Er forderte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Aufgrund der eingeschränkten Schuldfähigkeit und der negativen Prognose des Gutachters sei die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus notwendig.
"Was genau beim Ermittlungsrichter gesprochen wurde, wissen wir nicht", stellte Verteidiger Ralph Pittroff fest. Es liege kein Wortprotokoll vor, sondern eine Zusammenfassung nach dem Diktat des Richters. Das sei nicht die Wortwahl seines Mandanten. Er glaube nicht, so der Kulmbacher Rechtsanwalt, dass der Angeklagte den Begriff "Rauchgas" verwendet habe. Außerdem hätten weder der Angeklagte noch sein Verteidiger das Protokoll noch einmal gelesen. Deshalb könne es nun auch nicht verwendet werden.
Verurteilung wegen Mordes scheidet aus: Täter leidet unter Intelligenzminderung
Nach Ansicht des Verteidigers kann sich der 24-Jährige nicht in die Lage potenzieller Opfer hineinversetzen. Er könne die Gefährlichkeit seiner Handlung nicht reflektieren und die Folgen nicht abschätzen. "Dazu reicht seine intellektuelle Leistungsfähigkeit nicht aus." Er sei bei seiner Spontantat nicht planvoll vorgegangen.
"Ein Verurteilung wegen versuchten Mordes scheidet aus", sagte Pittroff. Es liege eine Sachbeschädigung vor in Tateinheit mit drei Fällen der gefährlichen Körperverletzung. Dafür beantragte er ein Jahr Freiheitsstrafe. Die Strafe sei aber zweitrangig, denn wegen der Alkoholabhängigkeit und der intellektuellen Beeinträchtigung gehe vom Angeklagten eine nicht unerhebliche Gefahr aus. "Etwas anderes als die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist nicht möglich."
Das Gericht folgte der Argumentation des Verteidigers nicht. Der Angeklagte habe seinem Bruder beistehen wollen in der Auseinandersetzung mit der Ex-Freundin wegen des gemeinsamen Kindes. "Er hatte nicht die Absicht, irgendjemand zu töten", sagte Vorsitzender Richter Bernhard Heim. Aber er habe gewusst, dass die acht Hausbewohner schlafen, und in Kauf genommen, dass sie durch die Rauchgase zu Schaden oder gar zu Tode kommen. Sie hätten mit keiner Gefahr gerechnet, sie seien arg- und wehrlos gewesen. "Das war ihm egal." Die Strafkammer habe keinen Grund, an der klaren Aussage beim Ermittlungsrichter zu zweifeln. Denn der Mann habe die Folgen gekannt, da er 2017 in einem Haus in der Sutte ebenfalls einen Kinderwagen angezündet hatte.
Deshalb kam das Gericht zu einem Schuldspruch wegen versuchten Mordes in acht tateinheitlichen Fällen und verhängte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Die Strafmilderung, so Heim, sei gerechtfertigt wegen der Offenheit des Angeklagten: "Es ist selten, dass man erfährt, was jemand bei der Tatbegehung gedacht hat." Außerdem sei nichts Schlimmeres passiert. Allerdings seien die Bewohner, zum Teil alte und kranke Leute und ein Kleinkind, in höchstem Maß gefährdet gewesen. "Wer in einem Wohnhaus um Mitternacht zündelt und sich dann nicht weiter um das Geschehen kümmert, handelt in hohem Maß gefährlich und unverantwortlich."
"Eine tickende Zeitbombe"
Ins Gefängnis kommt der junge Kulmbacher wegen verminderter Schuldfähigkeit aber nicht. "Es ist glasklar, dass er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden muss", erklärte der Vorsitzende. Die Unterbringung erfolgt auf unbestimmte Zeit.
Der psychiatrische Gutachter habe deutlich festgestellt, dass die Intelligenzminderung und die Alkoholprobleme eine gefährliche Mixtur sind. "Er hat Sie als unberechenbare tickende Zeitbombe bezeichnet", sagte Heim zum Angeklagten, der die Urteilsbegründung regungslos aufnahm. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder zu einer Frust- oder Konfliktsituation kommt, mit der Sie nicht umgehen können. Dann besteht die Gefahr, dass es einmal Schwerverletzte oder Tote gibt." Neben der Allgemeinheit müsse auch der 24-Jährige vor sich selbst geschützt werden. Der Richter riet dem jungen Mann, die Zeit im Maßregelvollzug gewinnbringend für sich zu nutzen, um seine Probleme in den Griff zu bekommen. Dann habe er irgendwann die Chance, außerhalb der psychiatrischen Klinik in einem geschützten Raum zu leben.