Während die Sonntagsallianz verkaufsoffene Sonntage verhindern will, hoffen die Kulmbacher Geschäftsleute auch 2018 auf den zusätzlichen Umsatz.
Geht es nach der Stadt
Kulmbach und der Händlervereinigung "Unser Kulmbach", dann finden 2018 drei verkaufsoffene Sonntage statt: am 4. März anlässlich des Frühjahrsmarktes, am 23. September zum großen Innenstadt-Flohmarkt sowie am 28. Oktober zum Herbstmarkt. "Es sind umsatzstarke Tage, die wir Einzelhändler brauchen", sagt Alexandra Hofmann, die Vorsitzende von "Unser Kulmbach".
Rechtswidrig?
Der Stadtrat hat die verkaufsoffenen Sonntage in der vergangenen Woche genehmigt. Ob die Geschäfte an den drei Tagen aber auch tatsächlich öffnen dürfen? Nein, sagt Paul Lehmann von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der die von der Stadt erlassene Rechtsverordnung für rechtswidrig hält. Durchgeführt werden dürften verkaufsoffene Sonntage nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen wie Märkten, die an dem Tag für die Besucher dann aber auch im Vordergrund stehen müssten. Das alleinige Umsatzinteresse der Handelsbetriebe reiche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Genehmigung dieser Verkaufstage nicht aus, sagt Lehmann. Er ist davon überzeugt, dass es in Kulmbach vordergründig um das Zusatzgeschäft geht.
In Hof blieben Läden zu
In vielen Städten hat ver.di schon verhindert, dass Kunden an einem Sonntag auf Shoppingtour gehen konnten. In München etwa, aber auch in Hof, in der mehrere Möbelhäuser am 14. Januar nicht öffnen durften. Lehmann bezweifelt, dass im Kulmbacher Fall das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde geprüft hat, ob der Sonntagsschutz eingehalten wird. Dem werde er nachgehen, so der Gewerkschaftssekretär, nach dessen Worten Verdi auch erwägt, Klage zu erheben.
Händler fürchten Klage
Eine Klage, die die Händler fürchten. Wie ernst das Thema inzwischen genommen wird, hat sich 2017 gezeigt, als sich das Einkaufszentrum "Fritz" im Herbst nicht am verkaufsoffenen Sonntag beteiligt hatte. "Uns sind die Hände gebunden, weil es möglicherweise eine Klage von ver.di gegen die Öffnung gegeben hätte", sagte damals Center-Managerin Anja Curioso Naiaretti - im Wissen darum, dass die geöffneten Ladenräume nach einer Entscheidung der Leipziger Richter einen direkten räumlichen Bezug zu den im Mittelpunkt stehenden Märkten haben müssen. Ob diese räumliche Nähe in der Fritz-Hornschuch-Straße gegeben ist, wenn die Veranstaltung am Marktplatz stattfindet, darf angezweifelt werden.
Der Sonntagsallianz, die ver.di zusammen mit kirchlichen Organisationen bildet, kämpft für den arbeitsfreien Sonntag. Der "Rund-um-die-Uhr-Geschäftstätigkeit" wolle man Einhalt gebieten, sagt Paul Lehmann. Zumal der Handel ohnehin Rekordgewinne erziele. Auch in Kulmbach floriere das Geschäft. Das habe er in Gesprächen mit Händlern erfahren.
"Mit Kanonen auf Spatzen"
"Die Aussage, dass wir Einzelhändler satte Gewinne einfahren, geht völlig an der Realität vorbei", sagt Alexandra Hofmann. Kulmbach könne man mit größeren Städten nicht vergleichen. "Herr Lehmann schmeißt alles in einen Topf. Er soll sich mal in Kulmbach umsehen, wie viele Läden leer stehen. Für uns sind die verkaufsoffenen Sonntage eine wichtige Einnahmequelle", betont die Sprecherin von "Unser Kulmbach". Verdi schieße mit Kanonen auf Spatzen. "Wenn man es genau betrachtet, geht es um 15 Arbeitsstunden im Jahr. Da werden die Mitarbeiter nicht ausgebeutet."
Wie Alexandra Hofmann sieht auch der Chef des Tourismus- und Veranstaltungsbetriebes der Stadt (TuV), Helmut Völkl, die verkaufsoffenen Sonntage als eine Werbeveranstaltung für Kulmbach. "Sie sind ein wichtiger Imageträger", sagt Völkl, nach dessen Worten an den drei Tagen die jeweiligen Märkte im Vordergrund stehen.
Das sagt die Kirche
Ganz anderer Meinung sind Kirchenvertreter. Dekan Thomas Kretschmar ist verwundert, dass die Stadt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht befolge. "Das besagt eindeutig, dass die Ladenöffnung nur in unmittelbarer Nähe zur Veranstaltung stattfinden darf. Da darf kein Geschäft in der Ruckdeschel-Straße oder am Goldenen Feld aufgemacht werden." Die Stadt provoziere so eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Der Kirche gehe es um den Schutz der Beschäftigten. "Einen Tag in der Woche brauchen die für die Familie und für sich." Krankenschwestern, Ärzte, aber auch Busfahrer, die am Sonntag arbeiten, würden dafür sorgen, dass gesellschaftliche Grundfunktionen am Wochenende aufrechterhalten werden. "Am Sonntag einkaufen muss man aber nicht", stellt der Dekan fest. Das Interesse der Händler, ihren Umsatz zu steigern, sei legitim. "Es ist aber keine gesellschaftliche Aufgabe, sondern ein privatwirtschaftliches Interesse. Und das hat Nachrang."