Martina Schwarzmann: Gstanzln vom "Haushaltsopfer"

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Martina Schwarzmann bei ihrem Auftritt in der mit 700 Besuchern nahezu voll besetzten Stadthalle. Fotos: Jochen Nützel
Martina Schwarzmann bei ihrem Auftritt in der mit 700 Besuchern nahezu voll besetzten Stadthalle.  Fotos: Jochen Nützel
 
 
 
 
 

Für sie ist Multitasking "Scheißdreck" und jedes Familientreffen ein Minenfeld für Missverständnisse: Martina Schwarzmann ringt dem Wahnsinn Alltag ein Lächeln ab und beschert 700 Stadthallen-Besuchern einen humorigen Abend.

Kerzengerade sitzt sie auf ihrem Barhocker, wie das Musterbeispiel in der Rückenschule. Hinter der Brille tasten wache Augen das Publikum ab. 700 sind am Freitag in die Stadthalle gekommen, um Martina Schwarzmanns neuem Programm "Gscheid gfreid" zu lauschen.

Die 34-Jährige nimmt ihre Zuhörer mit auf eine Odyssee durch die Untiefen des bayerischen Alltags. Da lauern Strömungen und Verwirbelungen, drohen ganze Dorfexistenzen an dummen Nachbarn, an Bigotterie und Missgunst zu zerschellen wie der Frachter an der Sandbank. Als Treibgut auf der Schaumkrone des menschlichen Irrsinns schlingert die gebürtige Fürstenfeldbruckerin auf der Dünung mit und holt bisweilen Bizarres vom Grund.

Ihre Gstanzln trägt sie dabei quasi aus dem Ausguck vor, singt vom Deppentag, an dem offenbar alle Vollpfosten um sie herum das Ruder übernommen haben, und von der Familienfeier, die auf der Heimat noch "nachbesprochen" werden muss (was in
schöner Regelmäßigkeit in so etwas unschönes mündet wie ein Beziehungsgespräch).


Resteverwerter im Stall

Überhaupt kann die zweifache Mutter Schwarzmann aus dem Themenpool Familie Erquickliches wie Erstaunliches in dialektales Liedgut verwandeln. So sei ihr und ihrem Mann klar geworden, dass bei jedwedem Kinderwunsch zeitgleich eine Hühnerhaltung angeschafft werden musste - zwecks der Resteverwertung. Mittlerweile sind es zwei Kinder, also mehr Hühner. Schwarzmanns Dreisatz lautet: "Ab drei Kindern brauchst a Sau."

Nerven aus Stahl inklusive, wenn der Nachwuchs der Mama im Schlaf das Bügeleisen auf die Brust legt und auf eine Reaktion wartet. "Beim Hochschregga ist mir eigfoiln, dass mir am Vorabend im Fernsehn was über Defibrillatoren gschaut ham."

Dem Alltag entflieht die Frau mit dem korrekt geflochtenen Zopf, indem sie von Erfindungen fantasiert. "Ich tät' des Arschhaar-Toupet für Paviane entwickeln." So was zum Beispiel. Oder einem Ziegenbock Dread-Locks in den Bart zwirbeln. "Der hieße bei mir dann Bock Marley."


Vorsicht, bastelwütige Tochter!

Den Fährnissen des Familien- und Landlebens ist damit aber nur kurz zu entkommen. Denn schon biegt die bastelwütige Tochter drohend um die Ecke, in der Hand die nächsten 30 Kunstwerke, die erst bewundert, dann verstaut sein wollen. Martina Schwarzmann habe nichts gegen das Basteln - jedenfalls nichts Wirksames. Ebenso beherrscht sie leider nicht die Kunst des Gleichzeitigen. "Während in der Küch' die Milch fürn Kloana gekocht hot, hob i denkt, gehst noch in Keller obbi und machst die Wäsch'." Zurück in der Küche dann das übergekochte Dilemma. Gereimt klingt das so: "Da denkst, Du host die Zeit optimal genutzt - dann hob ich den ganzen Tog den Ofen 'putzt. Multitasking is a Scheißdreck." Und sie mal wieder das "Haushaltsopfer”.

Derlei Liedgut in Tateinheit mit Anekdoten aus dem Schattenreich von Kaffeekränzchen und vollen Windeln versetzt das Publikum an diesem Abend oft in heiteres Gelächter. Martina Schwarzmann kredenzt eine Melange aus herzhaften Beobachtungen ihrer Umgebung, die sie durch ihre Form der Darreichung in ihrer ganzen Absurdität entblößt. Die Gitarren musik schleicht sich zu den Texten in die Gehörgänge, rollt den Klangteppich aus für den Mutterwitz der Niederbayerin. Sie deutet in ihren Geschichten menschliches Zusammenleben als etwas Unergründbares, manchmal auch Unmögliches. Nur wenig scheint sicher - etwa das: "Dicke wern net su schnell bsoffa, Dünne bei Schießerein schwerer troffa." Auch ein Erkenntnisgewinn.