Staatsanwaltschaften ist in vergangenen Jahren eher der Vorwurf gemacht worden, dass sie zu leichtfertig und zu vorschnell die Öffentlichkeit informiert haben, vielleicht in einem Stadium, in dem man nicht weiß, ob überhaupt ein Verfahren eröffnet wird. Daher kann ich mir vorstellen, dass eine Staatsanwaltschaft zurückhaltend ist - das ist nachvollziehbar und legitim. Unabhängig davon sollten sich Staatsanwaltschaften bemühen, Spekulationen entgegenwirken. Die könnten auch aufkommen, wenn eine Staatsanwaltschaft zu lange schweigt.
Was könnte aus juristischer Sicht bei den Ermittlungen herauskommen?
Wenn es so sein sollte, dass aus sachwidrigen Motiven heraus Grundstücke zu billig verkauft wurden und der Stadt ein Schaden entstanden ist, könnte Untreue vorliegen. Das ist auch möglich, wenn ich das Geld, das ich bekommen könnte, nicht erziele. Bei einem Aufsichtsratsmitglied oder Vorsitzenden ist das freilich nicht so klar wie bei einem operativ handelnden Organ Ein Aufsichtsrat hat eher eine Überwachungspflicht. Im Übrigen kann Untreue auch ohne eigene Bereicherungsabsicht begangen werden.
Welches Strafmaß könnte drohen?
Der Strafrahmen reicht von einer Geldstrafe bis hin zu fünf Jahren Freiheitsstrafe - in schwereren Fällen, wenn es um einen Schaden von mehr als 50.000 Euro geht, liegt er zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft - dann ist auch eine nicht bewährungsfähige Strafe möglich. Im beschriebenen Fall läge der Schaden in der Differenz zum Verkehrswert.
Gibt es vergleichbare Fälle - und was ist dabei herausgekommen?
Es gibt immer wieder Untreuevorwürfe gegen Bürgermeister, und manchmal kommt es auch zu Verurteilungen. Diese Fälle sind dann aber meist anders gelagert, und es geht um die Zweckentfremdung von Haushaltsmitteln. Hier geht es schlicht um die Frage, ob ein Grundstück von einer Gesellschaft zu billig verkauft worden ist oder ob dieses Geschäft im konkreten Fall wirtschaftlich für die Gesellschaft noch irgendwie sinnvoll war. Als Vergleichsmaßstab könnte man sich Folgendes überlegen: Wenn es keine städtische Gesellschaft, sondern eine rein private GmbH wäre, die Flächen an einen Aufsichtsrat verkauft - würde man dann auch meinen, dass das Unrecht ist?
Gibt es Vorwürfe, denen die Staatsanwaltschaft nicht nachgehen muss?
Alles, was strafrechtlich relevant ist, muss angeschaut werden - allerdings nichts, was nur eine moralische Empörung beinhaltet. Es gilt das sogenannte Legalitätsprinzip, das heißt die Staatsanwaltschaft muss ermitteln und gegebenenfalls auch anklagen, wenn etwas herauskommt. Denkbar wäre allerdings auch die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage nach Paragraf 153a Strafgesetzbuch. Hier wird versucht, ein langwieriges Verfahren abzukürzen. Positiv auch für den Beschuldigten, der dann nicht vorbestraft ist. Gerade in Untreue-Fällen wird das gerne gemacht. Man muss bei der Untreue auch eine vorsätzliche Schädigung nachweisen. Wenn die Organe der Gesellschaft sich intensiv mit dem Vorgang befasst haben, kann es daran fehlen, denn sie haben da einen gewissen Entscheidungsspielraum. Und wie sie wirklich ihr Ermessen ausgeübt haben, ist in einem Prozess letztlich nur schwer nachprüfbar.
Wo zieht man die Linie zwischen legal und legitim?
Man kann und muss auch als Politiker nicht zölibatär leben. Nur weil ich OB bin, kann es nicht sein, dass ich kein Grundstück erwerben darf. Natürlich gibt es immer wieder Fälle, in denen jemand unsensibel handelt. Aber der Untreue-Verdacht läuft oft Gefahr, dass bloße Moralverstöße kriminalisiert werden. Hier ist strafrechtliches Augenmaß gefragt. Trotzdem kann der politische Schaden groß sein. Aber noch einmal: Strafbarkeit ist etwas anderes als bloße Moralwidrigkeit - da muss man die Grenzen ganz genau ziehen.
Diese Antworten gibt es zu den weiteren Vorwürfen
Was ist dran an den anonymen Vorwürfen (die BR berichtete am Montag) gegen den Kulmbacher Oberbürgermeister? War dessen Amtsführung immer korrekt? Was lässt sich überprüfen? Was sagen beteiligte Organisationen oder Personen?
Ein anonymes Schreiben ging beim Landratsamt Kulmbach ein. Laut Pressestelle handelt es sich um "Stichpunkte zu verschiedenen Themen". Weiter teilt die Behörde mit: "Soweit diese Stichpunkte einen strafrechtlichen Bezug aufweisen, sind sie von der Staatsanwaltschaft zu würdigen. Soweit Teile dieser Stichpunkte rechtsaufsichtlich relevant sind, gehen wir diesen nach." Weitere Schreiben in diesem Zusammenhang seien beim Landratsamt nicht eingegangen. Insbesondere auch nicht die der Berichterstattung der Bayerischen Rundschau offenbar zugrundeliegenden Anzeigen.
"Bin erschüttert"
Kritisiert wird unter anderem, dass auch frühere Geschäftsführer der Städtebau GmbH an dubiosen Geschäften beteiligt gewesen seien. Josef Kestel weist jegliche Anschuldigungen zurück: "Ich war 40 Jahre in leitender Position als Bauingenieur tätig, zunächst bei der Bundesbahn und dann 24 Jahre für die Stadt Kulmbach, davon über 16 Jahre - bis Februar 2013 - als alleiniger nebenamtlicher Geschäftsführer der Städtebau GmbH, und ich habe nie etwas mit einem Gericht zu tun gehabt." Er sei stolz auf seine Mitarbeiter und auf das, was man gemeinsam bei der Städtebau erreicht habe. Zu anderen Vorgängen könne er nichts sagen. Allgemein stellt er jedoch fest: "Ich bin erschüttert, was da jetzt losgetreten wurde."
Jobs bei der Stadt oder bei den Stadtwerken und andere Vergünstigungen soll es für Fußballer des ATS Kulmbach gegeben haben. Davon ist dem Fußballabteilungsleiter Christian Kolb ("Ich wurde erst vor eineinhalb Jahren gewählt") nichts bekannt. Er kümmere sich nur um die sportlichen Belange des Vereins. An "irgendwelchen Spekulationen" wolle er sich nicht beteiligen.
München antwortet nicht
Angeblich sollen Prüfberichte über die Dienstwagennutzung bei der Stadt Kulmbach vom Prüfer geändert worden sein. Hier habe man die guten Beziehungen zum Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband genutzt. Eine Nachfrage blieb bis gestern unbeantwortet. Die Organisation mit Sitz in München ist für die überörtliche Rechnungs- und Kassenprüfungen bei der Stadt Kulmbach zuständig.
Zum Immobiliengeschäft in der Jean-Paul-Straße 7 im Jahr 2013 sagte OB Schramm, dass er hier vom Notar beraten worden sei. Notar Markus Allstadt erklärte, dass er dazu keine Angaben machen dürfe. Durch die Bundesnotarordnung sei er gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Scheiße stinkt, und Politik ist ein Scheißjob, in jeder Position. Scheißegal ob groß ob klein,Politik ist immer rein. Schön wär's wenns so wäre!!!! Liebe Politiker aller Parteien, macht Euch mal Gedanken wer Euch wählt und warum? Sicher nicht dafür das Ihr( und andere Großkopferte) immer wohlhabender werdet. Denk mal dran das ihr ohne das arbeitende Volk keine Daseinsberechtigung hättet und Euren Lebensunterhalt mit handwerklicher Arbeit verdienen müsstet.
Auch wenn nur 10% der Behauptungen zutreffen, wäre es für H. Schramm an der Zeit, zurückzutreten. Moralisch ist sein Handeln nicht zu akzeptieren und auch in Zeiten von Donald Trump gibt es noch Grenzen. Und wenn ein aktiver Staatsanwalt ermittelt und Zeugen in der Stadtverwaltung befragen wird, werden Fakten bekannt werden, die nicht nur H. Schramm sondern die gesamte CSU-Spitze treffen. Lieber heute einen Schlussstrich gezogen und keinen OB Kandidaten als eine über Jahre hinweg andauerte Flut von neuen Vorwürfen. Jetzt kann man noch weitere Ermittlungen abfangen, in einigen Wochen ist dies nicht mehr möglich und die Lawine gewinnt weiter an Fahrt.
Über allem steht auch für den OB die eigene Gesundheit; der Parteisoldat H. Schramm hat viel geschaffen, nur der Preis für die Allgemeinheit war zu hoch. Und das sollte er jetzt erkennen.