Schlüsselanhänger statt Taschenmesser

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Mit einem Taschenmesser hatte der Angeklagte den Schlüsselbund mit Anhänger verwechselt, den ein 30-Jähriger dabei hatte, der ihn angeblich bedrohte. Foto: Symboldbild djd/Victorinox
Mit einem Taschenmesser hatte der Angeklagte den Schlüsselbund mit Anhänger verwechselt, den ein 30-Jähriger dabei hatte, der ihn angeblich bedrohte. Foto: Symboldbild djd/Victorinox

Glück für einen 37 Jahre alten Mann aus Kulmbach: Er hatte am 1. März dieses Jahres einen 30 Jahre alten Bekannten in der Oberen Stadt auf offener Straße heftig beleidigt und bedroht. Trotzdem wurde er vom Gericht nicht verurteilt.

Hintergrund ist, dass der Angeklagte tatsächlich geglaubt hatte, der 30-Jährige bedrohe ihn mit einem Messer. Deshalb war es auch der Angeklagte, der die Polizei rief. Das Messer entpuppte sich allerdings schnell als harmloser Schlüsselanhänger.

Vermutlich wegen seiner hohen Alkoholisierung von rund zwei Promille hatte der Angeklagte ganz offensichtlich etwas verwechselt. Trotz mehrerer einschlägiger Vorstrafen stellte Richterin Sieglinde Tettmann nach langem Hin und Her das Verfahren ein und setzte eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro fest.

"Ich hol' dich und mach' dich platt", soll der Angeklagte dem 30-Jährigen hinterhergerufen haben. Dazu gab es deftige Beleidigungen, von denen das Wort "Hurensohn" noch das harmloseste gewesen ist. Vor Gericht stritt der Angeklagte dies auch nicht ab.
Er sei mit seinem Kind und einem Bekannten durch die Obere Stadt spaziert, als ihm der 30-Jährige entgegen kam und iohn völlig ohne Grund als Penner bezeichnet habe.


Schilderung bestritten

Hier gehen die Schilderungen auseinander, denn der 30-jährige behauptete in seiner Zeugenaussage, nichts dergleichen geäußert zu haben. Warum auch, denn die beiden Männer kannten sich wohl nur ganz flüchtig. Zwar sind sie im gleichen Ort aufgewachsen, hatten sonst aber eigentlich gar nichts miteinander zu tun.

Trotzdem war die Sache schnell eskaliert. Der 30-Jährige soll ein Messer gezogen und den Angeklagten damit bedroht haben. Da verständigte der Angeklagte die Polizei, die auch binnen weniger Minuten eintraf und ihn zunächst noch als Zeugen vernahm. Dabei soll der Mann übrigens kräftig weiter geschimpft und üble Beleidigungen benutzt haben.


Verwechslung möglich

Das Blatt drehte sich, als die Polizei bei dem 30-Jährigen gar kein Messer fand. Die Beamten förderten nur einen Schlüsselbund mit Anhänger zutage, den man von weitem tatsächlich als Messer hätte interpretieren können. Davon konnte sich jeder der Beteiligten im Gerichtssaal überzeugen. Auch die Polizei hatte im Protokoll den Satz festgehalten: "Objektiv wäre eine Verwechslung des Schlüsselanhängers mit einem Taschenmesser möglich gewesen."

Schnell wurde aber auch klar, dass die beiden Kontrahenten um Versöhnung bemüht sind. "Wir sind weder Freund noch Feind", sagte der Angeklagte und verwies darauf, dass man sich im Gerichtsflur ganz normal unterhalten habe. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass es das gesamte Verfahren wohl nicht gebraucht hätte.

Auch der 30-Jährige, der ursprünglich Strafantrag gegen den Angeklagten gestellt hatte, war nicht mehr an einer Verurteilung interessiert: "Er soll sich halt entschuldigen, dann ist das für mich gegessen."

Gesagt, getan, per Handschlag war die Sache für die beiden Kontrahenten noch im Gerichtssaal vom Tisch.
Allerdings nur für die beiden. Die Justiz tickt anders. Hätte der 30-Jährige seinen Strafantrag zurückgezogen, dann hätte er auch die Kosten des Verfahrens übernehmen müssen. Blieb also nur eine Verurteilung oder eine Einstellung. Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach beantragte vorsorglich schon einmal die Vernehmung einer weiteren Zeugin, die Freundin des 30-Jährigen. Ebenso beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft die Polizisten zu laden, um festzustellen, ob vor Ort tatsächlich noch weitere Beleidigungen gefallen sind.


500 Euro für die "Die Fähre"

Doch noch ehe der Prozess aus dem Ruder geriet, einigten sich alle Beteiligten nach langen Diskussionen doch auf die Einstellung gegen eine Geldauflage von 500 Euro in fünf Monatsraten zu Gunsten des Bayreuther Bewährungshilfevereins "Die Fähre".