Vor Gericht wird ein Unfall auf der Kulmbacher Nordumgehung mit Fahrerflucht untersucht. Das Sachverständigengutachten steht noch aus, aber drei Zeugen schildern das Unfallgeschehen identisch.
Das hätte bös' ausgehen können", meinte der Zeuge (24). Er erinnerte sich vor Gericht daran, was vor einem Jahr auf der Kulmbacher Nordumgehung geschehen war. "Wenn ich nicht gebremst hätte, wäre es zum Frontalzusammenstoß gekommen", sagte der Fahrer eines VW Transporters. Er sei voll in die Eisen gestiegen, weil ein Autofahrer bei Gegenverkehr überholt hatte. Durch die Vollbremsung kam es zu einem Auffahrunfall mit zwei demolierten Fahrzeugen und zwei Leichtverletzten. Derjenige, der den Unfall verursacht, Menschenleben gefährdet und dann das Weite gesucht haben soll, musste sich am Montag vor dem Jugendrichter verantworten.
Der 21-Jährige stritt es ab, der in der Anklageschrift beschriebene Verkehrsrowdy zu sein. Ihm wird fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Körperverletzung und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vorgeworfen. Das Amtsgericht Kulmbach muss klären, ob es sich um ein gefährliches und rücksichtsloses Überholmanöver handelte oder nicht.
Unterschiedlich geschildert
Unstrittig ist, dass der Angeklagte am 15. Juli 2019 um 18.50 Uhr von der Saalfelder Straße zur B 289 abbog. Er war Richtung Untersteinach unterwegs. Dort, wo das Überholverbot endet und sich die Straße auf eine Fahrspur verengt, scherte er mit seinem VW Golf aus, um ein vor ihm fahrendes Auto zu überholen. Dann kam der Gegenverkehr. Was weiter passierte, wird von den Beteiligten unterschiedlich geschildert.
Der Angeklagte, der seit vier Jahren den Führerschein hat, war sich keiner Schuld bewusst. Er sei nach wie vor der Ansicht, dass er damals überholen durfte. Die Strecke sei frei gewesen. Er habe den vor ihm mit circa 80 km/h fahrenden Golf überholt. Währenddessen habe er den entgegenkommenden VW Transporter wahrgenommen. "Er war aber weit genug weg", so der 21- Jährige. Er habe noch etwas beschleunigt auf knapp über 100 km/h und den Überholvorgang beendet. "Dann bin ich ganz normal eingeschert."
Weiter gab er an, den folgenden Auffahrunfall auf der Gegenfahrbahn - eine Pkw-Fahrerin hatte den Lieferwagen gerammt - nur im Außenspiegel gesehen zu haben. Dass es mit seinem Fahrverhalten zu tun haben könnte, habe er nicht gedacht. Deshalb habe er auch nicht angehalten.
Mit seiner Aussage stand der Angeklagte ziemlich allein da. Drei Zeugen, die damals unmittelbar beteiligt waren, schilderten das Geschehen völlig anders.
Es sei verdammt knapp gewesen, erklärte der Fahrer des VW Transporters. "Ich war erschrocken", sagte der Mann, "er hat trotz Gegenverkehr überholt." Geschätzter Abstand: 200 Meter. Er sei selbst 100 km/h schnell gewesen und habe eine Vollbremsung eingeleitet, um den Frontalzusammenstoß zu verhindern. Der entgegenkommende Golf sei knapp vor ihm eingeschert, aber der hinter ihm mit normalem Abstand folgende Seat sei ihm - etwa Höhe Real-Markt - ins Heck gekracht. "Es war ein heftiger Aufprall", so der Zeuge. Er habe der Fahrerin, die weggetreten war und dann in Tränen ausbrach, aus dem Auto geholfen. Am Transporter sei ein Schaden von 30 000 Euro entstanden. Er selbst sei wegen Nackenschmerzen eine Woche krankgeschrieben gewesen.