Eine 19-Jährige soll ihr Neugeborenes getötet und den Leichnam dann in einen Müllsack gesteckt haben. Eine Nachbarin machte in Heinersreuth den schrecklichen Fund.
Es scheint gestern Mittag fast so, als wäre nichts geschehen in der kleinen Wohnstraße in Heinersreuth bei Bayreuth, in der umgeben von Reihen- und Einfamilienhäusern ein großes Mehrfamilienhaus steht. Der Hausmeister mäht den Rasen, im Hof stehen Anwohner und unterhalten sich. Wenn da vor dem Unterstand, in dem sich die Müllcontainer befinden, nicht Kerzen, Blumen und Plüschtiere abgelegt wären, die ein Hinweis darauf sind, dass etwas Unfassbares geschehen ist.
Kommissar Zufall
Das Unfassbare hat am Montagmittag eine Mitbewohnerin nur durch Zufall aufgedeckt. Die Frau hat einen grauen Müllsack geöffnet, der ihr verdächtig vorgekommen war. So machte sie den schrecklichen Fund. In dem Behältnis befand sich der Leichnam eines Neugeborenen.
Ein Großaufgebot der Polizei rückte an. Spezialisten der Kriminalpolizei nahmen die Spurensicherung vor, die Staatsanwaltschaft ordnete zur Klärung der genauen Todesursache eine rechtsmedizinischen Untersuchung an, um die Fragen zu klären, die alle bewegt haben. War der Säugling bereits tot, als sein Leichnam in den Müllsack gesteckt wurde? War es ein Totgeburt oder wurde das Neugeborene sogar getötet?
Die Frau war offenbar nur zu Besuch
Als dringend Tatverdächtige galt schon wenige Stunden nach dem Fund des Baby-Leichnams eine 19-Jährige. Die Frau, die aus Raum Bamberg kommt, soll einen Freund in Heinersreuth besucht und am Wochenende in dessen Appartement das Kind zur Welt gebracht haben.
Kind kam lebend zur Welt
Gestern Nachmittag klärten Polizei und Staatsanwaltschaft über die genauen Hintergründe auf. Aufgrund der umfangreichen Ermittlungen sowie des vorläufigen Ergebnisses der rechtsmedizinischen Untersuchung besteht demnach der Verdacht eines Tötungsdelikts. Die Ermittler gehen nach derzeitigem Stand davon aus, dass die Mutter das Kind lebend zur Welt gebracht hat, so Pressesprecherin Franziska Schramm vom Polizeipräsidium Oberfranken und Sandra Staade von der Staatsanwaltschaft. Beide betonen, dass das abschließende Ergebnis der Untersuchung noch aussteht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde die junge Frau am Dienstagnachmittag dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der wegen des dringenden Tatverdachts des Totschlags Untersuchungshaftbefehl erließ. Inzwischen befindet sich die 19-Jährige in einer Justizvollzugsanstalt.
"Das ist unbegreiflich"
Ein solch grausames Tötungsdelikt in ihrer Gemeinde? Die Heinersreuther sind schockiert von dem, was sich in ihrer Nachbarschaft ereignet hat. "Das ist unbegreiflich", sagte gestern eine Anwohnerin, die nicht versteht, wie eine Mutter zu so einer Tag fähig sein kann.
"Geschockt und traurig" zeigt sich auch die Heinersreuther Bürgermeisterin Simone Kirschner, die sich fragt: "Wie kann eine junge Frau so verzweifelt sein, dass sie für sich offenbar keine andere Lösung gesehen hat?" Das 42 Appartements große Haus, in dem sich die Tat ereignet hat, bezeichnet Kirschner als "anonymste Wohnanlage" ihrer Heimatgemeinde. An den wilden Spekulationen über die Hintergründe wollte sie sich nicht beteiligen. Noch bevor das Tötungsdelikt im Raum stand, erklärte sie: "Man kann da nicht leichtfertig ein Urteil abgeben. Keiner kennt die genauen Hintergründe."
Großer Presseansturm
Sichtlich geschockt, aber auch gereizt waren gestern die Bewohner des großen Wohnblocks, die nach dem Fund des toten Säuglings einen wahren Presseansturm erlebt haben. "Die sollen endlich abhauen", sagte eine junge Frau zu einem Mann, als ein Fernsehteam den Fundort des Leichnams filmen wollte. Die beiden knieten da vor den Kerzen, Blumen und Plüschtieren nieder, die ein Zeichen für das Unfassbare sind, das sich direkt vor ihrer Haustür abgespielt hat.