Eltern in der Kritik: Trotz hohem Risiko etliche Kinder in der Notbetreuung

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Die Notbetreuung im Kindergarten wird offenbar langsam zum Regelbetrieb -mit allen negativen Konsequenzen.
Die Notbetreuung im Kindergarten wird offenbar langsam zum Regelbetrieb -mit allen negativen Konsequenzen.
Uwe Anspach

Die Corona-Pandemie hat viele Auswirkungen. Nun verzeichnen verstärkt auch Kindergärten und -tagesstätten höhere Infektionsraten - bei Kindern wie Mitarbeitenden. Bei der DIE KITA gGmbH ist die Lage angespannt, sagt Fachbereichsleiterin Elke Wuthe.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind mannigfaltig - gerade spüren die Einrichtungen der "DIE KITA" extrem, welche Herausforderungen daran gekoppelt sind.

Im Gespräch berichtet Fachbereichsleiterin Elke Wu­the über steigende Infektionszahlen, Mitarbeitende am Limit und Kleinkinder, die die Welt nicht mehr verstehen.

Mitarbeitende am Limit und Kinder, die die Welt nicht mehr verstehen

Frau Wuthe, Corona macht vor Kindertagesstätten und -gärten nicht Halt. Mittlerweile scheinen Betreuende, Eltern und Kinder an den Grenzen der Belastbarkeit angekommen zu sein. Wie stellt sich die Situation in Ihren Einrichtungen dar?

Elke Wuthe: Wir verzeichnen trotz aller Ansteckungsrisiken steigende Besuchszahlen der Kinder in der Notbetreuung. Im Januar dieses Jahres besuchten 26 bis 33 Prozent aller Kinder diese Notbetreuung, im Februar waren es schon bis zu 42 Prozent - im März sind wir bereits bei über 50 Prozent. Das Verhältnis aber ist in den einzelnen Einrichtungen sehr unterschiedlich verteilt. Es gibt Tagesstätten, in denen tatsächlich nur maximal ein Siebtel aller Familien die Betreuung ihrer Kinder in Anspruch nehmen, jedoch stehen denen auch viele Einrichtungen gegenüber - besonders in den Kinderkrippen und Kindergärten -, die mehr Betreuung nutzen, wir reden hier von 80 Prozent. Das ist quasi Normalbetrieb - und das wohlgemerkt vor dem Hintergrund einer 7-Tage-Inzidenz im Kulmbacher Land von über 300.

Sie mussten auch Schließungen vornehmen.

Leider ja, denn die Infektionsketten sind gerade in den jüngsten drei Wochen gestiegen. Im Vergleich zum Herbst 2020 hat sich die Lage verschärft. Damals hatten wir - bis einschließlich Januar - nur insgesamt fünf Teilschließungen vornehmen müssen. Zwischen Januar und Ende Februar waren es drei Teilschließungen und zwei Einzelfallquarantänen, seit Ende Februar bis Mitte März kamen drei weitere Schließungen hinzu. Nun taucht die britische Mutation verstärkt auf, die sich intensiv und rasch und bei Kindern unbemerkt verbreitete. Die bittere Folge ist: Allein seit vergangener Woche gibt es weitere fünf (Teil-)Schließungen, die noch nicht alle abgehandelt sind, da es weiterhin offene Infektionsketten gibt. Es können weitere Ansteckungen folgen.

"Hoffen, dass alle Kinder wieder regulär kommen dürfen"

Wie kommen Sie damit klar?

Es treibt uns die große Sorge um, dieser Kette Herr zu werden. Wir fragen uns, was wir selber tun können. Wir hoffen natürlich, dass alle unsere Kinder baldmöglichst wieder regulär kommen dürfen. Aber unter den jetzigen Umständen befinden wir uns in einer echten Ausnahmesituation. Die Belastung durch die Pandemie steigt für Familie quasi im Wochenrhythmus an, das ist uns völlig klar. Zeitgleich nehmen wir wahr, dass die Infektionen zuletzt rapide steigen. Das betrifft Kinder wie Mitarbeitende gleichermaßen. Wir halten die Abstands-, Hygiene- und Sicherheitsregeln bei uns bestmöglich ein, aber wir merken auch: Es lassen sich vor dem Hintergrund der infektiöseren Briten-Mutante des Virus offenbar nicht mehr alle Risiken ausschließen, selbst bei größtmöglicher Sorgfalt. Das lässt sich im Umgang mit Kindern ohnehin so nie umsetzen. Zumal die Kinder ja keine Masken tragen. Unsere Mitarbeitenden tun das natürlich. Was wir gewährleisten können: Wir trennen die einzelnen Gruppen in kleine Einheiten, das gilt auch für das Freigelände. Es wird versucht, in Etappen in den Garten zu gehen, was die Kinder schwer verstehen. Was wir nicht beeinflussen können: Was geschieht auf dem Weg zur und von der Einrichtung? Es ist auch kein Geheimnis, dass Kinder, die bei uns vormittags getrennt sind, nachmittags zu Hause als Nachbarn oder auf den Spielplätzen miteinander spielen.

Gibt es einen Hotspot bei Ihnen?

Die Wolfskehle hat es, wie bekannt, besonders schlimm erwischt, da waren von 13 Kindern 9 infiziert. Vier Mitarbeiterinnen waren infiziert, zwei davon mit schwererem Verlauf und Folgeinfektionen bis in die eigene Familie hinein. Eine Mitarbeitende ist auch nach Wochen noch nicht wieder vollständig genesen.

Wie kommen Sie Absteckungen auf die Spur?

Mitarbeiter können wir durch Selbsttests herausfiltern und sie werden dann, bei Bestätigung einer Infektion, sofort in Quarantäne geschickt. In der Folge tauchen - durch die Tests der Kontaktpersonen - weitere Fälle auf. Die Kinder zeigen in der Regel keine Symptome, vielleicht ein bisschen Fieber, sind aber eben infektiös.

Sind die Mitarbeitenden verpflichtet, sich jeden Morgen testen zu lassen?

Zwingend verpflichten können wir als Arbeitgeber niemanden. Aber alle unsere Beschäftfgten sagen sich - aus Eigenschutz und aus Verantwortung ihren eigenen Angehörigen gegenüber: Ja, wir testen uns alle.

Bei den Schulen redet die Politik von verpflichtenden Tests vor dem Unterricht, wenigstens ein- oder zweimal pro Woche. Ließe sich das in einem Kindergarten überhaupt realisieren?

Es gibt Familien, die organisiere sich Selbsttests und wenden die auch an. Es besteht immer die Möglichkeit der Schnelltests im Testzentrum. Das ist natürlich nicht unbedingt angenehm - und es ist fraglich, ob es für Eltern zumutbar ist, regelmäßig ins Testzentrum zu fahren, bevor sie zur Arbeit gehen. Wenn wir Selbsttests in Kitas durchführen sollen, dann stellt uns das vor Fragen wie: Wer führt die durch? Unser Personal? Das ist mit Aufgaben auch außerhalb des regulären Betriebs schon belastet genug. Eine von wem auch immer abgestellte Person? Dann bleibt zu klären: Andererseits: Ist es anderen gegenüber zumutbar, sich möglicherweise dabei anzustecken? Da sind Fragen offen.

Wie sieht es aus, wenn eine Einrichtung schließen muss: Erhalten die Eltern dann Gebühren zurück, weil sie das Angebot ja nicht nutzen können?

Der Staat übernimmt ohnehin bereits jetzt einen Großteil der Betreuungskosten. Eltern erhalten grundsätzlich bei Kindern über drei Jahren 100 Euro Zuschuss, bei jüngeren auf Antrag und einkommensabhängig. Der restliche Beitrag an Eigenleistung sozusagen wird von den Einrichtungen für den allgemeinen Betriebsunterhalt, die Immobilie und zum Beispiel Ausbildungskosten verwendet. Und diese Kosten laufen ja weiter, weil die Einrichtung ja nicht komplett geschlossen hat, sondern den Notbetrieb aufrecht erhält - der höhere Anforderung stellt wie: Betreuung kleinerer und deshalb mehr Gruppen mit festem Personal; Umsetzen der Hygieneregeln mit den Kindern; Kontakt halten zu den Familien daheim usw. Daneben gibt es zusätzliche organisatorische und verwaltungstechnische Mehraufgaben wegen der Pandemie, genaues Dokumentieren der Anwesenden, übermitteln statistischer Zahlen und des Infektionsgeschehens an öffentliche Behörden usw. Dazu müssen wir ad hoc immer flexibel - je nach wechselnden Regelungen seitens der Regierung - trotzdem zur Verfügung stehen und wir tun das auch. Wenn Eltern Urlaub machen oder dass Kinder krank ist, muss der Pauschalbetrag ja auch entrichtet werden. Wir rechnen nicht nach Stunden ab, auch wenn Eltern nach Stunden buchen.

 

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