OB Henry Schramm und Stefan Leible, Präsident der Universität Bayreuth, haben ein Konzept entwickelt, das im Ministerrat auf Zustimmung stieß.
Wenn ein glücklicher OB Henry Schramm am Donnerstag davon sprach, dass er in den vergangenen Tagen Hunderte von Telefongesprächen geführt hat, mag dies zeigen, wie intensiv die Vorbereitung gewesen ist. Die Stadt hatte sich auf das eine Projekt konzentriert, es gemeinsam mit der Uni Bayreuth konzipiert und bei Unterstützern wie Entscheidern massiv dafür geworben.
Die Stadt verliert etwa ein Prozent ihrer Bevölkerung pro Jahr, es gibt städtebauliche Herausforderungen - auf der anderen Seite lässt es sich in
Kulmbach günstiger leben als in größeren Nachbarstädten. Und die Kompetenz als Lebens- und Ernährungsstandort ist da.
Akademischer Überbau fehlt
Allerdings fehlt bei all dem ein akademischer Überbau, den ein Campus für Lebensmittel und gesunde Ernährung bilden könnte. Ein möglicher Standort dafür könnte nach den Vorstellungen der Stadt das ehemalige Güterbahnhofsgelände mit rund 40 000 Quadratmetern sein, das aktuell der Kulmbacher Brauerei gehört. Es liegt einerseits zentral - und andererseits in direkter Nachbarschaft zur Alten Spinnerei, die gerade mit hoher Förderung durch den Freistaat Bayern saniert und umgebaut wird.
In dem gemeinsamen Konzept von Stadt und Uni geht man von 20 Lehrstühlen und 1000 Studienplätzen aus. Ob dies so kommt, hängt nun vom weiteren Fortgang ab.
Der Ministerpräsident machte am Dienstag deutlich, dass es jetzt an den Beteiligten liege, das Konzept weiter zu verfeinern und umsetzungsreif zu machen. Dann werde man sehen, wie man es finanzieren könne.
Reaktionen"Historisch" war ein Begriff, den am Dienstag in vielen Reaktionen vorkam:
"Ich habe seit vielen Jahren darauf hingearbeitet und werde auch jeden Tag, den ich im Amt bin, weiter daran arbeiten", betonte Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU). Jetzt werde es an die Umsetzung gehen.
Stefan Leible, Präsident der Universität Bayreuth, wertet das Ergebnis der Kabinettssitzung als wunderbare Entscheidung für Kulmbach. "Es ist der gemeinsame Wunsch der Stadtspitze und der Hochschule gewesen, in Kulmbach eine eigenständige Fakultät für Lebensmittel und Gesundheit zu bekommen."
Leible sagte, der Campus solle für bis zu 1000 Studenten ausgelegt werden, dazu bedürfe es nach seiner Einschätzung etwa 20 Professuren. "Natürlich müssen nun genaue Planungen ausgearbeitet werden. Es braucht die Räumlichkeiten, in denen gelehrt wird, danach sind die Stellen auszuschreiben und so weiter. Es ist also noch viel zu tun." Leible hofft, dass die ersten Studierenden zum Wintersemester 2019 nach Kulmbach kommen.
"Das ist sicherlich ein sportlicher Zeitrahmen und hängt nicht zuletzt davon ab, wie schnell die Staatsregierung die Mittel für den Campus bereitstellt."
Auch Landrat Klaus Peter Söllner (FW) zeigte sich "hochzufrieden". Der Ministerpräsident habe von einer zügigen Umsetzung gesprochen. Zudem, so Söllner, habe er auch weitere wichtige Punkte am Rande der Sitzung ansprechen können.
"Ein historischer Tag für Kulmbach", fasste MdL Martin Schöffel (CSU) seinen Eindruck zusammen. Er zollte OB Schramm und Unipräsident Leible Lob für das Konzept, das man klar habe unterstützen können.
"Ich begrüße es außerordentlich, dass in Kulmbach eine Hochschuleinrichtung verwirklicht wird. Mit der Möglichkeit, in Kulmbach eine Hochschuleinrichtung zu besuchen, machen wir den Standort für junge Menschen attraktiv und positionieren uns auf dem Lebensmittel- und Gesundheitssektor", betonte Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD).
Zweiter Bürgermeister Stefan Schaffranek (WGK) sprach von einem "historischen Ereignis". Der Campus sei "ein Schlüssel, um Kulmbach weiterzuentwickeln".
am/jn
KommentarDer Spruch "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", wird Helmut Schmidt nachgesagt. So habe er das gar nicht gemeint, korrigierte er später in einem Interview, wusste er doch sicher selbst auch, dass es in der Politik wichtig ist, manchmal ein wenig zu träumen.
Gerade auf kommunaler Ebene gibt es zu viele Verantwortliche, die das, was ihnen anvertraut wurde, eher verwalten als Überlegungen anzustellen, wie es besser (gemacht) werden könnte.
In Oberfranken jedenfalls sei man inzwischen so weit, dass nicht mehr nur gejammert und Geld aus München gefordert werde, wie dies früher vielleicht einmal der Fall gewesen sei - heute würden hier vielmehr Konzepte entwickelt, die geprüft und gefördert werden könnten, sagte gestern Staatsministerin Melanie Huml.
Wie das geht, hat Kulmbachs Oberbürgermeister Henry Schramm nun vorgemacht. Gemeinsam mit der Uni Bayreuth hat er Überlegungen angestellt und ein Konzept entwickelt, das gestern vom Kabinett akzeptiert wurde.
Kulmbach hat sich in all den Jahren manchmal wie ein "Oberzentrum light" gefühlt, denn im Vergleich mit den starken Nachbarstädten Bayreuth oder Bamberg sah man sich oft von Entwicklungen abgehängt oder mit Problemen alleingelassen.
Eine Rolle dabei hat sicher auch gespielt, dass die Einigkeit in Oberfranken auch heute manchmal noch ausbaufähig ist. Kaum denkt eine Teilregion über ein Projekt nach, schielen schon die Nachbarn argwöhnisch darauf und fordern vielleicht sogar, dabei auch bedacht zu werden.
Als Henry Schramm 2015 die Idee des Medizincampus öffentlich gemacht hat, gab es einerseits Kritik, andererseits Versuche, rasch etwas Ähnliches zu etablieren. Das Projekt selbst kam in Kulmbach nicht voran, kann aber den Boden für das bereitet haben, was nun am Dienstag vom Kabinett abgesegnet wurde.
Der Vorteil dieser Idee: sie ist auf Kulmbach zugeschnitten und ist nur hier sinnvoll, denn die Partner für den Campus gibt es bereits. Sie können die universitäre Einrichtung befruchten, sie unterstützen und am Ende von ihr profitieren - wie im Idealfall dann die gesamte Region.
Jetzt kommt es darauf an, dass sich die Beteiligten vor Ort rasch auf die Feinarbeit an dem Konzept verständigen, was angesichts der Vorarbeit nicht allzu schwer sein sollte. Das Wort des Ministerpräsidenten steht, dass es eine starke Einheit werden soll - insofern sollten sich auch aus München keine Hindernisse mehr auftun.
Respekt muss man OB Henry Schramm zollen, der seit geraumer Zeit an der Idee gefeilt hat, sich bei allen Unterstützern und Entscheidern immer wieder in Erinnerung gerufen und am Ende den Erfolg geerntet hat. Hier hat sicher auch die ausgezeichnete Beziehung zum Ministerpräsidenten geholfen, der ja versprochen hatte, dass er Kulmbach nicht vergessen werde. Geholfen hat aber auch, dass Stadt und Uni den Mut gehabt haben, eine Vision zu entwickeln, die nun umgesetzt werden kann.