In einer Frage-Antwort-Runde konnte das Publikum den drei Bewerbern, die als Spitzenduo bei der Landtagswahl antreten wollen, auf den Zahn fühlen.
2018 ist Wahljahr in Bayern. Die Grünen wollen mit einem Spitzenduo in den Wahlkampf gehen, über das die Basis in Form eines sogenannten Urwahlforums bis Anfang Februar entscheiden soll.
Die Zeit bis dahin nutzen die drei Kandidaten und Landtagsabgeordneten Katharina Schulze, München, Thomas Gehring, Kempten, und Fraktionsvorsitzender Ludwig Hartmann, Landsberg, um sich in den einzelnen Regierungsbezirken vorzustellen. Am Freitagabend waren Grünenmitglieder und Interessierte in den Saal der Kulmbacher Kommunbräu geladen, um in einer tempogeladenen, eineinhalbstündigen Frage-Antwort-Runde den Kandidaten auf den Zahn zu fühlen.
Rückhalt in der Bevölkerung
"Rund 9300 Mitglieder können sich in Bayern an der Urwahl beteiligen", sagte die Landesvorsitzende Sigi Hagl. "Und wenn man den Wahlumfragen glauben darf, würden derzeit 14 Prozent in Bayern grün wählen. Das ist ein guter Vertrauensvorschuss und zeigt, dass grüne Inhalte einen Rückhalt in der Bevölkerung haben."
Natürlich beschäftigten die typisch grünen Inhalte wie Umwelt- und Klimaschutz die Diskussionsteilnehmer aus ganz Oberfranken, etwa die zunehmende Problematik der Trinkwasserverschmutzung. "Wir müssen in Bayern größere Trinkwassergebiete ausweisen", sagte Hartmann und verwies dabei auf Hessen, das bereits 20 Prozent der Landesfläche unter Schutz gestellt habe. Im Vergleich dazu Bayern: nur fünf Prozent. In 40 bayerischen Wasserwerken müsse das Wasser aufbereitet werden, um die Nitratwerte einzuhalten.
Im Vordergrund: Soziales und Bildung
Doch im Vordergrund standen am Freitagabend eindeutig die Themen Soziales und Bildung, die die Grünenwähler umtrieben. Wie es sein könne, dass es "in der Vorstufe zum Paradies" so viele Obdachlose gibt, wollte ein Fragesteller wissen und eröffnete damit ein Plädoyer für bezahlbaren Wohnraum und soziale Gerechtigkeit.
"Das Problem ist, dass an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigebaut wird", sagten Gehring Schulze. Der Staat hätte Möglichkeiten, die Wohnbauproblematik besser zu steuern, meinte Hartmann. Warum nicht beispielsweise Grundstücke in Erbpacht vergeben? Er wünscht sich - auch in Hinsicht auf die Inklusion von Mitmenschen mit Behinderungen - mehr Solidarität im Land und "einen Topf für finanzschwache Kommunen, damit endlich eine Chancengerechtigkeit hergestellt wird".
Geld an die Kommunen weitergeben
"Wir müssen in Bayern das Gefälle in den Kommunen in den Griff bekommen und die Gelder nach Leistungsfähigkeit der Kommunen weiterreichen", forderte der Grünen-Fraktionsvorsitzende und wies darauf hin, dass Bayern derzeit so viel Geld wie nie habe, es aber nicht an den richtigen Stellen ausgebe.
Chancengleichheit - ein wichtiger Punkt in der grünen Bildungspolitik. "In keinem Bundesland ist der soziale Hintergrund so entscheidend für die Bildungslaufbahn eines jungen Menschen", kritisierte Gehring. Der bildungspolitische Sprecher der Grünen weiter: "In keinem Bundesland ist der Druck so groß, das zeigen auch Untersuchungen von Krankenkassen."
Neues Fach: Digitalkunde
Schulze forderte ein längeres gemeinsames Lernen sowie eine zweite Fachkraft in jeder Klasse, am besten in "Smart Schools". Sie fuhr fort: "Die Kompetenzen sind anders als noch vor 20, 30 Jahren, deswegen haben wir auf der Fraktionsklausur in Bayreuth beschlossen, Digitalkunde als neues Schulfach einführen zu wollen."
Gehring betonte, dass eine gute Bildung auch nur mit einem ausreichenden Lehrerstamm gewährleistet werden kann. "Es gibt so viele junge Lehrkräfte, die keine Anstellung bekommen", sagte er und forderte eine 110-prozentige Lehrerversorgung an jeder Schule. "Die Lehrerausbildung muss geändert werden, um mehr Flexibilität zu erreichen. Aber ich kann eines nicht verstehen: Weshalb verdienen Lehrkräfte, die kleine Kinder ausbilden auch kleineres Geld?"
Radschnellwege für E-Bikes
Zwei weitere Themen, die den Oberfranken interessierten, waren der Fachärztemangel und der ÖPNV im Bezirk. "Wir müssen die Mobilitätspolitik vom Menschen her denken", sagte Hartmann. Was bedeutet: Jedes Dorf muss vernünftig an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen werden - mit einfachen Tarifen und zu attraktiven Zeiten. Außerdem müsse die Radinfrastruktur ausgebaut werden. "Vielleicht sollten wir auch in Radschnellwege für E-Bikes investieren", sagte Schulze und wagte einen Blick in die Zukunft.
Die Parteimitglieder haben nun die Qual der Wahl und blicken zuversichtlich auf den Oktober 2018. "Wir starten mit großem Rückenwind in das Wahljahr", sagte Bundestagsabgeordnete Lisa Badum aus Forchheim, die den Abend moderierte. Bis zum 6. Februar soll das Spitzenduo bekanntgegeben werden.