Rugendorfs Wahlbriefe lagern im Safe

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15 Briefwahlbögen blieben am Wahlsonntag in der Gemeindekanzlei liegen und wurden erst am Dienstag entdeckt. Deswegen wird die Kommunalwahl in Rugendorf neu ausgezählt. Foto: dpa
15 Briefwahlbögen blieben am Wahlsonntag in der Gemeindekanzlei liegen und wurden erst am Dienstag entdeckt. Deswegen wird die Kommunalwahl in Rugendorf neu ausgezählt. Foto: dpa

In Rugendorf blieben am Wahlsonntag 15 Wahlbriefe ungeöffnet liegen. Die Folge: Die Auszählung aller Stimmen zu den Kommunalwahlen wird am Samstag, 22. März, im Feststadel in Zettlitz wiederholt. Die öffentliche Zählung beginnt um 13 Uhr.

Diese 15 verschlossenen Briefumschläge hütet Florian Puff derzeit fast wie seinen Augapfel. Im Safe der Verwaltungsgemeinschaft Stadtsteinach schlummert das Corpus delicti, das die Kommunalwahl in Rugendorf sechs Tage nach dem Wahlsonntag eine besondere Note verleiht. "Ich hätte auf diese Zusatzrunde liebend gern verzichtet", sagt der Verwaltungsleiter. So aber geht die Kommunalwahl für Rugendorf in die Nachzählzeit: Am Samstag, ab 13 Uhr, werden dann wirklich alle abgegebenen Stimmzettel im Zettlitzer Feststadel ausgezählt. Und zwar vor großer Öffentlichkeit, hofft Puff.

Der Grund für die Verlängerung: Die besagten 15 Umschläge waren in der Kanzlei in Rugendorf liegen geblieben und nicht zur Auszählung im Haus der Jugend gelangt.
Fritz Rösch, stellvertretender Bürgermeister, nimmt den Fehler auf seine Kappe: "Ich stehe dazu, die Briefe vergessen zu haben." Er war am Sonntag als Wahlleiter eingeteilt und habe im Eifer des Gefechts die Unterlagen in der Kanzlei übersehen, wie er am Donnerstag der BR mitteilte.

Bürgermeister Martin Weiß hatte demnach bereits am Samstag den Briefkasten geleert und - weil der schon überquoll - die Wahlbriefe in der Kanzlei auf dem Schreibtisch einer Angestellten deponiert. Er bat seinen Stellvertreter Rösch, die Briefe mitzunehmen. Diesen Verlauf der Ereignisse hat Weiß so eidesstattlich versichert, bestätigt auch Florian Puff. Damit sei zudem geklärt, dass die Stimmzettel in jedem Fall rechtzeitig vor Torschluss am Sonntag, 18 Uhr, eingegangen waren.

Dass sie dann weitergeleitet wurden, ist jedoch unterblieben. Den Fehler bemerkte Rösch am Dienstag, als er wegen einer Besprechung in die Kanzlei kam. "Es ist ja zum Glück nichts weggekommen", sagt der Rugendorfer und bedauert sein Versäumnis. "Andererseits: Steht das endgültige Ergebnis eben eine Woche später fest."
Dass es zu einer kompletten Neuauszählung kommt, darauf verständigten sich die Rechtsaufsichtsbehörde, das Landratsamt in Kulmbach, und die zuständige Wahlleiterin der Gemeinde in enger Absprache, wie Sachgebietsleiter Achim Geyer vom Landratsamt erklärt. "Was die Kommunalwahl angeht, so ist der Freistaat Bayern der übertragende Wirkungskreis. Er überträgt der Verwaltungsgemeinschaft die Aufgabe der Wahldurchführung."
Und wie gelangen nun die vergessenen Zettel in die Auszählung? Das Prozedere erläutert Florian Puff: "Im Beisein von Vertretern der Rechtsaufsicht werden wir die 15 Briefe öffnen und mit dem gleichen Barcode versehen, den am vergangenen Sonntag alle anderen Stimmzettel bereits bekommen haben. Dann werden die 15 Zettel im großen Haufen vermischt." So soll sichergestellt werden, dass im Nachhinein nicht mehr nachweisbar ist, welche Zettel die vergessenen waren. Sonst ließe sich womöglich zuordnen, so Puff, welcher Bürger wo sein Kreuzchen machte. Das wiederum ließe sich nicht mit dem Wahlgeheimnis vereinbaren.

Wohl kaum große Veränderungen

Der neue Auszählvorgang dürfte auf den Ausgang bei der Bürgermeisterwahl keine Auswirkungen haben, auch wenn das Ergebnis ein knappes ist. Amtsinhaber Martin Weiß (Pro Rugendorf) unterlag mit 19 Stimmen Rückstand gegen Herausforderer Ralf Holzmann (Überparteiliche Wählergemeinschaft). Aber selbst wenn auf allen 15 nachgereichten Stimmzetteln ein Kreuz bei Weiß prangte, würde das an der Niederlage nichts ändern - außer, es hätten sich schon bei der ersten Auswertung Fehler eingeschlichen.

"Es ist bedauerlich, dass in Rugendorf wieder bei einer Wahl etwas nicht rund gelaufen ist", bekundet der designierte neue Bürgermeister Ralf Holzmann (siehe Umfrage) und schiebt nach: "Wenn das so geschehen ist, dann muss es korrigiert werden." Er selber plane, bei der Auszählung am Samstag dabei zu sein. Martin Weiß befindet sich derzeit im Krankenstand. Von ihm war bis am Donnerstag Abend keine Stellungnahme zu den Vorgängen zu bekommen.

Während die 15 Briefwähler am Resultat der Bürgermeisterwahl keine Veränderungen mehr ergeben, könnte sich womöglich bei der Gemeinderatswahl noch eine Verschiebung ergeben (siehe Infobox unten). An der Gültigkeit der Wahl ändere der zweite Anlauf aber nichts, sagt Florian Puff. Es seien keine Stimmzettel verschwunden, nur verspätet aufgetaucht, der Wählerwille klar erkennbar. "Wenn jemand später natürlich die Wahl juristisch anfechtet, dann wäre das ein neuer Vorgang."

Allerdings will die Verwaltungsgemeinschaft aus dem Vorfall offenbar eine organisatorische Konsequenz ziehen, wie Puff erklärt: "Es wird wohl bei der nächsten Wahl keine Abgabe der Unterlagen mehr in Rugendorf erfolgen. Auch wenn wir uns bewusst sind, damit nicht gerade bürgerfreundlich zu handeln."

Ändert sich Rugendorfs Gemeinderat?

Stimmenanteil Theoretisch kann durch die 15 nun berücksichtigten Briefwahlstimmen jeder der Kandidaten auf den beiden Listen von Pro Rugendorf und der Überparteilichen Wählergemeinschaft Rugendorf (ÜWR) maximal 45 zusätzliche Stimmen bekommen.

Verschiebung Derzeit stellt Pro Rugendorf als künftige Gemeinderäte Elisabeth Schmidt-Hofmann, Martin Weiß (will ablehnen), Gerhard Theuer, Friedrich Rösch, Martin Hohlweg, Herbert Schmidt und Manfred Pöhlmann. Für die ÜWR vertreten sind Hermann Schmidt, Ralf Holzmann, Günther Krombholz, Franz Schnaubelt und Albert Müller.