Hotel Gitterblick bleibt einem Kulmbacher erspart

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Die Strafkammer des Landgerichts Bayreuth - im Bild Vorsitzender Michael Eckstein (Zweiter von rechts), Richter Yves Döll (links daneben) und die beiden Schöffen - meint es gut mit dem Angeklagten. Das Urteil mit Einweisung in eine Entziehungsanstalt soll dazu beitragen, dass der Mann es schafft, von der Droge Crystal Meth wegzukommen. Foto: Stephan Tiroch
Die Strafkammer des Landgerichts Bayreuth - im Bild Vorsitzender Michael Eckstein (Zweiter von rechts), Richter Yves Döll (links daneben) und die beiden Schöffen - meint es gut mit dem Angeklagten. Das Urteil mit Einweisung in eine Entziehungsanstalt soll dazu beitragen, dass der Mann es schafft, von der Droge Crystal Meth wegzukommen.  Foto: Stephan Tiroch

Für das Landgericht Bayreuth kommt Bewährung nicht in Frage. Darüber ist der angeklagte Crystal-Konsument aber gar nicht unglücklich.

Fast väterlich wendet sich Michael Eckstein zum Schluss der Verhandlung an den Angeklagten: "Wir wünschen Ihnen, dass Sie es schaffen. Im Augenblick schaut es gut aus. Aber unterschätzen Sie nicht die Gefahr - der Teufel lauert hinter der Ecke." Der Vorsitzende Richter hat den 30-Jährigen aus dem Kreis Kulmbach gerade schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt. Die Verurteilung erfolgt wegen unerlaubten Erwerbs von Crystal Meth in 50 Fällen.


Große Chance für Angeklagten

Doch der Angeklagte macht am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Bayreuth (den Bericht vom ersten Tag lesen Sie hier) nicht den Eindruck, dass er deswegen unglücklich sei. "Ich bin nur noch froh, wenn alles vorbei ist. Ich will mit dem ganzen Mist nichts mehr zu tun haben", sagt er. Der Mann weiß, dass das Urteil eine große Chance für ihn ist, von seiner Rauschgiftsucht loszukommen und wieder ein normales Leben zu führen.

Er muss auch nicht ins Gefängnis. Das "Hotel Gitterblick" (O-Ton Verteidiger Marc von Harten) bleibt ihm erspart. Er darf eine Therapie in einer geschlossenen Anstalt machen.

Freigesprochen wird der Angeklagte vom schweren Vorwurf, einen Bekannten zu drei Drogenfahrten nach Eger (Cheb) angestiftet zu haben. Damals holt der Kurier insgesamt die Riesenmenge von 120 bis 130 Gramm Crystal aus einer tschechischen Giftküche.

Auf die Aussage des Belastungszeugen, so Eckstein, lasse sich keine Verurteilung gründen. Das Gericht macht in der Aussage des verurteilten Drogen dealers viele Ungereimtheiten aus. "Das passt alles hinten und vorne nicht", so Eckstein.

Einen Strafrabatt bekommt der Angeklagte, weil er mit seiner Aussage bei der Polizei maßgeblich dazu beigetragen hat, den Drogensumpf nicht nur in Kulmbach trockenzulegen. So ist laut Eckstein auch die Coburger Kripo sehr froh gewesen, "dass sie an einen großen Dealer herankam".


Ambulant geht nicht

Über eine Strafaussetzung zur Bewährung lässt die Kammer allerdings nicht mit sich reden. "Da tun wir uns schwer", so der Vorsitzende. Denn die Sucht des Angeklagten sei ausgeprägt. Es liege kein gelegentlicher, sondern ein massiver Konsum vor. Daher könne man aktuell keine positive Sozialprognose stellen. Eine ambulante Therapie sei ohnehin nicht vorstellbar und mit einer normalen Arbeitsstelle nicht vereinbar. "Keine Bewährung ist in Ihrem ureigensten Interesse", erklärt Eckstein. Deswegen habe das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Auch Staatsanwalt Bernhard Böxler geht in seinem Plädoyer nicht mehr von der Anstiftung zu Straftaten aus. Was bleibt seien die 50 Fälle des unerlaubten Erwerbs einer "harten Droge". Und, so der Staatsanwalt, es müsse die Vorverurteilung in Weiden - ein Jahr Freiheitsstrafe für die Einfuhr von zehn Gramm Crystal - mit einer laufenden Bewährung einbezogen werden.

Der Staatsanwalt befürwortet eine Therapie im Maßregelvollzug, hält aber den Vorwegvollzug von vier Monaten Gefängnis für notwendig. Wenn die einjährige Therapie erfolgreich verläuft, könne der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Er fordert eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.

Die Kammer unterbietet beim Strafmaß aber nicht nur den Staatsanwalt, sondern auch den Verteidiger. Rechtsanwalt Marc von Harten kommt auf zwei Jahre mit Bewährung. Nach seiner Ansicht könne eine Langzeitentwöhnung auch ambulant durchgeführt werden, "dafür muss man den Angeklagten nicht einsperren". Er habe auch die Chance, wieder seinen Arbeitsplatz zu bekommen. "Das wäre für ihn das Beste und Sinnvollste."


"Ein kleines Würmchen"

Der Frankfurter Anwalt betont, dass sein Mandant ("ein kleines Würmchen") die Straftaten nur zur Befriedigung seiner Sucht begangen habe. Er habe trotz des Weidener Urteils nicht die Finger von den Drogen lassen können. "Das funktioniert bei Abhängigen nicht, der Suchtdruck ist stärker." Der Angeklagte habe sich aber durch "Aufklärungshilfe vom Allerfeinsten" einen deutlichen Strafrabatt verdient. Er habe dazu beigetragen, "dass die Justiz an die Leute rankommt, die die Konsumenten mit Drogen versorgen".