"Smombies" gibt es auch in Kulmbach

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Gefährlich: Mit dem Blick auf das Smartphone sollte man die Fritz-Hornschuch-Straße auf dem Weg Richtung "Fritz"-Einkaufszentrum nicht überqueren. Foto: Archiv/Peter Müller
Gefährlich: Mit dem Blick auf das Smartphone sollte man die Fritz-Hornschuch-Straße auf dem Weg Richtung "Fritz"-Einkaufszentrum nicht überqueren. Foto: Archiv/Peter Müller
Rainer Doppel hat in Kulmbach "Smombies" gezählt. Foto: privat
Rainer Doppel hat in Kulmbach "Smombies" gezählt. Foto: privat
 

Die intensive Handynutzung lenkt viele Fußgänger von den Gefahren auf der Straße ab. Der ACE hat die Kreuzung Pestalozzistraße/Friedhofstraße beobachtet.

Von Lena Müller

Alkohol, Drogen und zu hohe Geschwindigkeit waren bisher die häufigsten Unfallgründe im Verkehr. Mittlerweile ist eine neue Gefahr hinzugekommen: Ablenkung durch Smartphone und Co. Handynutzer im Verkehr werden als "Smombies" bezeichnet - eine Wortschöpfung aus Smartphone und Zombie. Es sind Menschen, die ihre Augen gar nicht mehr vom Display lösen können. Nicht wenige "Smombies" gibt es auch in Kulmbach, wie eine Zählung des ACE (Auto-Club Europa) ergeben hat.


Aufrechter Gang?

Pro Jahr werden laut ACE in Deutschland rund 2,4 Millionen Verkehrsunfälle gezählt. Etwa 266 666 haben als Ursache: Nutzung des Smartphones. Während sich der Mensch im Laufe der Evolution den aufrechten Gang angewöhnt hat, scheinen die "Smombies" die Gegenrichtung einzuschlagen: Den Kopf nach unten gebeugt, schauen sie nur noch aufs Smartphone.

Um gefährliche Verkehrssituationen zu vermeiden, werden in immer mehr Städten Warnsignale am Boden installiert. Bodenbeschriftungen, Lichtleisten und Bodenampeln sollen helfen, dass "Smombies" auf Gefahren aufmerksam werden. Das Unternehmen O 2 hat einen Feldversuch in München gestartet. An risikoreichen Kreuzungen wurden "Watch Out Now"-Sender angebracht, die Warnsignale direkt an das Smartphone der Fußgänger schicken.


Doppel zählt in Kulmbach

Um auf die steigende Unfallrate durch Handynutzung aufmerksam zu machen, steht die 13. Aktion des ACE unter dem Thema: "Finger weg! Smartphone im Verkehr." Bundesweit wurde gezählt, wie viele "Smombies" unterwegs sind. Rainer Doppel, Mitglied im ACE-Kreisvorstand, zählte in Kulmbach. Dazu postierte er sich an der Kreuzung Pestalozzistraße/Friedhofstraße. Dort hatte er zwei Fußgängerüberwege im Blick: einmal mit Ampel, einmal ohne.

Doppels Fazit: "Jugendliche sehen erwartungsgemäß mehr auf ihr Handy, aber auch bei Erwachsenen ist die Zahl extrem hoch." Mit Blick aufs Display überquerten 26 Prozent der Erwachsenen die Straße, bei den Jugendlichen lag die Zahl sogar bei knapp 30 Prozent. "Ich bin schockiert", erklärt Doppel. "Vielleicht habe ich gerade nur eine besonders schlimme Zeit erwischt, aber 30 Prozent halte ich für sehr bedenklich."


Von Freundinnen geführt

Eine besonders kritische Situation habe es nicht gegeben, aber einige Beobachtungen seien erschreckend gewesen. Doppel: "Ich habe eine Gruppe von Mädchen gesehen, von denen zwei die ganze Zeit am Smartphone hingen. Die beiden wurden sogar von ihren Freundinnen geführt."

Ein Lösungsansatz, um alle Verkehrsteilnehmer zu schützen, wäre laut Doppel ein Piepton an jeder Ampel. "Wenn das akustische Signal Blinden und Sehbehinderten das Überqueren an einer Ampel erleichtert, wieso dann nicht auch den ,Smombies'? Sie haben die Ampelanzeige schließlich genauso wenig im Blick."


Strafen verzehnfachen

Und auch Autofahrer mit dem Handy am Ohr hat Doppel beobachtet: "Die Strafe für die Benutzung des Smartphones am Steuer sollte mindestens auf das Zehnfache hochgesetzt werden. Momentan schreckt es definitiv niemanden ab", stellt er fest. Er appelliert an den gesunden Menschenverstand: "Niemand sollte wegen eines Smartphones seine Sicherheit und die anderer gefährden."


Polizei: Es drohen Konsequenzen

Klaus-Peter Lang, Sachbearbeiter für Verkehr bei der Polizeiinspektion Kulmbach, bestätigt, dass die Handynutzung auf Gehwegen hauptsächlich bei der jungen Generation immer mehr zunimmt. Die Aufklärungskampagnen müssten deshalb vor allem auf diese Zielgruppe zugeschnitten werden. Man müsse der Jugend die Gefahren bewusst machen. "Man muss nicht immer an sein Handy gehen, nur weil es klingelt", sagt Lang.

Auto- und Radfahrer, die ein Smartphone während der Fahrt benutzen, müssen mit einer Strafe rechnen. Auch bei Fußgängern kann es Konsequenzen haben, wenn man durch unaufmerksames Verhalten - etwa durch die Smartphone-Nutzung - sich und andere Menschen im Verkehr gefährdet. Eine genaue Statistik über die Unfälle durch Handynutzung gibt es bei der Polizei nicht. Die Dunkelziffer ist laut Lang wohl relativ groß. Nach einem Unfall sei es schwer festzustellen, ob ein Verkehrsteilnehmer durch ein Handy abgelenkt wurde.

Auch Lang befürchtet, dass das Smartphone bei den Unfallursachen von Jahr zu Jahr eine größere Rolle spielen wird.