Ich fahre mittlerweile viele Strecken im Landkreis Kulmbach, weil die Wege und die Landschaft genial schön sind. Vor allem nach Thurnau und Kasendorf, rüber nach Katschenreuth bis Windischenhaig und an Kulmbach vorbei Richtung Bayreuth, aber auch im Frankenwald. Es gibt im Umkreis von 40 Kilometern wohl keinen geteerten Weg, den ich mit dem Rad nicht schon gefahren bin.
War da der besondere sportliche Ehrgeiz geweckt?
Irgendwie schon, ja. Nach den ersten Monaten schaffte ich mit dem Mountainbike schon bis zu 50 Kilometer am Stück. Dann habe ich mal ein Rennrad ausprobiert und gemerkt, mit welcher Leichtigkeit man da unterwegs ist. Damit waren dann ganz andere Distanzen möglich. Am ersten Wochenende bin ich 200 Kilometer geradelt.
Im Herbst 2007 war ich dann bei Walter Röhrl, den ich von meinen Teilnahmen als Co-Pilot bei Rallyes kannte. Das mache ich seit über 30 Jahren, ich organisiere über meine Werbeagentur auch solche Events mit. Walter hätte mich fast nicht mehr wiedererkannt. Ich erzählte ihm von meinem neuen Hobby - und er sagte spontan: "Da fährst Du nächstes Jahr den Arber-Marathon im Bayerischen Wald mit - und ich bin da."
Zur Erklärung: Dort sind 7000 Radsportler am Start. Ich antwortete: "Okay, das mache ich." Vorbereitet habe ich mich unter anderem im Dezember auf Mallorca, ein Mekka für Radsportler. Dort knackte ich dann das erste Mal die 100-Kilometer-Marke - ich war zwar komplett im Eimer, aber stolz wie Oskar. Beim Arber-Marathon sind es etwa 240 Kilometer. Walter Röhrl hat wie versprochen am Start auf mich gewartet. So ist die Liebe zur Langstrecke gewachsen.
Dann will man noch mehr?
Ja. 300 Kilometer war das nächste Ziel. Also bin ich nach Dresden gefahren, nach Heidelberg oder zum Kloster Andechs.
Sind Sie dabei allein unterwegs?
Nein, immer mindestens zu zweit und immer mit Begleitfahrzeug, das uns dann wieder heimbringt. Mein Tourpartner von damals ist leider gestorbe, ich hatte danach erst mal keinen, der diese Strecken mitgeradelt ist. Meine Frau unterstützt mich sehr, aber ihres ist das Radfahren nicht so. So ist es ein bisschen eingeschlafen - bis ich vor zwei Jahren jemanden wiedertraf, den ich vom Motorsport kannte. Wir kamen aufs Radfahren zu sprechen. Er kaufte mein mittlerweile abgelegtes Rennrad.
So fing es an. 2018 fuhren wir bis hinunter nach Reit im Winkl. Als wir angekommen waren, sagten wir uns beide: Eigentlich hätten wir jetzt noch 100 Kilometer dranhängen können. Da war die Idee geboren, es mit einer Schnapszahl zu probieren: 444 Kilometer.
Die Planung für diese außergewöhnliche Route sah ursprünglich Zürich als Zielort vor.
G enau, aber mittlerweile haben wir umgeschwenkt und es läuft wohl auf Vaduz in Liechtenstein hinaus. Genauso weit, aber streckentechnisch reizvoller. Es kann sich freilich nochmals ändern. Wenn heftigster Südwind herrscht, fahren wir nicht dagegen an, dann radeln wir eben Richtung Hamburg. Starten wollen wir am 21. Juni, aber wir machen das abhängig vom Wetter. Wenn es wie aus Kübeln gießt, verschieben wir - wir wollen die Fahrt ja auch genießen.
Wie läuft die Marathon-Route ab?
Wir fahren die 444 Kilometer am Stück. Es geht gegen Mittag los und die ganze Nacht durch. Es wird vom Start bis Ziel 24 Stunden dauern, die reine Fahrzeit beträgt zwischen 16 und 18 Stunden. Wir planen einen 26er-Schnitt, also 26 Kilometer pro Stunde. Wir überwinden dabei etwa 3000 Höhenmeter, ein leicht welliges Streckenprofil.
Radeln Sie sich dabei in eine Art Rausch?
Bei meinem ersten Arber-Marathon sind bei der Zielankunft tatsächlich die Tränen geflossen. Es war wie ein Rückblick aufs Leben im Schnelldurchlauf: Wie war ich früher drauf - und was kann ich jetzt schaffen? Das macht dich brutal stolz, dieses Hochgefühl hält einige Wochen an. Aber ich habe auch Grenzen. Solche Geschichten wie "Race across America", ein ultralanges Radrennen, bei dem bis zu 5000 Kilometer zurückgelegt werden, sind jetzt nicht mein Bestreben. Für Hobbyradler wie mich gibt es das Ereignis "Trondheim - Oslo" mit 540 Kilometern, aber daran denke ich jetzt noch nicht. Ich schließe jedoch nichts aus. Bei meiner jetzigen Leistung, denke ich, geht noch was. Ich sage da niemals nie.