Medikamenten-Engpass: Kulmbacher Apotheker warnt vor Hysterie

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Bei immer mehr Medikamenten gibt es Lieferengpässe, sagt Apotheker Hans-Peter Hubmann. Foto: Alexander Hartmann
Bei immer mehr Medikamenten gibt es Lieferengpässe, sagt Apotheker Hans-Peter Hubmann. Foto: Alexander Hartmann

Die Wirkstoff-Produktion in Asien ist mit der Corona-Pandemie teils lahmgelegt. Bei der Medikamenten-Vorsorgung könnte es bald zu Engpässen kommen, sagt Apotheker-Sprecher Hans-Peter Hubmann. Er rät von Hamsterkäufen ab.

Bekomme ich meine Medikamente noch? Eine Frage, die viele umtreibt, die auf Arzneimittel angewiesen sind. In Apotheken stehen die Telefone nicht mehr still, seit das Coronavirus die Welt in Atem hält. Der Grund: Ein Großteil der medizinischen Wirkstoffe stammt aus China. Der Grundstoff wird dort produziert, in anderen Ländern, vor allem in Indien, weiterverarbeitet und landet dann auch in deutschen Kliniken und Apotheken. Doch bei großen Herstellern auf dem asiatischen Kontinent wurde die Produktion eingestellt, Transportwege sind unterbrochen.

Lage sitzt sich zu

Die Lage spitzt sich zu, sagt der Kulmbacher Apotheker Hans-Peter Hubmann, der Vorsitzender des bayerischen Apothekerverbandes und stellvertretender Bundesvorsitzender ist. Engpässe bei Medikamenten gebe es schon lange, doch mit Corona erreiche man eine neue Dimension. Was die Situation verschärft: Indien, ein Hauptproduzent, der 70 Prozent der Wirkstoffe aus China bezieht, hat die Exporte für 26 Arzneistoffe, darunter auch Schmerzmittel und Antibiotika, gestoppt - um die Versorgung der Menschen im eigenen Land zu sichern. Grund sind die Engpässe bei der Wirkstofflieferung aus China.

Vieles nicht lieferbar

Rund 300 Arzneimittel seien beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ohnehin schon als nicht mehr lieferbar gelistet, sagt Hubmann. Neben Schmerzmitteln und Blutdrucksenkern seien teils auch Arzneien gegen Krebs und Psychopharmaka nicht mehr erhältlich. Meist könnten diese durch wirkungsgleiche Medikamente ersetzt werden. Aber nicht immer. "Und dann bekommen das die Patienten deutlich zu spüren."

Nachfrage ist gestiegen

Wie Hubmann hat auch sein Apothekerkollege Markus Raschpichler festgestellt, dass die Verunsicherung bei Patienten groß ist. Es werde vermehrt nachgefragt, ob Medikamente lieferbar seien. Raschpichler warnt aber vor Panikmache.

Lager noch gut gefüllt

Wie Hubmann auch, der darauf verweist, dass die Arzneilager derzeit noch recht gut gefüllt seien. Erst in zwei bis drei Monaten werde man sehen, welche Folgen der Produktionsstillstand in den chinesischen Firmen mit sich bringen werde. Hamsterkäufe tätige er für seine Apotheke nicht. "Es wäre unfair gegenüber den Konkurrenten, zumal die flächendeckende Versorgung ganz wichtig ist."

Von Hamsterkäufen sollten auch Patienten absehen. Dabei rät der Apotheker, nicht bis zur letzten Tablette zu warten, bis man sich ein neues Rezept ausstellen lässt. Bei ein bis zwei Wochen Vorlauf habe der Apotheker ausreichend Zeit, sich um einen adäquaten Arznei-Ersatz zu kümmern.

Es war der falsche Weg

Im Zuge der Pandemie wird laut Hubmann deutlich, wie fatal es gewesen sei, die Arzneimittelproduktion mit Blick auf die Kosten nach Asien zu verlagern. Die Krankenkassen wie auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hätten immer darauf verwiesen, dass es Vertragspartner gebe, die die Versorgung sicherstellen müssten. "Doch was macht ein Vertragspartner, wenn der Vorlieferant nicht liefert? Aus Nichts kann man Nichts machen. Das sieht man jetzt", sagt Hans-Peter Hubmann.

Zurück nach Europa

Er hofft, dass die Politik gegensteuert, die Produktion zurück nach Europa verlagert wird. Man dürfe nicht mehr nur auf den Preis schauen, so Hubmann, für den China und Indien keine verlässlichen Partner sind. "Man kann sich bei der Produktion auf diese Länder konzentrieren. Aber wenn die Handelskette nicht funktioniert, es irgendwo hakt, dann hat man eben ein Riesenproblem." Sich in Abhängigkeit zu begeben, sei bei Luxusartikeln möglich. "Bei lebenswichtiger Arznei nicht."