Aber auch die kleine Lösung stieß bei den direkten Nachbarn des Neubaugebietes - neben der Familie Lindner auch die Familien Klatt und Sengpiel - auf wenig Gegenliebe. Der Grund: Man befürchtete, dass die Straße, die zum Baugebiet führt, der erhöhten Belastung durch Baustellenfahrzeuge und Maschinen nicht gewachsen sein würde und dass beispielsweise der Kanal Schaden nehmen könnte. Elisabeth und Thomas Lindner sorgen sich zudem um ihr Haus: Fast 300 Jahre ist das alt, gebaut aus Sandstein, im Inneren sind noch die niedrigen Eingänge zur früheren "Schwarzen Küche" zu sehen. Als junge Leute haben die Lindners dieses Haus gekauft, haben viel Arbeit und sehr viel Geld hineingesteckt. Was den beiden jetzt zu schaffen macht: Das Haus hat kein Fundament.
"Es ist nicht auszuschließen, dass durch die ständige Erschütterung, die der Baustellenverkehr mit sich bringt, ein Mauereck einfach wegbricht", sagt Elisabeth Lindner: eine finanzielle Katastrophe - aber auch eine emotionale.
Ihre Befürchtungen teilen die direkten Nachbarn Mirjam und Wolfgang Klatt, und auch aus der Familie Sengpiel, die derzeit im Urlaub ist, waren in der Vergangenheit Bedenken laut geworden: Der Untergrund sei immer wieder einmal in Bewegung; durch die Bauarbeiten könnte es zu Schäden an den Häusern kommen.
Bauherr Am Anger ist die Firma Vogel-Perspektiven aus Oberzettlitz. Die zeichnet auch für die Erschließung des Geländes verantwortlich. Details dazu sind in einem Erschließungsvertrag zwischen dem Unternehmen und der Stadt Kulmbach festgehalten. "Im Erschließungsvertrag ist klar geregelt, dass vor Baubeginn ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen ist", heißt es aus der Pressestelle der Stadt Kulmbach.
An eben jenem Beweissicherungsverfahren entzündet sich nun der neuerliche Ärger der Anlieger. Seit Februar stehe fest, dass es ein solches Gutachten geben muss, um den Ist-Stand zu dokumentieren - und im Fall des Falles nachweisen zu können, dass Schäden tatsächlich durch die Bauarbeiten verursacht worden sind. "Seitdem haben wir nichts gehört", sagt Wolfgang Klatt, der mit seiner Familie ebenfalls die Sommerferien für einige Tage Urlaub genutzt hat. Auch er war höchst überrascht von der Nachricht, dass die Bauarbeiten jetzt schon beginnen sollen. Bei einem Anruf bei der Stadt Kulmbach, so berichtet er, sei ihm vor kurzem noch gesagt worden, dass es im Herbst losgehen sollte.
Was die beteiligten Familien sehr ärgert: Noch zum Beginn letzter Woche hatte sich niemand bei ihnen wegen des Beweissicherungsverfahrens gemeldet. "Wir kriegen einfach keine Informationen."
Und dann überschlugen sich die Ereignisse: Nach einigen aufgeregten Telefonaten stand am Donnerstag gegen Abend plötzlich ein Gutachter vor der Tür. "Er sei vom Planungsbüro beauftragt und solle ein paar Bilder machen", erinnert sich Elisabeth Lindner. "Plötzlich schien das alles sehr eilig zu sein. Der Gutachter selbst meinte auch, dass das alles recht kurfristig sei..."
Aber nicht nur das erbost die Anwohner: In Gesprächen mit dem zuständigen Planungsbüro, bei dem sie sich über die kurzfristige Aktion beklagten, bekamen sie zu hören, dass man ja mehrfach versucht habe, sie zu erreichen, dass aber niemand ans Telefon gegangen sei und niemand die Tür geöffnet habe.
"Es ist Ferienzeit. Da muss man doch damit rechnen, dass Menschen auch mal im Urlaub sind", schimpft Wolfgang Klatt. "So kann man einfach nicht miteinander umgehen!"
Hannelore Vogel, Geschäftsführerin der Firma Vogel-Perspektiven räumt ein, dass möglicherweise, bedingt durch die Ferienzeit, die Terminvereinbarung mit dem Gutachter nicht ganz rund gelaufen sei. Aber natürlich stehe ihr Unternehmen zu der vertraglichen Vereinbarung, dass mit den Arbeiten erst begonnen wird, wenn die Daten für das Gutachten erhoben sind. "Das ist ja nun geschehen", sagt die Geschäftsführerin, und macht deutlich, dass so ein Beweissicherungsverfahren immer eine recht kurzfristige Sache sei: "Wenn so ein Gutachten schon im Februar erstellt wird, die Arbeiten aber erst im August beginnen, dann ist das ja nicht mehr sehr aussagekräftig. Eine solche Beweissicherung wird immer zeitnah ausgeführt."
Die Kulmbacher Firma ASK hat am Montag mit der Erschließung der fünf Bauparzellen begonnen. Die Belastung für die Anwohner soll sich Hannelore Vogel zufolge in überschaubaren Grenzen halten: "Wenn alles läuft wie geplant und das Wetter mitspielt, sind wir Ende September mit der Erschließung fertig." Ende Oktober soll das erste Haus in Fertigbauchtechnik aufgestellt werden. "Wir reden hier insgesamt über fünf Häuser. Das ist überschaubar."