Graue Kerze, grauer Winter

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Eine Königskerze.Foto: Archiv
Eine Königskerze.Foto: Archiv

Kann eine Pflanze verraten, wie das Wetter im Winter wird? Ein Selbstversuch.

Kennen Sie den Haslinger Sepp? Das ist jener oberbayerische Bauer, der behauptet, am Blütenstand einer Königskerze ablesen zu können, wie der Winter wird. Angeblich, so sagt man, hat er mit seinen Vorhersagen ganz oft recht.

Ich bin bei solchen Dingen immer etwas skeptisch. Aber ich bin lernfähig und experimentierfreudig. Im letzten Sommer ging in meinem Garten eine Königskerze auf. Vermutlich waren die Samen angeflogen Sobald ich identifiziert hatte, wozu sich die Blattrosette entwickeln würde, umkurvte ich sie vorsichtig mit dem Rasenmäher in der Hoffnung, selbst ein bisschen herumorakeln zu können. Im Laufe des Sommers schoss das Gewächs zur stattlichen Höhe von zwei Metern auf. Irgendwann öffneten sich die ersten kleinen Blüten, und ich machte mich daran, zu enträtseln, was meine Königskerze mir sagen wollte.

Locker besetzte Blütenstände sollten auf schneearme Perioden hinweisen, hatte ich gelesen. Kleine Blütenstände auf schneearme Winter, besonders lange Blütenstände mit dichtem Blütenbesatz auf lange, schneereiche Winter. Nun war der Blütenstand an sich auch für eine große Königskerze recht lang. Fand ich jedenfalls. Blütenansätze gab es zahlreich, aber nur wenige blühten wirklich auf. Die ganze Pflanze bot einen eher traurigen Anblick: Weder schön noch leuchtend, eher unspektakulär grau und konturlos.

Und jetzt schauen Sie mal aus dem Fenster in unseren fränkischen Winter: Grau, traurig, konturlos!

Vielleicht hat er ja doch recht, der Haslinger Sepp, und die Königskerze kann das mit der Wettervorhersage besser als all die studierten Wetterfrösche.