Klima in Oberfranken: Es wird wohl noch heißer und trockener

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Eine solche Trockenheit könnte Oberfranken künftig häufiger erleben.
Eine solche Trockenheit könnte Oberfranken künftig häufiger erleben.
Dietmar Gabbert

Während das Gemüse auf dem Feld verdorrt, wächst womöglich bald Wein an Oberfrankens Hängen. Was der Klimawandel bewirken kann, erläutert Mikrometeorologe Prof. Christoph Thomas.

Kaum Regen, über 30 Grad schon Mitte Mai, dazu schwere Unwetter: Die vergangenen Tage zeigen, wohin die Reise beim Klima gehen könnte. Oder ist das alles "nur" Wetter? Das wollten wir von Christoph Thomas wissen. Der Bayreuther Professor für Mikrometeorologie untersucht solche Phänomene wissenschaftlich.

Es kündigt sich bereits wieder ein äußerst trockenes Jahr an, der Mai war zudem bereits sehr warm. Dreht der Klimawandel in Oberfranken die Regler weiter auf?

Christoph Thomas: Wir in Oberfranken sind weiterhin mitten drin in der Klimakrise, es geht im gestreckten Galopp weiter: wärmer und weniger Wasser für Mensch, Pflanze und Tier. Das Tempo der Klimakrise ist über die 30-jährigen Referenzperioden der jüngsten 60 Jahre in etwa gleichgeblieben: Alle zehn Jahre wird die Luft um 0,3 bis 0,4 Grad wärmer, das heißt: Jeder Tag ist wärmer um diesen Betrag! Aber es gibt natürlich Unterschiede innerhalb des Jahres: Rekordverdächtig erwärmten sich der Januar, April und August mit fast +2,0 Grad zwischen 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020, das bedeutet kein Schnee, Frühjahrsdürre und Sommerhitze. Hingegen war es im September und Oktober mit "nur" 0,5 Grad gemächlich wärmer. Übrigens blieb der Jahresniederschlag in demselben Zeitraum gleich, jedoch gibt es auch hier klare Gewinner und Verlierer: Januar bis April werden trockener, der April ist sogar auf die Hälfte zusammengeschrumpft. Hingegen werden die Sommermonate Juli bis September feuchter mit einem Plus von bis zu 25 Prozent. Aber Vorsicht: Die steigenden Temperaturen erzeugen Wassermangel und Dürre auch ohne ausbleibenden Niederschlag, da die Verdunstung kräftig angekurbelt wird. Dadurch bleibt weniger im Boden, für Trinkwasser und in den Flüssen.

Fünf der zehn wärmsten Jahre seit Aufzeichnungsbeginn 1881 lagen zwischen 2011 und 2019, die Rede ist von einem Anstieg der Temperatur um bis zu 2 Grad. Was bedeutet das für Land- und Forstwirtschaft?

Unsere Messungen zeigen, dass der Temperaturanstieg in Oberfranken sogar noch stärker als zwei Grad ausfällt, die letzten sehr warmen Jahre lagen bereits weit über dieser Marke. Das liegt an der Ferne zum ausgleichenden Meer. Festzuhalten wäre: Es gibt keinen "sicheren" Klimawandel, auch wenn politische Kompromisse mit einer angestrebten Deckelung auf deutlich unter besagten zwei Grad (mit 1,5 Grad) das glauben machen. Wir alle spüren bereits die Folgen: geringere Vorhersagbarkeit der jahreszeitlichen Witterung, stärkere Unterschiede innerhalb und zwischen Jahren, Hitzewellen, plötzlicher Starkregen und langanhaltenden Dürren. Pflanze und Tiere einschließlich uns Menschen tun sich schwerer, sich anzupassen und zu gedeihen bei dem Hin und Her. Vor allem Wälder wachsen langsam und lange und können Extremereignisse nicht gut vertragen. In der Land-/Wasserwirtschaft muss Wasser eingespart und bevorratet werden, das ist teuer und bedeutet immense Anstrengungen. Bewässerung von Feldern kann kostspielige Linderung für die nächsten Jahrzehnte bringen.

Der Temperaturanstieg bewirkt auch ein Ausbleiben von Schnee und Eis im Winter, dadurch aber fehlen Wasserreserven im Boden für Frühjahr und Sommer. Gilt das für alle Regionen oder gibt es Ausnahmen?

Das gilt generell für alle Regionen, da überall die Temperaturen steigen. In einer sich stark erwärmenden Welt wird Wassermangel nicht durch ausbleibenden Niederschlag erzeugt, sondern durch stark erhöhte Verdunstung infolge der heißeren Luft. Sozusagen ein Dauerwassermangel. Wenn dann der Regen noch ausbleibt, dann gibt es schnell Dürre. Heuer waren der Februar und der April 30 Prozent feuchter, dagegen der März um 70 Prozent zu trocken. Der Mai hat in den ersten 20 Tagen nur fünf statt der üblichen 60 Millimeter Regen gebracht, das ist weniger als zehn Prozent.

Je wärmer es wird, desto größer die Gefahr von Starkregenereignissen wie beispielsweise 2021 an der Aisch. Wie bedingt das eine Extrem das andere?

Das hat mit der Veränderung in der Art des Niederschlags zu tun. Wir haben häufiger sogenannten konvektiven Niederschlag, wie von Gewittern. Große Hitze verzögert erstmal die Wolkenbildung, da die Luft mehr Feuchtigkeit als Wasserdampf aufnehmen kann. Es brodelt also länger in der Atmosphäre. Wenn dann aber der Punkt der Wolkenbildung erreicht wird, wird schlagartig sehr viel Energie freigesetzt, was zu weiterer Erwärmung und noch mehr Kondensation führt. Sozusagen ein Schneeballeffekt in der Luft, der große Tropfen mit Starkregen erzeugt. Das ist der typische Niederschlag der feuchten Tropen! Im Gegensatz verliert der typische, an den Wechsel von großen Luftmassen gebundene Frontalniederschlag, der Landregen, etwas an Bedeutung.

Gibt es für Sie als Forscher auch positive Eigenschaften des Klimawandels?

Als Forscher beobachte und erkläre ich zunächst die Muster, Prozesse und ihre Veränderungen, ohne zu bewerten. Das ist extrem spannend und befriedigend, da ich lerne. Aber als Mensch bewerte ich natürlich - und die Erkenntnisse füllen mich zutiefst mit Sorge, denn die galoppierende Klimakrise belastet unser Zusammenleben, lässt Mangel und Konflikte entstehen. Die Krise sollte uns aber einen und zusammenstehen lassen. Natürlich gibt es auch wirtschaftlich günstige Gelegenheiten mit positiven Nebenwirkungen für Einzelne, auch in Oberfranken, aber diese wiegen meines Erachtens die Verluste nicht auf.