Der Trabant ist eines der Symbole der ehemaligen DDR. Der Mainleuser Dieter Weith hat sich in die Rennpappe verliebt und ist stolzer Besitzer eines seltenen Modells. Fast täglich fährt er damit und erlebt allerhand Kurioses.
Schorsch hat viele Geschichten zu erzählen. Er zieht die Menschen an, lädt sie ein in Erinnerungen zu schwelgen und zaubert ihnen ein Lachen aufs Gesicht. Schorsch erzählt diese Geschichten nicht selbst, das macht sein stolzer Besitzer Dieter Weith. Denn Schorsch ist ein Auto, ein seltenes. Er ist ein hellblauer Trabant der Baureihe 1.1, dem letzten Modell der im DDR-Volksmund Rennpappe genannten Fahrzeuge.
Mit dem ruckelnden und knatternden Zweitakter, dem Trabant 601, hat Schorsch nicht allzu viel gemeinsam.
In ihm schlummernd ein Viertaktmotor von Volkswagen, der auch im Polo verbaut wurde. Durch eine deutsch-deutsche Zusammenarbeit kam das ungewöhnliche Trabant-Modell kurz vor dem Ende der DDR auf die Welt. Äußerlich und auch von der Inneneinrichtung ist der Trabant 1.1 nur für den Kenner als späte technische Revolution der DDR-Planwirtschaft zu erkennen. Es gibt eine Motorhaube aus Blech, einen Schalthebel statt der Krückstockschaltung am Lenkrad und im Inneren den Viertakter.
"Es ist alles original", sagt Dieter Weith und fügt an: "Außer das Trabant-Zeichen vorne". Das steht stolz auf der Motorhaube, wie bei einem alten Mercedes. Seit 2005 ist der 59-jährige Weith aus Mainleus stolzer Besitzer des Trabant 1.1. Von der Rennpappe fasziniert, sei er schon viel länger gewesen.
Verliebt in die Rennpappe Bereits vor der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR hatte seine Frau Marianne über die Kirche eine Brieffreundin in einem Ort nahe Dresden. Dort ist die Familie einmal im Jahr mit ihrem VW-Käfer hingefahren. Weith erinnert sich noch an eine Grenzkontrolle, bei der sein Auto gefilzt wurde, weil er vergessen hatte die Teppichfliesen in der Zollerklärung anzugeben. Sogar in den Plüschfrosch der Tochter haben die DDR-Grenzer mit einer langen Nadel hinein gestochen.
Als dann 1989 das Regime in Ostberlin zerfallen ist, war er von Montag bis Freitag in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt unterwegs. Als Gebietsverkaufsleiter der Nähmaschinen Firma Pfaff hat er viele ehemalige Werkstätten des DDR-Pendant Veritas in die Selbstständigkeit begleitet.
Bei Soljanka und einen "ekligen braunen Schnaps" entwickelten sich mit den Geschäftspartner Freundschaften. Einige davon haben bis heute gehalten, sagt Weith. Und eine kleine Liebe baute sich dort auch auf, die zum Trabant. Neben dem Auto und seiner überschaubaren Technik, faszinierte Weith auch das besondere Verhältnis der DDR-Bürger zu ihren Autos. Vielleicht führten die bis zu 18 Jahre Wartezeit dazu, mutmaßt Dieter Weith. Jedenfalls war auch seine Neugier auf den Trabant geweckt.
Die erste Fahrt in einem dieser Gefährte ließ daraus Begeisterung werden. Was für viele DDR-Bürger oft eine bittere Notwendigkeit war, ist für Dieter Weith bis heute ein Pluspunkt: "Am Trabant kann man alles selber machen." Dazu hat er sofort eine seiner vielen Trabant-Geschichten bereit. Auf seiner längsten Reise nach Kroatien drang Wasser durch die Frontscheibe, eine Gummidichtung war defekt. "Ich habe einfach im nächsten Wald angehalten, Harz von einem Baum geholt, mit dem Feuerzeug erhitzt und die Stelle abgedichtet, dass hält bis heute", sagt Weith.
Doch bevor er mit seinem Schorsch solche Abenteuer erleben konnte, dauerte es bis 2005. Von der ersten Fahrt in einem Trabant bis zu seinem eigenen ließ ihn das Auto nie los. Bei einem Freund im thüringischen Schmalkalden fuhr er regelmäßig damit. Als er sich 2005 mit seiner Pension Maintal in Mainleus selbstständig machte, suchte er nach etwas besonderem, dass er den Gästen anbieten könne, erinnert sich Weith. Da kaufte er sich den Trabant 1.1 für 3000 Euro bei einer Firma, die sich auf die Restaurierung von Trabant und Wartburg spezialisiert hatte.
Trabant als Gäste-Magnet Somit konnten die Gäste der Pension einen Wochenendurlaub mit Fahrt im Trabant und Picknickkorb mit oberfränkischen Spezialitäten buchen. Es sei über einige Jahre sehr gut angenommen worden, aber manche Leute gingen mit dem hellblauen Trabbi nicht besonders pfleglich um. Seit dem fährt er seinen Schorsch fast nur noch selber - täglich, außer im Winter, wegen dem Salz.
Keine Probleme mit der BandscheibeWeith habe sich bewusst für das Modell mit dem VW-Motor entschieden. Beim alten Trabbi stank es ihm zu sehr nach Öl und die Schaltung am Lenkrad sei auch ein wenig gewöhnungsbedürftig. Bei einer Fahrt mit Schorsch muss man ohne Servolenkung, Bremskraftverstärker und vieles weitere auskommen. "Im Radio kann man nur Deutschlandfunk hören, UKW kann man nicht empfangen, dass mochten die DDR-Oberen nicht so", sagt Weith und lacht. Trotz seiner 1,87 Meter Größe sitzt er bequem. Auch seine anfälligen Bandscheiben machen im Trabant keine Probleme.
Es vergehe kaum ein Tag, an dem ihm niemand zu winke oder Leute ihn wegen dem Trabant ansprechen. "Es ist wie mit einer Dampflok, das Auto spricht die Menschen an." Nur ein negatives Erlebnis verbindet er mit seinem Trabbi. In Österreich nannte ihn ein Einheimischer in einer stressigen Verkehrssituation mal "Trabant-Scheißer", erinnert sich Weith und grinst. Seine Vision, sein Traum ist noch ein zweiter Trabant, den er zum Cabrio umbauen will. Bis es vielleicht soweit ist, fährt er noch mit seinem Schorsch und einem Campingstuhl im Kofferraum zu seinem Lieblingsplatz am Lindenberg.
Wie der Trabant zum VW-Motor kamGeschichte Der Trabant 1.1 ist das letzte Fahrzeug der Trabant-Baureihe aus dem VEB Sachsenring Automobilwerke. Mitte der 80er Jahre kooperierte Trabant mit VW und erwarb die Lizenz zum Bau von Viertaktmotoren. Optisch gab es beim 1.1 nur geringe Veränderungen zum Trabant 601, so eine Blechmotorhaube und einen seitlichen Tankeinfüllstutzen. Gebaut wurde der 1.1 von 1989 bis 1991. Er hatte rund 40 PS. Insgesamt baute Trabant 39.474 Modelle des 1.1.