Mir geht es eher darum, ein Bewusstsein im Kind zu wecken und es mit in eine Entscheidung einzubeziehen und dafür Regeln zu erarbeiten. Am besten ist, wenn Kinder selber zu einer Erkenntnis kommen, das fruchtet mehr. Hinzu kommt: Mit dem christlichen Fundament unserer Arbeit hier in Höferänger und dem achtsamen Umgang miteinander kann man bei Kindern viel erreichen. Das wiederum überträgt sich in der Gruppe, denn Kinder untereinander regeln vieles von alleine.
Dennoch braucht es natürlich Personal. Ist es einfach oder schwer, gute Fachkräfte zu bekommen?
Momentan sind wir zum Glück sogar überdurchschnittlich gut aufgestellt. Das ist auch eine gute Vorgabe unseres evangelischen Kindergartenvereins, der sich das einiges kosten lässt. Aber ich schaue natürlich über den Tellerrand und weiß, dass es in Bayern für unsere Arbeit an Personal mangelt. Die Themen bleiben: Gut ausgebildete und belastbare Fachkräfte fehlen; dazu kommen schlechte Rahmenbedingungen, höhere Anforderungen, schlechte Bezahlung, die hohe Fluktuation von Mitarbeiterinnen. Das hat in erster Linie einen an sich erfreulichen Grund, nämlich eine Schwangerschaft. Doch es ist für den Arbeitgeber schwierig, sofort - also ab dem Beschäftigungsverbot - neues Personal zu finden und mitten in der Planung umzustellen. Kollegen müssen diese Personalstunden kompensieren. Nicht zu vergessen: Der Fachkraftschlüssel ist einzuhalten, um staatliche Förderungen nicht zu verlieren.
Wie steht es um die Ausbildung?
Die Ausbildung einer Kinderpflegerin/pädagogischen Ergänzungskraft an der Kinderpflegeschule und einer Erzieherin unterscheiden sich gravierend. Als Kinderpflegerin verdient man in den ersten beiden Jahren tatsächlich gar nichts, macht also sozusagen ein unbezahltes Praktikum einmal pro Woche oder Blockpraktikum in einer Einrichtung. Wer das trotzdem machen möchte, braucht finanziellen Rückhalt aus dem Elternhaus.
In der Erzieherinnenausbildung ist es so, dass immerhin festgeschriebene Sätze gezahlt werden, die aber wieder abhängig sind vom Träger der jeweiligen Einrichtung. Man kann an einer Fachschule für Sozialpädagogik die Erzieherausbildung anstreben. Dann muss man den Weg durchlaufen, sprich mit der Kinderpflegeausbildung beginnen. Sollte man dann die Prüfung zur Erzieherin nicht schaffen, hat man immerhin eine abgeschlossene Ausbildung in der Tasche. Wer es bis zum Schluss schafft, kommt auf fünf Jahre: zwei Jahre Vorpraktikum, dann die Ausbildung und danach das Berufspraktikum als Erzieherin. Als pädagogische Ergänzungskraft an der Kinderpflegschule sind es zwei Jahre Ausbildung.
Konkret gefragt: Kann man von dem Gehalt überhaupt leben?
Ich sage mal so: Wenn eine Frau damit als Zweitgehalt das Familieneinkommen aufbessert, mag es gehen. Aber wer alleine davon klarkommen muss, hat es schwer. Gerade Männer in diesem Beruf schreckt das ab. Für das, was man leisten muss, ist es nicht angemessen bezahlt - und für das, was alles erwartet wird, ist es schon gleich dreimal nicht angemessen bezahlt.
Ich selber bin zufrieden mit der Entlohnung, denn ich habe in diesem Beruf meine Berufung gefunden. Ich liebe diese Arbeit und nehme dafür auch weniger Einkommen in Kauf. Man trägt viel Verantwortung.
Die Rahmenbedingungen, die angemessene Bezahlung und auch der Betreuungsschlüssel für U3/Krippenkinder gehören auf den Prüfstand. Der Betreuungsschlüssel entspricht nicht den Anforderungen. Da wird kein Unterschied gemacht, wie alt die Krippenkinder sind.
Haben Sie Einflussmöglichkeiten?
Eine Handhabe habe ich in erster Linie über unseren Träger, den evangelischen Kindergartenverein. Da habe ich zum Glück den Rückhalt des Vorstandes, um genügend Personal einzustellen. Politisch dauert es leider ganz lange. Immerhin hat Sozialministerin Franziska Giffey sich des Themas angenommen. Die Bürokratie ist, wie fast überall, auch bei uns eine Krux. Dabei sollte der Staat ohne Wenn und Aber in Kindergärten und Schulen gleichermaßen intensiv und für alle Kinder gleich investieren. Die Kinder sollten uns das wert sein. Andere Länder sind da weiter.
Hand aufs Herz: Würden Sie den Beruf wieder ergreifen - und würden Sie jungen Menschen dazu raten?
Ich selbst würde diesen Beruf jederzeit wieder wählen. Beim Empfehlen bin ich vorsichtig und gebe zu bedenken: Es ist ein Job mit Stress und Lärm, den man aushalten können muss, dazu mit geringerem Geld auskommen und hohen Anforderungen und mit bisweilen mangelnder Wertschätzung. Das muss jeder für sich abklären. Wer sich in der Kinderbetreuung sieht, der sollte es mit viel Liebe, Herz, Hand und Verstand versuchen.