Die Kulmbacher Stadtwerke sind seit Januar Stromlieferant und laut Leiter Stephan Pröschold von der hohen Nachfrage überrascht.
Die regionale Wertschöpfung und der Ansprechpartner vor Ort: zwei Gründe, die laut Stadtwerke-Leiter Stephan Pröschold viele Bürger dazu bewogen haben, sich Strom vom städtischen Eigenbetrieb liefern zu lassen. Seit Anfang Januar sind die Stadtwerke Stromlieferant. Die Entscheidung, sich ein neues Geschäftsfeld zu eröffnen, war offenbar goldrichtig.
Die Kulmbacher Stadtwerke liefern seit Jahresanfang Strom. Wie viele Kunden haben sie schon? Es geht in Richtung 6000 Kunden. Unsere Erwartungen wurden damit mehr als übertroffen. Wir peilen mittelfristig eine fünfstellige Kundenzahl an. Was die Versorgungsquote in der Stadt betrifft, wollen wir nahe an die 100 Prozent herankommen. Das ist ein Ziel, das wir zusammen mit OB Henry Schramm, dem Werkausschuss und dem Stadtrat verfolgen.
Welche Umsätze erhoffen sich die Stadtwerke mittelfristig vom neuen Standbein Stromversorgung?Wir haben - ohne die Stromversorgung - schon jetzt einen Umsatz von um die 35 Millionen Euro, wobei Gas mit 22 Millionen Euro unser größtes Geschäftsfeld darstellt. Wir wollen mit der Stromversorgung ein zweites Standbein aufbauen, das sich ähnlich wie die Gasversorgung entwickeln soll.
Neben dem Gedanken, sich ein neues Geschäftsfeld zu erschließen, sprechen die Stadtwerke von der lokalen Wertschöpfung, die sie durch den Stromverkauf steigern wollen. Was bedeutet das?Wir stärken unsere Region durch die Erhöhung der lokalen Wertschöpfung. Mit der Rekommunalisierung der Stromversorgung nutzen wir die Chance, die Zukunft unserer Heimat aktiv mitzugestalten. Anders als bei überregionalen Anbietern investieren wir die erwirtschafteten Gewinne direkt vor Ort - beispielsweise in unser Hallenbad, Freibad oder die Eisbahn.
In Kulmbach zahlen die Kunden bis 2000 Kilowattstunden 25,07 Cent brutto und ab 2000 kWh 24,78 Cent, im Landkreis 25,70 bis 2000 kWh und darüber hinaus 25,41 Cent. Warum ist der Strompreis unterschiedlich?Der von uns verlangte Energiepreis ist in Stadt und Landkreis gleich. Das unterschiedlich viel gezahlt wird, liegt daran, dass es unterschiedliche Netzbetreiber gibt, die andere Entgelte verlangen. Vielerorts ist Bayernwerk der Netzbetreiber, in der Stadt Kulmbach ist es seit 2016 die neu gegründete Stromnetz Kulmbach GmbH & Co. KG.
Wie lange können die Stadtwerke ihren Stromreis garantieren?Wir haben feste Strompreise für 2017 angeboten, für Kunden, die sich länger binden, für 2017 und 2018. Auf die Erhöhung von Abgaben und staatlichen Umlagen wie die EEG-Umlage haben wir keinen Einfluss. Diese müssen wir wie alle Energieversorger an die Kunden weitergeben.
Der Tarif "Stromfix" garantiert zu 100 Prozent zertifizierten Ökostrom, erzeugt aus regenerativen Quellen. Wie ist die Zusammensetzung? Wird der Strom in der Region produziert?Der größte Teil kommt aus der Wasserkraft. Unser mittelfristiges Ziel ist es, den Strom aus der Region in unsere Angebot zu integrieren. Das ist aber gar nicht so einfach, denn bei uns wird Strom überwiegend durch Windkraft und große Photovoltaik-Anlagen produziert, die über die EEG-Umlage gefördert werden. Der Strom wird direkt eingespeist. Da kann man sich nicht einkaufen.
Warum bieten die Stadtwerke nicht auch weitere Tarife mit einem Strommix an, die sicherlich günstiger kalkuliert werden könnten?
Die gesellschaftliche Entwicklung ist so, dass der Trend hin zu Ökostrom geht. Für uns war es von Anfang an klar, dass wir auf Ökostrom setzen. So tragen wir mit unseren Kunden zum Klima- und Umweltschutz bei.
Neukunden erhalten einen Bonus. Was ist das für ein "Zuckerl"?
Das Vertrauen in uns belohnen wir mit einem Gutschein über 15 Euro pro abgeschlossenem Stromliefervertrag. Das Geld kann bei vielen Kulmbacher Händlern eingelöst werden, die sich dankenswerterweise an einem Gemeinschaftsprojekt beteiligen. So fließen jetzt schon über 75 000 Euro in den heimischen Handel. Fünf zusätzliche Euro konnte jeder Kunde bis dato einem Verein zugute kommen lassen. Es kommtbald zur Ausschüttung von rund 25 000 Euro. Wer von uns schon Gas bezogen hat und auch Stromkunde wird, erhält einen Treuebonus in Höhe von 30 Euro.
Die Konkurrenz ist groß. Mit einem Klick auf den Online-Button wechseln Stromkunden auf Vergleichsportalen in Sekundenschnelle den Anbieter. Viele bieten einen hohen Neukundenbonus. Wie rüsten sich die Stadtwerke für den harten Wettbewerb?Der Preis ist für viele, die sich uns angeschlossen haben, nicht allein ausschlaggebend. Dabei haben wir diesen, das kann ich versichern, sehr seriös kalkuliert. Er kann sich im regionalen Vergleich wirklich sehen lassen.
Viele Kulmbacher tragen unser Konzept der Rekommunalisierung mit, suchen den Ansprechpartner vor Ort, der nicht die Gewinnmaximierung im Blick hat. Einen großen Lockbonus können und wollen wir nicht bieten. Wir setzen auf die Zufriedenheit unserer Kunden und die daraus resultierende Mund-zu-Mund-Propaganda.
Per Wurfsendung verschicken andere Anbieter aus der Region Werbung, die in den Briefkästen der Kulmbacher landet. So werben auch die Stadtwerke Bayreuth. Ist das ein Weg, den auch die Kulmbacher Stadtwerke beschreiten?
Wir konzentrieren uns zuallererst auf Stadt und Landkreis Kulmbach, wobei ich nicht ausschließen mag, dass die Ziele irgendwann neu gesteckt werden. Das muss dann aber der Werkausschuss entscheiden. Wir werden aber natürlich keine bundesweite Werbeaktion starten. Trotzdem sind wir vielleicht bald auch überregionaler Stromversorger. Beim Gas hat es sich nämlich ergeben, dass die Stadtwerke nicht nur Kulmbacher Firmen, sondern oft auch deren Tochterunternehmen in ganz Deutschland mit versorgen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es beim Strom eine ähnliche Entwicklung gibt. Wir stehen da mit vielen namhaften Kulmbacher Betrieben in Verhandlungen.