Gericht macht Wohnung in Petzmannsberg frei

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In Petzmannsberg will die Stadt ein neues Mehrfamilienwohnhaus mit barrierefreien Wohnungen bauen. Seit zwei Jahren geht nichts voran, weil sich eine Mieterin weigert auszuziehen. Gestern kam der Fall vor dem Landgericht Bayreuth zur Sprache.Stephan Tiroch
In Petzmannsberg will die Stadt ein neues Mehrfamilienwohnhaus mit barrierefreien Wohnungen bauen. Seit zwei Jahren geht nichts voran, weil sich eine Mieterin weigert auszuziehen. Gestern kam der Fall vor dem Landgericht Bayreuth zur Sprache.Stephan Tiroch

Seit fast zwei Jahren streiten sich die Städtebau Kulmbach GmbH und eine Mieterin in Petzmannsberg. Jetzt wurde doch eine Lösung gefunden.

In Petzmannsberg steht ein Laubenganghaus, Baujahr 1963. Laut Städtebau Kulmbach GmbH, der das Gebäude gehört, ist eine wirtschaftliche Sanierung unmöglich. Deshalb soll das bautechnisch veraltete Mehrfamilienwohnhaus abgebrochen und durch einen Neubau mit 14 barrierefreien Wohnungen ersetzt werden. Bereits vor zwei Jahren genehmigte der Stadtrat den knapp vier Millionen Euro teuren Neubau. Anfang 2019 sollte es losgehen - aber passiert ist bisher nichts.

Der Grund: Seit fast zwei Jahren streiten sich Städtebau und eine Mieterin, die - wie berichtet - nicht ausziehen will. Die Frau blieb in der Wohnung, wo sie seit 24 Jahren lebt und 161 Euro Kaltmiete bezahlt.

Die Eigentümerin sprach zwei Kündigungen aus und strengte eine Räumungsklage an. Den ersten Prozess verlor die 73-Jährige und ging in die Berufung.

Zu klein, kein Balkon

Was fand die Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth gestern vor? Eine reichlich verfahrene Situation.

Die Mieterin, die nur eine kleine Rente von 780 Euro bekommt, hatte den Kündigungen widersprochen und argumentiert, dass eine soziale Härte vorliege.

Aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse und gesundheitlicher Einschränkungen - sie sitzt zeitweise im Rollstuhl - sei sie nicht in der Lage, selbst eine Wohnung zu finden und umzuziehen. Die von der Städtebau angebotenen Ersatzwohnungen seien nicht vergleichbar gewesen und zu Recht abgelehnt worden. Zu teuer, zu klein, kein Balkon, kein Dachboden, kein Platz für die Waschmaschine und den Schrank, oder der Keller sei "modrig und stinkt wie Sau", sagte die Frau.

Das Amtsgericht Kulmbach hatte in seinem Urteil vom 28. November festgestellt, dass bereits die erste Kündigung zulässig und wirksam war. Der Klägerin drohe ein erheblicher Nachteil, falls sie das Gebäude nicht durch einen öffentlich geförderten Neubau ersetzen könne.

Von einer sozialen Härte könne nicht gesprochen werden. Die Ablehnungen der Ersatzwohnungen seien nicht zulässig gewesen.

Vorsitzender Richter Matthias Burghardt machte deutlich, dass die Kammer die Berufung nicht für begründet hält. Das Urteil des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden. Bei Größe und Zuschnitt einer Ersatzwohnung, so der Landgerichtspräsident, seien dem Mieter gewisse Einschränkungen zumutbar. Aber die 73-Jährige blieb stur.

"Man hat mir versprochen, dass ich eine passende Wohnung kriege und der Bauhof den Umzug macht", sagte sie. "Ich hätte so viel auf dem Herzen, was da alles abgelaufen ist."

Ein bisschen guter Wille

Daher wurde Burghardt noch deutlicher. "Sie sind nicht auf der sicheren Seite", sagte er zu der Frau. Eine mündliche Verhandlung wäre nicht notwendig gewesen. Man hätte im schriftlichen Verfahren über die Berufung entscheiden können. "Dann wäre sie abgewiesen worden", erklärte er.

"Wir sind heute die letzte Instanz. Wir sitzen hier, um das Schlimmste für die Beklagte zu verhindern, damit sie nicht morgen auf der Straße sitzt." Dazu brauche man aber auch ein bisschen guten Willen der Mieterin, einen Schrank woanders hinzustellen.

Der Vorsitzende versuchte, "einen gangbaren Weg zu finden", und schlug nach längerer Diskussion einen Vergleich vor: Die Beklagte räumt bis zum 31. Juli die Wohnung in Petzmannsberg; die Klägerin bietet der Mieterin noch einmal mindestens zwei Ersatzwohnungen an, vorrangig im Erdgeschoss oder mit Lift im Obergeschoss, und erledigt den Umzug in eine Städtebau-Wohnung.

Teure Verzögerung

Auf Seiten der Städtebau war man nicht begeistert. Das Haus sei mit einer Ausnahme seit Mitte 2018 leer gewesen, und jedes Jahr Verzögerung mache den Neubau 150 000 Euro teurer, stellte Rechtsanwalt Christian Ebert fest.

Aber er stimmte zu. Trotz der Hinweise des Gerichts ("Den Vergleich haben wir zu Ihren Gunsten gemacht") zierte sich hingegen die Mieterin. Sie brauchte Zuspruch von ihrem Rechtsanwalt Werner Brandl, bevor sie ihren Widerstand aufgab: "Ich muss ja. Mir bleibt nichts anderes übrig."