Drei  Jurymitglieder  erinnern sich an den Realisierungswettbewerb 2010, als die Weichen für die gigantische Talbrücke über die Schorgast gestellt wurden.
                           
          
           
   
           Fast auf den Tag genau vor  zehn  Jahren, am 11. November 2010,  fand   an der Regierung von Oberfranken der Realisierungswettbewerb zur Untersteinacher Talbrücke über die Schorgast und  zur  Galerie über die Gleisanlagen  statt. Dem Preisgericht gehörten damals  unter anderem  Landrat Klaus Peter Söllner (FW) und die frühere Abteilungsdirektorin bei der Regierung, Marion Resch-Heckel,  zugleich 1. Vizepräsidentin der Bayerischen Architektenkammer,  an.   Das Gremium hatte die  extrem diffizile Aufgabe, sich für das richtige Bauwerk zu entscheiden. 
Am Ende  fiel die  einmütige  Wahl auf  den Entwurf  der Büros  Dr. Schäpertöns Consult aus  München und  Schneider & Partner aus  Kronach sowie der Architekten Schultz-Brauns und Reinhart aus München -  und das, obwohl einige Vertreter des Ministeriums skeptisch waren, was die Kosten anbelangte. 
Futuristisch anmutendes  Gebilde
Die BR traf sich  wenige Tage vor der Freigabe der Untersteinacher Ortsumgehung mit den  beiden  Jurymitgliedern   unter dem riesigen Bauwerk, um zurückzublicken.  "Ohne diesen Wettbewerb gäbe es diese Brücke nicht. Sie ist ein herausragendes architektonisches Meisterwerk", betonte   Klaus Peter Söllner, der fast täglich auf dem Weg von Stadtsteinach ins  Landratsamt  an dem  futuristisch anmutenden  Gebilde vorbeifährt.
 "Marion Resch-Heckel hatte mich bereits am 4. Februar 2009 angerufen und  sich für diesen Realisierungswettbewerb stark gemacht. Wenn ich heute  hier vorbeifahre, habe ich zwei Gedanken. Einmal, dass die Brücke schön ist, und zum Zweiten,  dass das Staatliche Bauamt,  das  ja dauernd in Verteidigungskämpfen steckt, eine grandiose organisatorische Leistung erbracht hat."  Dass dieses komplizierte und komplexe Bauwerk  sogar  noch vor der Zeit fertig werde,  sei für ihn  eine Glanzleistung, so der Landrat. Vor allem  Projektleiter Fritz Baumgärtel müsse er großen Respekt zollen. 
  Beim  Realisierungswettbewerb  sei die  heutige Brücke mit den sechs  Pylonen  mit Abstand  die  ästhetischste,  ja schon fast futuristischste gewesen,   sagte  Söllner.   An eine  Besonderheit  in  der Sitzung des Preisgerichts  erinnerte er sich auch noch. 
Nicht auf den Preis geschaut
"Es gab natürlich Brücken, die zwei oder drei Millionen Euro billiger waren. Als der Vertreter der Obersten Baubehörde zu verstehen gab, dass wir auch auf den Preis schauen müssten, stellte ich fest, dass kein Mensch nach den Kosten fragen würde, wenn das Projekt im Großraum  umgesetzt werden müsste."
 2015  sei  dann das Plazet  gekommen, "dass die Brücke so gebaut werden kann".   Söllner  und  Marion Resch-Heckel waren  sich  mit Blick auf den riesigen Einschnitt in die Landschaft und den Flächenverbrauch einig, dass mit der Talbrücke eine optische Marke gesetzt  werden müsste. 
Novum in Oberfranken
"Erstmals wurde in Oberfranken ein solcher Wettbewerb für eine Brücke im Zuge einer Bundesstraße ausgelobt -  und zwar für Ingenieure in Zusammenarbeit mit Architekten. Ausschlaggebend hierfür war die reizvolle Landschaft des Schorgasttals, in das die Brücke in einen verträglichen Dialog treten sollte", so Resch-Heckel.  Ihre  Devise  sei gewesen:  "Wenn schon eine solche Brücke unvermeidlich ist, dann soll sie wenigstens schön werden, kein gewöhnliches Ingenieurbauwerk."
 Es  sei ein Glücksfall gewesen, dass alle Beteiligten an einem Strang zogen: "Ministerien in Bund und Land, der Landrat, der Bürgermeister. Als damalige Leiterin der Bauabteilung war ich sehr beeindruckt, wie die Akteure meiner Abteilung am Staatlichen Bauamt  an der Regierung  von Oberfranken diesen Weg mit ihrer Expertise unterstützten." 
Während die  Planfeststellung erstaunlich reibungslos und ohne Klagen verlaufen sei, habe die Finanzierung das Projekt immer wieder ins Wanken gebracht, so Resch-Heckel.  Sie habe  nicht selten den Eindruck gewonnen, dass manche Akteure meinten, in der Provinz genüge doch ein einfacher, billiger  Plattenbau.  "Zum Glück gab es stets Verbündete, die den Wert dieser Planung und  die gestalterische Kraft des Entwurfs erkannt und geholfen haben, alle Hürden zu überwinden." 
Zuletzt  sei  der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) die Mittelfreigabe gelungen, "was ohne die ausdauernde Unterstützung des Landrats  Söllner und die stete fachliche Unterstützung der Bauverwaltung nicht möglich gewesen wäre".
Neues Wahrzeichen
Alle hätten an das Projekt geglaubt und dafür gekämpft. Und nun stehe sie da: ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst. "Spektakulär und elegant schwingt sich die Brücke über das Tal - das neue Wahrzeichen von Untersteinach und ein weiteres Aushängeschild im Landkreis Kulmbach." 
Mehr als zufrieden ist heute auch Altbürgermeister Heinz Burges (SPD), wenn er auf die Untersteinacher Brücke blickt: "Ich muss heute sagen, dass sich unsere   Bemühungen letztendlich doch gelohnt haben. "
"Sie passt einfach gut in die Landschaft"
Am  Realisierungswettbewerb   an der Regierung von Oberfranken habe er mit den Gemeinderäten Hans-Peter Röhrlein und Alfred Vießmann  teilgenommen. "Uns wurde eine Auswahl von fünf Brücken vorgestellt, die auch von den Kosten sehr unterschiedlich waren. Das ging von  zwölf  bis annähernd 20 Millionen Euro. Wir haben damals gesagt, wenn wir schon gehört werden, dann suchen wir uns die schönste Brücke aus und das war die Pylonen-Brücke, die jetzt in wenigen Wochen für den Verkehr frei gegeben wird. Sie passt einfach gut in die Landschaft hinein." 
Und Heinz Burges erinnert sich auch noch einen Ausspruch von Baudirektor Kurt Schnabel vom Staatlichen Bauamt, als dieser in einem lockeren Gespräch nach der Entscheidung feststellte: "Die Brücke, die bekommt ihr nie!"  Er habe  als Bürgermeister  dagegengehalten: "Warten wir es mal ab, vielleicht schaffen wir es doch!"
     
Abgesang auf eine landschaftliche Naturschönheit im Schorgasttal!
All dies auf Kosten von über 3000 gefällten Bäumen und entwurzelten Sträuchern, vertriebenen und verschütteten wiesen-brütenden Vögeln, Amphibien sowie vielen anderen Kleinst-Lebewesen, Blumen und Kräutern: In einer vormaligen Idylle der Ruhe und Naherholung für Spaziergänger, Radfahrer und Wanderer, über die der Presse-Artikel kein einziges bedauerndes und mit-fühlendes Wort verliert: ein vormals hochwertiges Fauna-Flora-Habitat Schutz-Gebiet.
Während Honoratioren, Obrigkeiten und Beifallklatscher über die neue Untersteinacher Ortsumfahrung jubeln und triumphieren, sind viele Menschen – einheimische und etliche aus dem näheren und weiteren Umkreis, vor allem auch junge Leute – erschrocken und entsetzt über die Zerstörung der Natur: An deren Stelle macht sich nun ein breites Band aus Asphalt und Beton in der Landschaft breit. Diese Menschen sind auch enttäuscht über die Gigantomanie, den Riesenwuchs dieser Straße und ihrer Talbrücke, wie sie es sich vorher nicht vorstellen konnten und wollten.
Im Jahr 2019 betrug der tägliche Flächenverbrauch in Bayern 10,8 Hektar:
Eine Oberflächen-Versiegelung von mehr als 15 Fußballplätzen pro Tag!
Der Gesang der Wiesenbrüter verstummt; Kiebitz, Uferschnepfe und Großer Brachvogel wollen ihre Nester nämlich in feuchten Wiesen anlegen – doch davon gibt es immer weniger - sie drohen zu verschwinden: Denn das Hauptproblem ist der Verlust ihres Lebensraums.
Es gibt auch immer weniger bunte Blüten: Das sind schlimme Folgen auch für die Insektenvielfalt, die immer weiter schrumpft.
Vögel, Amphibien wie Eidechsen und Blindschleichen, Insekten und Schmetterlinge: Sie alle werden auf grausamste Weise ihrer Lebensbedingungen beraubt.
„Nicht auf den Preis geschaut … dass kein Mensch nach den Kosten fragen würde,“ lesen wir noch im obigen Artikel:
Bürger, macht Eure Geldbeutel auf!
78,6 Mio. € kostet die Untersteinacher Ortsumfahrung aktuell [Juli 2020].
Was in der ganzen Brückenlobhudelei untergeht ist die Tatsache, dass bei aller Geldausgeberei im Bereich der Bahnquerung gespart wurde. Sollte es je zu einer Elektrifizierung der Bahnstrecke kommen, hat man mit der Brücke einen Zwangspunkt geschaffen, der enorme Mehrkosten verursacht.