Die Zahl der Bedürftigen bei der Kulmbacher Tafel hat sich durch Ukraine-Krieg und Preisexplosionen verdoppelt. Doch viele Freiwillige, die sich melden, hätten völlig falsche Vorstellungen von der Arbeit, erklärt die Vorsitzende.
- Kulmbach: Tafel sucht weiter dringend nach Mitarbeitern
- "Mehr als verdoppelt": Andrang wegen Preisexplosion und Ukraine-Krieg riesig
- "Nur ein- bis zweimal da": Tafel-Chefin berichtet von falschen Helfer-Vorstellungen
Die Kulmbacher Tafel hat weiterhin mit starker Überlastung zu kämpfen. Seit Anfang Mai, als inFranken.de über die Situation berichtete, habe sich kaum etwas verbessert, erklärt die Vorsitzende Elfriede Höhn auf Anfrage. Zwar hätten sich auf Berichterstattung und Aufrufe immer wieder Freiwillige gemeldet. Doch die Erfahrungen mit den potenziellen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen seien meist ernüchternd gewesen. Gleichzeitig kämen immer mehr Menschen zur Tafel.
"Andere Vorstellungen von Tätigkeit": Tafel erlebt Riesen-Andrang - doch Helfer kommen einfach nicht mehr
"Es fehlen uns immer noch Mitarbeiter", berichtet Höhn. "Es kommen zwar welche nach, aber die haben andere Vorstellungen von der Tätigkeit, als die Arbeit bei der Tafel wirklich ist." Was sie damit meint? "Wir sind hier nicht zum Kaffeetrinken oder zum Plausch. Das klingt zwar hart, aber es ist einfach der Fall." Sich bei der Tafel zu engagieren, sei "wirklich Knochenarbeit, gerade auch für die Fahrer, die die Kisten von der Rampe ein- und ausladen müssen".
Viele seien "nur ein- bis zweimal da und kommen dann nicht mehr". Ein anderes Problem gebe es beim Obst und Gemüse. "Hier ist der Geruch beim Aussortieren eben nicht immer angenehm und damit rechnen gerade viele Frauen nicht", schildert sie ihre Erfahrungen. Gleichzeitig habe sich die Zahl der Bedürftigen, die zur Kulmbacher Tafel kommen, "mehr als verdoppelt".
Gründe seien der Ukraine-Krieg und deutlich gestiegene Kosten in allen Bereichen. "Wer früher so über die Runden gekommen ist, der geht jetzt zur Tafel", berichtet Höhn. "Diese Leute haben es nötiger denn je." Doch die Lebensmittel reichten nicht. "Wo es sonst gut gelangt hat, müssen wir jetzt einteilen."
Kulmbacher Tafel-Chefin sieht nur eine Option der Besserung - "bleibt Wunschtraum"
Denn die Supermärkte würden nun anders kalkulieren. "Da bleibt für die Tafeln nicht mehr so viel übrig. Es ist aber natürlich aus Sicht der Märkte recht und billig, dass man reduzierte Ware möglichst verkauft, denn auch dort geht es ja darum, zu bestehen." Während Corona habe die Kulmbacher Tafel ihre Ausgabetermine von zwei auf einen Tag pro Woche reduziert.
Einen Aufnahmestopp wie bei manch anderen Tafeln will man aber in Kulmbach vermeiden, sagt Höhn. "Wir haben es nie gemacht und wir werden es auch nicht machen." Zum einen hätten die "neuen Leute ja auch den Bedarf", zum anderen "macht es keinen Sinn, wenn ich dann nach acht Wochen auf einmal Scharen an Menschen hier habe".
Vielleicht sollte man die Kunden der Tafel verpflichten monatlich eine gewisse Arbeitsleistung zu erbringen
Es kommt durchaus vor, dass die Menschen denen geholfen wird, veruchen sich zu revanchieren und bei der Ausgabe mithelfen. Aber leider nur in sehr kleiner Zahl. Und gerade die jüngeren, gesünderen haben oft eine Chill- und Anspruchsmentalität, da wird es schon als Zumutung empfunden, wenn man anstehen muss. Bei vielen Tafeln arbeiten Menschen mittleren und höheren Alters. Und dass die Tafeln gemeinnützige Organisationen sind, die das gar nicht tun
m ü s s t e n interessiert auch nicht. Eher: Ich habe Anspruch, ich will bedient werden, Rest ist mir egal. Die Menschen arbeiten ehrenamtlich für ihre Mitmenschen und hätten es nicht nötig, sich teilweise auch noch anmaulen zu lassen, weil die Taschen zu leer sind oder keine Wunschartikel enthalten. Gerade in den heutigen schwierigen Zeiten würde es helfen, wenn man diejenigen, die gesund sind und Zeit haben verpflichten könnte, sich sozial zu betätigen. Kann man aber gesetzlich nicht durchsetzen, da die Tafeln keine staatlichen Einrichtungen sind. Und bei anderen Einrichtungen geht das politisch gewollt nicht, da die Regierung ja immer mehr auf bedingungslose Leistungen setzt. Bloß niemanden zur Arbeit zwingen, der keine Lust hat (hier ist ja nicht die Rede von Menschen, die gesundheitlich eingeschränkt sind oder einfach zu alt für einen kleinen Dienst).