Jetzt erklingt wieder Musik

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Die Kantorei startet wieder durch und lädt zum Mitsingen ein.
Die Kantorei startet wieder durch und lädt zum Mitsingen ein.
Dagmar Besand

Mit der Lockerung der Corona-Bestimmungen wagen Chöre und Orchester den Neustart. Welche Regeln jetzt gelten und warum es Grund zum Optimismus gibt.

Zwei Jahre lang waren sie fast verstummt: Chöre und Orchester waren durch die Pandemie weitgehend lahmgelegt. Die Hygieneschutzkonzepte erlaubten das Singen und das Spielen von Blasinstrumenten nur in Kleinstgruppen und unter strengen Auflagen. Faktisch bedeutete das für die meisten Ensembles einen vorläufigen Komplett-Stopp. Nun hat die Regierung die Bestimmungen trotz nach wie hoher Inzidenzwerte gelockert, und so wagen jetzt viele Chöre den vorsichtigen Neustart.

Leicht wird das nicht: Fakt ist nämlich, dass die Corona-Pandemie deutliche Spuren hinterlassen hat. Die Kulmbacher Kantorei, früher ein Oratorienchor mit bis zu 80 Sängerinnen und Sängern, brachte es bei der ersten offiziellen Probe gerade mal auf ein Drittel der früheren Stärke. Dabei hatte die Kantorei selbst in den Hochphasen der Pandemie keinen Stillstand: Kleine Schola-Besetzungen haben Gottesdienste gestaltet - geimpft, getestet und mit Abstand.

Neuer Termin fürs Oratorium steht

Zur unmittelbaren Vorbereitung der Gottesdienste durften kurze Proben stattfinden. Konzertproben waren dagegen nur während niedriger Inzidenzphasen möglich.

Auch diese kleinen Zeitfenster wurden genutzt, sodass Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß vorsichtig optimistisch ist, dass sich viele Chormitglieder trauen werden, zu den Proben zu kommen. "Das ist jetzt ein perfekter Zeitpunkt für den Neueinstieg. Wir beginnen neu", sagt der Kantor.

"Ich wünsche mir sehr, dass wir nun Mendelssohns ,Lobgesang' endlich fertig einstudieren und in großer Besetzung in der Petrikriche aufführen können." Drei Mal wurde das ursprünglich für Herbst 2020 geplante Konzert schon verschoben. Der neue Termin ist der 24. Juli.

Ob das wie geplant klappt, wird sich in den nächsten Wochen herausstellen: "Ich habe die Hoffnung, dass nach der langen Corona-Pause viele Sänger wieder Lust darauf haben, in einem großen Chor ein richtiges Konzert zu singen. Für ein sinfonisches Werk mit großem Orchester reicht allerdings ein kleines Häufchen Unentwegter nicht." Geprobt wird jeden Donnerstag um 19.30 Uhr, in den nächsten Wochen noch in der Spitalkirche, ab April dann im Martin-Luther-Haus.

Wieder richtig durchstarten, das möchte auch die Stadtkapelle Kulmbach, die ebenfalls am Donnerstag die Proben in der Musikschule aufnimmt. Das große Blasorchester hat sehr unter der Pandemie gelitten. "Wir hatten zwei Jahre fast kompletten Stillstand, nur wenige kleine Probentreffen", bedauert Dirigent Thomas Besand.

Zwei Jahre ohne Neujahrskonzerte - das Highlight des Jahres in einer stets ausverkauften Stadthalle. "Das war schon bitter für uns." Zumindest soll nun das 170-jährige Bestehen des Vereins mit einem Konzert nachgefeiert werden - am 15. Mai auf der Naturbühne Trebgast und in Kooperation mit der Lehrer-Big-Band Bayern. Thomas Besand ist zuversichtlich, dass es nun wieder aufwärts geht: "Ich habe noch keine Absagen von Musikern, verstehe aber, wenn manche angesichts der hohen Inzidenzzahlen noch etwas vorsichtig sind."

Präsenz zeigen und Freude machen

Doch der Dirigent und Vorsitzender Roland Jonak sind sich einig: "Es ist an der Zeit, wieder Klang in die Welt zu bringen." Man werde zum Start sicher etwas kleinere Brötchen backen müssen, aber das sei nicht schlimm: "Hauptsache, man hört wieder von uns, und wir können den Menschen Freude machen."

Das ist auch der Wunsch des Gesangvereins Melkendorf. "Unser Chor hat in den Hochinzidenzphasen pausiert. Wenn die Regeln es zuließen, haben wir zwischendurch geprobt - wegen der Abstandsregeln oft im Sportheim." Dass es dort kein Instrument gibt, machte Chorleiterin Gudrun Dunkel die Arbeit schwerer. "Das braucht deutlich mehr Vorbereitung und ist anstrengender, weil ich alle Stimmen vorsingen muss."

Dennoch sei man relativ gut durch die Pandemie gekommen. "Um unsere Sänger und Sängerinnen nicht zu verlieren halten wir fleißig Kontakt über WhatsApp und Telefonate."

Der Gesangverein Neuenmarkt konnte seinen Chor nicht durch die Pandemie retten. Corona hat in diesem Fall allerdings lediglich eine Entwicklung beschleunigt, die sich schon in den Vorjahren abgezeichnet hat, sagt Vorsitzende Anette Balzar-Mohr. "Das Durchschnittsalter im Chor war sehr hoch, wir hatten kaum noch führende Stimmen. Wir haben den Singbetrieb eingestellt."

Ist an einen Neustart gedacht? "Das ist in diesen Zeiten sehr schwierig. Wenn, dann versuchen wir das zu einem späteren Zeitpunkt."

Ähnlich wie die Kirchenchöre haben die Posaunenchöre sich mit kleinen Ensembles über Wasser gehalten. "Der Bezirksposaunenchor mit rund 30 Bläsern hat noch Pause. Mit so vielen hätten wir selbst in der Petrikirche nicht auftreten können", sagt Chorleiter Hermann Weiß. "Bei unserem Posaunenchor in Neuenmarkt ist das einfacher. Da haben wir in kleineren Besetzungen gespielt."

Er hoffe, dass bald wieder alle dabei sind, "aber die Pandemie ist noch nicht vorüber".

Gerne erinnert sich Weiß an kreative Musik-Initiativen aus der Anfangszeit der Pandemie, wie das Balkonspielen: "Da haben wir abends vom Kirchturm runter und zum Fenster raus gespielt."