Verdi zeichnet treue Mitglieder aus Kulmbach für ihre langjährige Treue aus. Hans König und Paul Eckenberger sind seit 70 Jahren dabei.
"Solidarität ist der Kitt unserer Gesellschaft." Das sagte Verdi-Landesfachbereichsleiter Hubert Thiermeyer bei der Ehrung treuer und verdienter Gewerkschaftsmitglieder aus Kulmbach in der Gaststätte "Einkehr zur Schmiede". Der Festredner war eigens aus München angereist und voll des Lobes: "Ihr habt für gesunde Arbeitsbedingungen und eine bessere Gesellschaft gekämpft."
Viele von Altersarmut bedroht
Thiermeyer kritisierte die aktuellen Zustände in der Bundesrepublik, in der fünf Familien allein so viel besäßen wie 40 Millionen Menschen im Land. "Dabei kommen von den zehn Reichsten in Deutschland fünf aus dem Handel", sagte er, einer Branche also, in der die meisten Mitarbeiter in Teilzeit gedrängt würden und als sogenannte "Aufstocker" tätig seien. Die Folge: 70 Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel seien von Altersarmut bedroht.
Für das Jahresgehalt eines DAX-Vorstands müsse ein einfacher Arbeiter 57 Jahre arbeiten, für das Gehalt eines Winterkorn ein Kfz-Mechaniker gar 500 Jahre, so der Referent. "Da kann es nicht sein, dass Unternehmen wie Amazon in Deutschland nicht einmal Steuern bezahlen."
Umso wichtiger sei es für Verdi, dass es Mitglieder gebe, die seit vielen Jahren ihren Kampf gegen die Ungerechtigkeit unterstützen. Menschen wie Hans König oder Paul Eckenberger, die für ihre 70-jährige Mitgliedschaft geehrt wurden.
Den Traumberuf gefunden
Mit 16 Jahren war der inzwischen 86-jährige Hans König in die Gewerkschaft eingetreten, gleich nach dem Krieg. Als Flüchtling aus Schlesien kam er Ende 1945 nach Kulmbach und arbeitete zunächst als Hilfsarbeiter bei einem Bauern in Leuchau. "Mein Traumberuf war immer Förster, aber das konnte ich nicht lernen - da bin ich auf Anraten Schreiner geworden." Später schulte er um, wurde technischer Zeichner und hat bis zu seiner Rente im Kulmbacher Bauamt gearbeitet. "Da hatte ich dann doch meinen Traumberuf gefunden", erzählte König.
Für die Gewerkschaft hat er als Rentner die Verdi-Senioren in Kulmbach übernommen und 15 Jahre lang Wanderführungen organisiert. Die Vereinigung trifft sich noch heute unter der Leitung von Hans Werther regelmäßig in der "Schmiede".
Als Lehrling zur Wehrmacht eingezogen
Auch der 87-jährige Paul Eckenberger blickt auf sieben Jahrzehnte Mitgliedschaft in der Gewerkschaft zu zurück. Der gebürtige Nürnberger kam 1960 des Berufs und der Liebe wegen nach Kulmbach. Davor war er in Nürnberg bei der Post als Telegrafenbaulehrling beschäftigt, und das in einer schweren Zeit, direkt nach dem Krieg. "Wir mussten alles selbst machen, auch Masten aufstellen, und zwischendurch wurden wir immer wieder einige Stunden zum Schuttaufladen abkommandiert", erinnerte sich der Rentner, der in seinem ersten Lehrjahr sogar noch zur Wehrmacht eingezogen wurde.
"Wir hoffen, dass wir vielen jungen Leuten durch ein solches Engagement zeigen können, was Menschen auf den Weg gebracht haben", sagte Ortsvereinsvorsitzende Angela Gantke. Und Peter Igl, Geschäftsführer von Verdi Oberfranken-Ost, lieferte noch eine interessante Information zur Entwicklung: "Seit einem Jahr sind bei Verdi mehr Frauen als Männer organisiert."
Die Geehrten im Überblick
70 Jahre Hans König und Paul Eckenberger
50 Jahre Elmar Gahn, Arthur Kiessling, Konrad Mündel und Kurt Raeder
40 Jahre Alfred Bayer, Dieter Fichtner, Heinz Leykam, Stefan Opel und Roman Schmidt
25 Jahre Martina Baran, Werner Diersch, Cemile Dogru, Klaudia Klötzer, Petra Kohles, Erika Ramming, Christine Vieth und Hans Werther
up