In einem Brief an die Redaktion der Bayerischen Rundschau wird behauptet, Mitarbeiter der Kulmbacher Tafel würden sich bei Lebensmittelspenden selbst bedienen. Tatsächlich nehmen einige Helfer bestimmte Dinge mit nach Hause - ganz offiziell und aus vernünftigen Gründen.
Der Vorwurf klingt nach einem handfesten Skandal: "Bevor die angelieferten Waren an die Bedürftigen ausgegeben werden, wird erstmal alles fein säuberlich durchsucht, und jeder tut sich für sich raus, was er braucht!" Das behauptet ein Leser in einem Schreiben an die Redaktion. Man müsse nur beobachten, "mit welchen Taschen die Helfer zum Dienst kommen und mit welchen sie das Gebäude verlassen".
Die Bayerische Rundschau hat die Vorsitzende der Kulmbacher Tafel, Elfriede Höhn, mit dieser Aussage konfrontiert - und die reagiert fassungslos. "Die Ehrenamtlichen arbeiten bei uns, um Menschen zu helfen, nicht um ihnen etwas wegzunehmen." Dass sie sich für viele Stunden ehrenamtlichen Einsatzes auch noch beschimpfen lassen müssten, sei "eine Unverschämtheit".
Auch Schriftführer Wolf Macht ist "völlig von den Socken": "Das ist so ungeheuerlich, dass wir uns überlegen, ob wir nicht rechtliche Schritte
einleiten."
Dass die Waren sorgfältig sortiert werden, sei selbstverständlich, sagt Elfriede Höhn. Tatsächlich gingen Mitarbeiter ab und zu mit vollen Taschen nach Hause, allerdings nicht aus den ihnen unterstellten Motiven. "Unsere Helfer nehmen gelegentlich Dinge mit, die wir im Überfluss bekommen und die nicht bis zum nächsten Ausgabetermin haltbar sind. Würden sie das nicht tun, gingen die Mülltonnen der Tafel nicht mehr zu."
Gegen Verschwendung Ist das mit den Grundprinzipien der Tafel vereinbar? Die Bayerische Rundschau hat an an höchster Stelle nachgefragt, beim Vorsitzenden des Bundesverbands Deutsche Tafel, Jochen Brühl: "Jede Tafel organisiert sich und ihr Tagesgeschäft selbstständig und unterliegt dabei den Grundsätzen und Leitlinien des Bundesverbandes", sagt der Vorsitzende.
Sowohl die Zahl der Tafel-Nutzer als auch die Menge der gespendeten Lebensmittel schwanke. Die meisten Tafeln hätten tendenziell weniger Lebensmittel zu verteilen als Bedürftige nachfragen. "Wenn das Angebot bei einer Tafel aber mal höher ist als die Nachfrage, bleibt schnell verderbliche Ware übrig. In einem solchen Fall ist es vertretbar, dass die Helfer etwas davon mitnehmen. Anderenfalls müssten diese Lebensmittel in den Abfall geworfen werden. Das wäre genau das, was wir nicht wollen: Wir setzen uns ein gegen Lebensmittelverschwendung. Essen gehört auf den Teller, nicht in die Tonne."
Verteilt wird, was gegeben wird Die Tafel kann nur verteilen, was sie bekommt, betont Elfriede Höhn. Manches gibt es gar nicht oder nur selten, anderes dafür im Überfluss.
"Wir haben zum Beispiel fast jede Woche extrem viel Brötchen und Gebäck, viel mehr als wir verteilen können", sagt Elfriede Höhn.
Zwei mal pro Woche bekommt die Tafel Spenden, die von ihren Fahrern mit zwei Transportern abgeholt werden. Ein Mitarbeiter-Team sortiert die Sachen in die Regale ein.
Einige Kisten sind seitens der Spender tadellos gepackt: vorsortiertes Obst und Gemüse mit kleinen Mängeln. Das kann man bedenkenlos verteilen. In etlichen Kartons lauern dagegen unangenehme Überraschungen: ein Sammelsurium an Waren aller Art. Es ist noch Genießbares darunter, aber auch Verfaultes und sogar Verschimmeltes ist dabei. Kein schöner Anblick sind Gebäck-Säcke: Schoko-Bananen will niemand mehr essen, nachdem sie achtlos in einen Sack geworfen wurden.
"Was uns eingepackt wird, ist manchmal grenzwertig", sagt Wolfgang Hoderlein, der die Tafel regelmäßig als Fahrer unterstützt.
"Wir können beim Abholen nicht in alle Kisten und Säcke hineinschauen."
Der vom Briefschreiber formulierte Vorwurf, es würden keine detaillierten Lieferscheine ausgefüllt, sondern nur zum Beispiel "eine Kiste Gemüse" registriert, löst sich vor den Augen des Zuschauers in Luft auf. Es geht gar nicht anders, wenn in einer Kiste alles durcheinander liegt: schwarze und und gerade noch akzeptable Bananen, zwei Hände voll Cherry-Tomaten, ein paar zerdrückt. Den Eisbergsalat kann man noch retten, wenn man ihn putzt.
Künftig wird beschriftet Bei der Vielzahl von Kisten und Tüten ist oft nicht genau nachvollziehbar, woher die Sachen kommen, so Elfriede Höhn. Man werde allerdings künftig ein Beschriftungssystem für die Waren einführen, um sie zurückverfolgen zu können.
Diese Idee begrüßen auch die von uns befragten Unternehmen.
Wer den guten Zweck ernst nimmt, möchte nicht mit den schwarzen Schafen in einen Topf geworfen werden. Michael Seidl, Inhaber von Edeka Seidl, überlässt der Tafel regelmäßig Obst und Gemüse und auch gekühlte Frischeprodukte. "Das sind Sachen, die nicht mehr ganz perfekt aussehen oder deren Mindesthaltbarkeitsdatum gerade abläuft. Wir können sie nicht mehr verkaufen, aber man kann sie noch bedenkenlos essen." Verdorbenes gehöre selbstverständlich nicht in die Warenkörbe: "Das widerspricht ja dem Sinn der Spende."
Lukas Pistolas, Geschäftsführer bei "Real", verzichtet auf die Weitergabe von leicht verderblicher Ware. "Wir wollen nichts in den Verkehr bringen, das möglicherweise nicht mehr in Ordnung ist." Real stellt der Tafel deshalb Produkte aus dem Trockensortiment zur Verfügung.
Auf ein streng kontrolliertes Frischesystem verweist Petra Trabert von der Pressestelle des Discounters Lidl.
"Die Haltbarkeitsdaten der Lebensmittel werden in unseren Filialen systematisch überprüft. In einem bestimmten Zeitraum vor Erreichen des jeweiligen Haltbarkeitsdatums bieten wir die betreffenden Artikel zu einem deutlich reduzierten Preis an oder geben diese an die Tafeln ab. Es handelt sich um Nahrungsmittel, die verzehrfähig und lebensmittelrechtlich unbedenklich sind. Es geht uns darum, dass diese nicht abgeschrieben und weggeworfen, sondern zur Linderung der Folgen von Armut abgegeben werden."
Das ist ja mal wieder typisch....da gönnt einer dem anderen nix! Bei dem was die Spender täglich aussortieren müssen, sollte eigentlich für jeden genügend da sein! Und verderbliche Waren muss man ja wirklich nicht wegschmeißen, warum sollen die Mitarbeiter (die ja freiwillig und OHNE Entlohnung hier Dienst am Nächsten tun!!!) nicht auch Sachen mit nachhause nehmen? Da wird wohl jetzt wieder darauf herumgeritten werden, bis sich ein schlauer Mensch irgendetwas ausdenkt, was den Verwaltungsaufwand in die Höhe treibt....und die gute Sache dabei stirbt! Schade.......
Wenn ein Bürger meint, dass es bei der Tafel Unregelmäßigkeiten gibt, dann ist der richtige Weg, dieses Thema mit der Leitung der Tafel abzuklären. Zu den Öffnungszeiten stehen die Verantwortlichen jederzeit zur Verfügung. Aus dem Bericht ist zu entnehmen, dass diese "direkte" Klärung nicht erfolgt ist. Warum? Diese Frage kann wahrschienlich nur der Heckenschütze beantworten. Statt sich in seiner freien Zeit als Helfer bei der Tafel zu engagieren, beschränkt sich dieser auf das Beobachten und auf das Anschuldigen. Tolle Leistung. Wenn jemand wissen will, wie es bei der Tafel zugeht und was mit den Lebensmitteln geschieht, dann ist der beste Weg, sich hier aktiv - wie dankenswerter Weise viele Ehrenamtliche - einzubringen. Dann erlebt man alles live und real und nicht nur über das "Fernglas". Und mit Sicherheit ist die freie Zeit dann gewinnbringender eingesetzt, als mit Beobachten und Briefe schreiben. Nur Mut - Herr Beobachter - raus aus dem Versteck und mitmachen!