertrag vor dem Mahnmal in der Pestalozzistraße für die Opfer der beiden Weltkriege. Alles schien so wie immer. Doch schon der Blick auf den Button mit der Losung der französischen Revolution ("liberté, egalité, fraternité - zu Deutsch Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit"), die sich Stadtrat Wolfram Brehm angeheftet hatte, offenbarte, dass der Gedenktag in diesem Jahr ganz im Zeichen der Terroranschläge von Paris stand.
"Wir müssen weiterhin der Menschen gedenken, die im Krieg ihr Leben viel zu früh verloren haben. Wir trauern heute aber auch um die Terroropfer in Paris. Wir denken an ihre Familien und Freunde. Wir schließen Sie in unser Gebet mit ein", sagte der Kulmbacher Oberbürgermeister Henry Schramm vor rund 100 Zuhörern.
Am späten Vormittag waren Frauen und Männer zum Mahnmal gezogen, wo Vertreter des VdK, des ATS Kulmbach, der Marine-Kameradschaft, der Reservisten- und Soldatenkameradschaft Kulmbach-Plassenburg, der Stadt Kulmbach und der RAV Absolvia Kulmbach Kränze niederlegten. Landrat Klaus Peter Söllner und Oberbürgermeister Henry Schramm verneigten sich vor dem Denkmal.
Auch Landtagsabgeordnete Inge Aures und weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens waren zu der Gedenkveranstaltung gekommen.
Nach zwei grausamen Weltkriegen hat die Menschheit genug von kriegerischen Auseinandersetzungen, möchte man meinen. Genau an diesem Punkt setzte auch Schramm an, der den Zuhörern eine ganze Liste "quälender, unbequemer Fragen", wie er es nannte, stellte: "Warum ist die Welt nach dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht friedlicher geworden? Was sagen wir unseren Kindern, wenn sie fragen, warum Menschen in Kriegen sterben müssen? Was muss in ihnen vorgehen, wenn sie täglich in den Fernsehnachrichten sehen, wie Bomben auf Städte abgeworfen werden, wie verzweifelte Menschen vor den Trümmern ihrer Häuser sitzen, aber auch wie fanatisierte Kinder und Jugendliche zum Umgang mit Waffen angeleitet werden? Liegt der Krieg unausrottbar in der Natur des Menschen?"
Mit einem Blick zurück in
die jüngere Geschichte beantwortete er letztere Frage mit einem klaren "Nein!". Mit Worten und nicht mit Gewalt hätten die Menschen die Berliner Mauer eingerissen, so der Redner. "Sie ebneten den Weg für ein neues, vereintes Europa." Auch die damaligen Staatenlenker, allen voran der russische Präsident Michael Gorbatschow und sein amerikanischer Kollege George H. W. Bush Senior, hätten erkannt, dass man die Hoffnung von Millionen Menschen auf Frieden und Freiheit nicht mit militärischen Mitteln zerschlagen dürfe. Ganz in diesem Sinne schloss Schramm seine Rede mit einem Gedanken des Physikers Albert Einstein: "Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern, aber das Denken der Zukunft muss Kriege unmöglich machen!"
Der Gesangverein Höferänger unter der Leitung von Gerhard Eggloff sang für Frieden und zur Ehre der gefallenen Soldaten. Das Blechbläserensemble der Stadtkapelle Kulmbach, dirigiert von Heinz Geiger, intonierte im Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege, die Soldatenweise "Ich hatt'einen Kameraden". Zum Abschluss stimmten alle in die Nationalhymne ein.