Die Naturbühne Trebgast sorgt bei der dritten Premiere mit dem fränkischen Volksstück "Liebe und Blechschaden" für herzhaftes Spaßtheater.
Ein älterer Mann mit seinem Audi A 8 unterwegs. Am Straßenrand eine junge Punkerin. Kalkweißes Gesicht, knallrote Lippen, ansonsten alles Black: Rave Top Shirt, Zip Jacket, Schnürstiefel im Gothic-Style. Der Mann lässt sie einsteigen. Sein Blick streift über ihre Rundungen. Plötzlich ein Crash - Verwechslung von Bremse mit dem Gaspedal - und die Nobelkarosse landet an einen Baum. Kotflügel und Stoßstange lädiert, sein eigener Kopf verbeult. Das alles ist jedoch ein Klacks gegen den Image-Schaden: Sein Ruf als souveräner Fahrer ist ruiniert, der als braver Ehemann schwer angekratzt. Gut zwei Stunden lang erlebt der Zuschauer die Versuche des Bauern Toni, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
"Liebe und Blechschaden" ist als Boulevardstück angelegt. Die Handlung spielt in der Wohnstube auf dem Reisighof. André Putzmann und Dieter Krause haben dazu bunte Stellwände auf die Bühne gestellt mit zwei Türen - für die zahlreichen fliegende Auftritte und Abgänge.
Beichte nach ein paar Obstlern
Die turbulenten Ereignisse außerhalb sieht der Zuschauer nicht, sie werden von den Personen erzählt. So auch der Kracher mit der Tramperin, den Toni seinem Kumpel Max nach ein paar Obstlern anvertraut.
Bespaßung der Zuschauer ist die große Kunst des Stückeschreibers Hans Gnant (1920-2000). Der Österreicher hat mit dem Komödienschreiben in englischer Kriegsgefangenschaft begonnen, um seine Kameraden aus der Depression herauszuholen. "Liebe und Blechschaden", 1984 entstanden, ist sein populärstes Stück - es gibt keine große Volksbühne, die es nicht schon im Spielplan gehabt hätte.
Gespielt wird in fränkischer Mundart mit zahlreichen lokalen Anspielungen. Der Forchheimer Regisseur Rainer Streng vermeidet das Übel vieler Volksstücke: Er inszeniert nicht prall und saftig, mit schenkelreibender Anzüglichkeit, sondern setzt auf doppelbödigen Wortwitz ("Die Firma Bauer schätzt, repariert und erbringt jegliche Leistung im täglichen Verkehr"). Effektvolle Anspielungen gibt es zuhauf, da die Handlung verrückt zugespitzt wird: Nicht nur der Reisighof-Bauer baut einen Unfall, sondern auch seine Frau Marianne, die den Pkw gegen seinen Willen aus der Garage holt, kracht auf einen Baum und beschädigt den Audi an gleicher Stelle.
Theaterhasen und Debütanten
Klammheimlich sucht sie Hilfe bei dem zwielichtigen Spengler Herbert Bauer, der in tiefster Nacht Hand anlegt. Rainer Streng hat das Ensemble aus alten Bühnenhasen und Neuzugängen zusammengestellt. Zum Urgestein zählt Georg Küfner in der Partie des Reisighofbauern. Er spielt ihn in seiner machohaften Selbstgerechtigkeit verschmitzt und liebenswert. Köstliches gelingt ihm: Wenn er etwa mit einem Pflaster seine aufgeplatzte Stirn verarztet und seinem Sohn weismacht, er hätte sich beim Rasieren geschnitten. Wenn er im Jogginganzug herumturnt. Oder wenn er sich in gebetsmühlenartiger Selbstbefragung auf seinen Geisteszustand testet.
Ihm zur Seite Max, der Bachwirt. Reiner Hofmann, gerade als Kulmbacher Stadtarchivar aus dem Dienst verabschiedet, beweist in der Rolle sein vielseitiges komödiantisches Talent: Er ist ein Freund und Nothelfer, der ihm auch mit wilden Gesten und Grimassen aus aus der Patsche hilft, und ein Pfiffikus, der mit den irrsten Ideen aufwartet.
Die Reisighof-Bäuerin Marianne wird von Marion Regnet gespielt. Sie ist eine Ehefrau, resolut, energisch, auf den Tisch hauend, die sich nicht so leicht unterbuttern lässt. Doch sie kann auch sammetpfötig sein. Ein Glanzlicht dafür ist ihr Telefongespräch mit Herbert, in dem sie megasüß flötet und etwas von der "Nacht, die ich nie vergessen werde" haucht.
Den halbseidenen Spengler im Ganovenjacket spielt Siegfried Küspert mit gewohnt rustikalem Charme. Als Ex-Verlobter von Gretl (Diana Laaber-Canola: bockig, frustriert, doch arg liebesbedürftig) charmiert er sich bei ihr zurück.
Eine furiose Partie legt Marina Hentschel als Dorftratsche hin. Kaum zu glauben, dass sie zum ersten Mal in einer Sprechrolle auf der Bühne steht. Sie wirbelt wie ein Taifun, verfällt in Weinkrämpfe, schreit hysterisch. Ständig ist außer Atem wie ein 800-Meter-Sprinter, schweißtupfend, da sie jedem Ereignis, meist Produkten ihrer krausen Fantasie, nachjagt.
Neuling im Team ist Manuel Mitschke in der Rolle des Sohnes Peter - ein yuppihafter Intellektueller im ersten Liebesfrühling. Stark die Szene, in der er mit seinem "Mama"-Gesäusel Marianne dazu bringt, Babsy, die kiezige Berliner Tramperin (Francesca Canola), in der Dachkammer zu beherbergen und ihr sogar ein Dirndl auszuleihen.
Mordverdacht: Mord oder Selbstmord? Der angebliche Tod des Spenglers Herbert setzt alle unter Schock: v.l. Max (Manuel Mitschke), Barbara (Marina Hentschel), Gretl (Diana Laaber-Canola), Marianne (Marion Regnet) und ihr Mann Toni (Georg Küfner).
Nicht Auto benutzen 2: Wie hat sich der Reisighof-Bauer (Georg Küfner) die schlimme Beule zugezogen, die er mit einem Pflaster verdeckt? Seine Frau Marianne (Marion Regnet) begutachtet die Wunde. Sein Kumpel Max (Reiner Hofmann) hilft ihm beim Erfinden von Notlügen.