Gott mit Humor
Stilistisch lässt er sich nicht festlegen: Reitenspieß liebt die Vielfalt. Ernstes und Unterhaltsames, alte Meister und Modernes, Bach und Beatles - für all das und vieles mehr kann sich der Kantor begeistern. Diese Faszination auch andere spüren zu lassen, dafür brennt der 48-Jährige. "Musik ist mehr als ein paar Noten. Ich möchte die Leute erleben lassen, was den Komponisten bewegt hat."
Als Kirchenmusiker geht es Reitenspieß natürlich nicht zuletzt um die Vermittlung geistlicher Inhalte. Aber auch das könne über verschiedenste Musikrichtungen gelingen. "Ich stelle mir einen Gott mir Humor vor", sagt er und ergänzt mit einem Augenzwinkern: "Manches in unserer Gesellschaft lässt sich ja anders gar nicht erklären."
Musik statt Physik
Zur musikalischen Glaubensbotschaft gehört deshalb für den Kantor eine fröhliche Leichtigkeit ebenso wie das Ernste, Tiefe, Schmerzliche. Alles zusammen mache das Menschsein aus.
Musik begleitet Christian Reitenspieß seit seiner Jugend, doch hauptberuflich Kirchenmusik zu machen, das war ursprünglich nicht sein Plan. "Ich wollte Physik studieren.
Als Jugendlicher verdiente er sich nebenbei ein Taschengeld als Organist. "Das Orgelspielen hat mir sehr gefallen." So landete er an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth, absolvierte zunächst die C-Prüfung für Kantoren, studierte weiter bis zum A-Diplom, dem höchsten Abschluss.
Entsprechende hauptberufliche Stellen sind allerdings dünn gesät, und so zog Reitenspieß zunächst ins hessische Gelnhausen, später nach Melsungen, wo er am dritten Adventswochenende noch ein letztes Konzert leitete.
Der Wechsel nach Oberfranken war "keine Entscheidung gegen Melsungen, sondern eine für Kulmbach", betont er. Dem gebürtigen Franken gefällt es hier, seiner Frau Katharina ebenfalls, die als Sozialpädagogin auch schon eine neue Stelle in Bayreuth gefunden hat.
Gelockt hat den Musiker unter anderem die klangschöne Rieger-Orgel in der Petrikirche. Ich spiele sehr gerne Orgel. Warum? "Sie ist ein unglaublich vielseitiges Instrument, ein ganzes Orchester, das man allein betätigt. Mit Orgelklang den Kirchenraum zu füllen, das ist etwas ganz Besonderes", schwärmt er.
Wer will Orgelspielen lernen?
Diese Begeisterung möchte Reitenspieß auch seinen Schülern vermitteln. Zwei junge Leute, die das Orgelspiel erlernen möchten, haben sich schon bei ihm gemeldet. "Es dürfen gern noch mehr werden. Wir brauchen dringend Organisten-Nachwuchs."
Zur Person
Christian Reitenspieß wurde 1971 im mittelfränkischen Diespeck bei Neustadt an der Aisch geboren. Er lernte Klavier und Posaune, begann als Elfjähriger mit dem Orgelspiel.
Werdegang An der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth studierte er Kirchenmusik und absolvierte sein Berufspraktikum in Hof. Sechs Jahre lang war der Kirchenmusiker in Gelnhausen (Hessen) tätig, anschließend 16 Jahre in Melsungen.
Aufgaben Der Stadt- und Bezirkskantor ist zuständig für die Kirchenmusik der Petrikirchengemeinde sowie die Beratung, Aus- und Weiterbildung der nebenamtlichen Kirchenmusiker im Dekanat. Außerdem unterrichtet er Orgelschüler und bereitet sie auf Prüfungen vor.