Beruf, Freizeit, Körperkult: Wir optimieren uns zu Tode.
Jetzt hat es mich doch erwischt: Unter all den Mails, die mir über Äonen lediglich die äußerst eindimensionale Verlängerung meines primären Geschlechtsmerkmals schmackhaft machen wollten (eine hodenlose Gemeinheit!), ist - passend zur Vorweihnachtszeit - endlich jene frohe Botschaft aufgeschlagen, auf die ich sehnsüchtig wartete. Nein, es ist nicht der reservierte Lebensabend-Endaufenthalt im Senioren-Castell "Ein Platz an der Sonde" in Knieritz an der Knatter, sondern das Angebot eines ungarischen Beauty-Unternehmens, das meine verbo(r)gene Schönheit heben möchte! Ich solle umgehend nach Sopron kommen, dort würde man meinem Äußeren auf die Beine helfen, sogar im Gesicht. Heureka. Wir alle wissen: Schönheit kommt von innen. Aber bei mir hat da jemand offenbar so wenig vorher reingetan, dass ich mit Anfang 50 nachhelfen soll, wie es mir die Aufnahmen strahlender Schönmenschen im Anhang suggerierten.
Die Möglichkeiten sind unbegrenzt: straffen und ziehen, zerren und zuppeln; hier spannen, dort neu modellieren, hier (unter)spritzen, dort raspeln. Sopron, so verhieß der Prospekt, mache nicht nur Wünsche wahr, sondern Unmögliches möglich. Aus einem Physiognom einen Adonis. Da bekommt der Begriff "Herrenausstatter" eine völlig neue Bedeutung. Ich stand also kurz davor, mich in der Änderungsfleischerei anzumelden, da klickte ich auf die Preise - und war schlagartig kuriert. Plötzlich gefiel mir sogar meine Waschbrettstirn.
Ironie aus. Warum erwägen wir Schönheitschirurgie überhaupt? Ich rede nicht von jenen, die sich nach Unfall/Krankheit Hilfe versprechen. Aber ich spreche von denen, die ihre mühsam erworbenen Lebensfältchen kaschieren oder das Pölsterchen untenrum retouchiert haben möchten. Und ganz besonders von den Damen, die schmerzhaft ihre Oberweite aufpolstern lassen, weil es ein Mann will! Hier vermisse ich ein Angebot für uns Herren aus Sopron: "Hände verkleinern für Busenfetischisten". Dann stimmte auch das gefühlte Miss-Verhältnis wieder.
