Musik wie aus dem Ei gepellt

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Aus "Nimm 3" wurden "Die 3" (im Bild Markus Döring), deren Proberaum wir einen Besuch abgestattet haben.
Aus "Nimm 3" wurden "Die 3" (im Bild Markus Döring), deren Proberaum wir einen Besuch abgestattet haben.
Jochen Nützel
Matthias Schramm (links) und Markus Döring
Matthias Schramm (links) und Markus Döring
Jochen Nützel
Heiko Hahn ist der zweite Tastenmann.
Heiko Hahn ist der zweite Tastenmann.
Jochen Nützel
Sogar an der Decke ist der Schallschutz aus Eierkartons.
Sogar an der Decke ist der Schallschutz aus Eierkartons.
Jochen Nützel
Gitarristen-Spielzeug
Gitarristen-Spielzeug
Jochen Nützel
Die Ahnengalerie der Verflossenen
Die Ahnengalerie der Verflossenen
Jochen Nützel
Das Maskottchen heißt nicht Yamaha.
Das Maskottchen heißt nicht Yamaha.
Jochen Nützel
Hier proben "Die 3".
Hier proben "Die 3".
Jochen Nützel

Wer Musik macht, muss üben. Aber wo? Ehemalige Schule, Kaserne, Hinterhofzimmer: Bands finden (fast) überall eine Bleibe. Wir blicken hinter die Kulissen. Zum Start der Serie geht es nach Neuensorg, wo "Die 3" zu Hause sind.

Eierkartons. Überall. An den Wänden, an der Decke. Schallschutz, selbst gemacht statt teuer gekauft aus dem Musikalienhandel. "Hält bombig dank Silikon." Matthias Schramm grinst. Er hat hier sozusagen Hausrecht seit 21 Jahren. Der Keyboarder ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied der Band "Die 3" und hatte einst in mühevoller Sammelarbeit die Kartons von Eierhändlern und Bäckereien abgestaubt; sein Vater, der damals ein Fliesengeschäft besaß, sponserte den ungewöhnlichen Kleber.

Wer vor den Raum im ehemaligen Schulhaus tritt, stößt an der Tür auf einen bonbonhaften Aufkleber mit der Aufschrift "Nimm 3". So hieß die Gruppe ursprünglich, bis es wegen rechtlicher Gründe zur Umbenennung in "Die 3" kam. Drinnen findet sich das klassische Equipment: Keyboards, auf Ständern montiert oder an die Wand gelehnt, zwischen Mikros und Lautsprechern thront das aufgebockte Mischpult. Am Boden würmeln zig Meter an Kabeln, ein Teddy lugt von einer Box. Heiko Hahn, der zweite Tastenmann im Bunde, kramt in seinem Metallkoffer und sucht nach seinem Text und den Styles (Schlagzeugspuren) für Queens "I want to break free."

Von der Wand blicken derweil still zwei Ehemalige: Blondschopf und Bandleader Volker Matysiak hatte vor einigen Monaten verkündet, sich aus der Musikszene zu verabschieden und künftig auf Hochzeiten zu reden, statt zu singen. Der zweite "Ausscheider" ist Matthias Than (der mit dem Schnäuzer), für den Heiko Hahn 2018 nachrückte.

Anfänge im Wohnzimmer

Die Band gibt es ein Jahr länger als den Proberaum. Vor 22 Jahren beginnt das damalige Trio noch in Matthias Schramms Wohnzimmer. "Das hat meine Frau mit eher überschaubarer Begeisterung aufgenommen." Quasi aus dem Nichts startet die Formation durch, erspielt sich schnell einen guten Ruf über die Regionalgrenzen hinweg.

Die Möglichkeit zur geeigneten Wirkungsstätte hat das Trio der Verbundenheit von Schramm zum VfR Neuensorg zu verdanken. "Ich bekam als Spielleiter und Vorstand die Gelegenheit, den Raum samt angrenzendem Flur und Toilette oberhalb der Gaststätte zu nutzen. Das war der Sechser im Lotto."

Ehemalige Wohnung

Es handelt sich um eine ehemalige Wohnung, zuletzt lebte hier eine türkische Aussiedlerfamilie. "Der damalige Bürgermeister Manfred Huhs hat es möglich gemacht, dass wir zu sehr fairen Konditionen proben können. Die Kommune kommt uns bis heute entgegen." Fällig werden Kosten für Heizung und Strom. Umgekehrt sind die Musiker zweifellos wertvolle Kulturbotschafter der Kommune, heuer gibt es unter anderem einen Gig in Lüdenscheid, die Reisen gingen aber auch schon bis Prag.

Während die erste Stimmungsrunde einstudiert und ein erstes Bier geöffnet ist, schweift der Blick aus dem einzigen Fenster über den Fußballplatz, der gerade fachmännisch gemäht wird. "Wir haben ruhige Nachbarn", ruft Heiko Hahn in die Runde. Umgekehrt stören die Musiker niemanden, auch wenn es mal heftiger aus den Boxen wummert.

Treppauf, treppab

Einzige Tücke des Objekts: Vor der Probe muss man Treppen steigen. Das heißt: Das Equipment muss für den Auftritt runter- und später wieder raufgeschleppt werden. Aber darüber sieht Matthias Schramm bei allen Vorzügen hinweg. "Im Sommer heizt sich das Zimmer nicht zu stark auf, im Winter ist es angenehm, die dicken Wände dämmen gut. Und es ist immer trocken, was ja für die sensible Technik wichtig ist."

Was beim Hinausgehen auffällt: Es hängen nicht drei Pferdehalfter an der Wand (Ronny lässt grüßen), sondern drei Kleiderbügel, eingehakt in die Eierkartons. Des Rätsels Lösung: Der erste Auftritt im Jahr war früher immer der Fasching im Neuensorger Sportheim. "Da haben wir uns hier umgezogen - seither hängen die Bügel, die sind mittlerweile mit dem Raum verwachsen", erklärt Matthias Schramm.

Der jüngste Neuzugang im Proberaum ist übrigens kein Instrument, sondern der Gitarrist: Markus Döring stieß vor ein paar Monaten zur Band und nimmt den Platz von Volker Matysiak ein. Die Aufregung steigt beim Kulmbacher und seinen Kompagnons, denn das neu formierte Trio feiert am 3. Juni anlässlich der Neuenmarkter Kerwa Live-Premiere. Bis dahin wird es im Proberaum noch einige Male laut werden.