Im Raum Kulmbach wollte ein Fußballverein seinen Spieler vor dessen Abschiebung bewahren. Doch nun erklärt der Klub, der 24-Jährige habe "sein Bleiberecht in Deutschland selbst verwirkt". Was ist geschehen?
In einem öffentlichen Statement zeigte sich ein Fußballverein aus dem Landkreis Kulmbach bestürzt. Im Klub herrsche "Fassungslosigkeit", erklärten die Verantwortlichen. Auslöser waren die Geschehnisse rund um einen Spieler aus den eigenen Reihen. Wie man erfahren habe, sitze ein "Sportkamerad und aktives Mitglied" des Vereins "seit heute Morgen in Asylabschiebehaft", hieß es in dem am Donnerstag (18. April 2021) veröffentlichten Beitrag. "Der 24-Jährige, der aus dem kurdischen Teil des Iraks stammt, lebt seit 2015 in Deutschland." Doch jetzt soll der Spieler die Bundesrepublik verlassen.
Freunde und Mannschaftskollegen seien "geschockt über das Vorgehen der Behörden", betonte der Sportverein. Inzwischen sieht man den Fall allerdings in einem anderen Licht. "Wir sind traurig über diese Entwicklung, die alle im Verein überrascht hat", halten die Funktionäre nunmehr fest. Auch der Kulmbacher Landtagsabgeordnete Rainer Ludwig (Freie Wähler) zeigt sich perplex. "So einen außergewöhnlichen Fall, der sich so schnell ins Gegenteil gewandelt hat, habe ich in all den Jahren, die ich mittlerweile in der Politik tätig bin, noch nicht erlebt", betont er im Gespräch mit inFranken.de.
"Sofort stutzig gemacht": Abschiebung aus dem Nichts? Kulmbacher Politiker meldet Zweifel an
Zwischen der ursprünglichen Äußerung des oberfränkischen Fußballvereins und seiner erneuten Stellungnahme zu dem Fall liegen gerade einmal eineinhalb Tage. In seinem Ausgangsbeitrag schilderte der Klub, dass der "sympathische" junge Mann seit gut einem halben Jahr in Diensten des Fußballvereins stehe, wo er regelmäßig in der zweiten Mannschaft zum Einsatz komme. Der 24-Jährige spreche gut deutsch und sei zuletzt als Vorarbeiter bei einem Industriehersteller tätig gewesen. "Dort wurde ihm vor gut einem Jahr aus unbekannten Gründen die Arbeitserlaubnis entzogen, folglich ist er seitdem beschäftigungslos", erklärte der Verein.
"Bis kommenden Mittwoch besteht die Möglichkeit, ein Umdenken zu bewirken", hieß es mit Blick auf die drohende Abschiebung. Dafür täten die Verantwortlichen des Sportvereins "alles Menschenmögliche", so der Fußballverein anfänglich. Mittlerweile beurteilt man die Angelegenheit aber vollkommen anders. Warum die plötzliche Kehrtwende? Was ist passiert? Politiker Rainer Ludwig äußert sich im Gespräch mit inFranken.de zu den Hintergründen. Von dem Fall habe er selbst durch Zufall aus den Medien erfahren, berichtet der Landtagsabgeordnete für die Region Wunsiedel/Kulmbach. Die Geschichte, von der der Fußballverein berichtet habe, habe auch ihn "emotional sehr berührt".
Dass es sich bei der besagten Abschiebung um "eine Art Nacht-und-Nebel-Aktion" handeln solle, habe ihn "aber auch sofort stutzig gemacht", sagt Ludwig. "Eine Abschiebung kommt nämlich nicht einfach aus dem Nichts." Dennoch habe er Kontakt mit dem betroffenen Verein aufgenommen, um zusammen mit dessen Verantwortlichen zu besprechen, wie die Abschiebung möglicherweise doch noch abgewendet werden könne. Auch dort habe er zugleich die Vermutung geäußert, "dass irgendetwas an der Sache nicht ganz stimmen konnte", erzählt der 62-Jährige. "Trotzdem haben wir sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt."
Anruf zeigt: Krimineller ist seit Jahren ausreisepflichtig - Kooperation mit Behörden verweigert
Am Freitag (19. April 2024) habe er dann einen Anruf aus dem vom Innenministerium erhalten, der seine Vermutungen bestätigt habe, berichtet Ludwig. "Mir wurde gesagt, dass der Betroffene eigentlich bereits seit 2019 zur Ausreise verpflichtet war." Er weigere sich seitdem, mit den Behörden zu kooperieren und bei einer Identitätsfeststellung mitzuwirken.
"Konkret heißt das, dass er wahrscheinlich keinen beziehungsweise einen falschen Pass hatte und auch nicht bereit dazu war, sich um die Beschaffung von Ersatzpapieren zu kümmern", konstatiert der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler. "Das war im Übrigen auch der Grund, warum ihm vor gut einem Jahr seine Arbeitserlaubnis entzogen wurde." Auch jenseits davon handelt es sich bei dem 24-jährigen Amateurfußballer in Polizeikreisen offenkundig um kein unbeschriebenes Blatt.
Plötzlich ist der Vereinsname raus aus den Berichten.
Ja, ja, der wind dreht schnell...
Man sollte sich darauf einstellen, dass zukünftig etliche Iraker zurückgeführt werden, denn der Irak ist per se nicht unsicher insbesondere die autonome Region der Kurden nicht. Es ist richtig, dass diejenigen kurzfristig abgeschoben werden, die straffällig geworden sind, aber auch die anderen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, sollten nicht bleiben dürfen. Unser Asylsystem schützt diejenigen, die verfolgt werden oder aus Kriegsregionen kommen, die Vielzahl der Migranten, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind, müssen wieder gehen, auch wenn sie arbeiten oder Fussball spielen. In der letzten Zeit wurden etliche Härtefallanträge und Petitionen für vorbestrafte, abgelehnte Asylbewerber gestellt, weil sie z.B. im Altenheim arbeiteten oder eine Ausbildung beginnen wollten. Es muss klar sein, dass Vorstrafen und Angabe einer falschen Identität ohne wenn und aber ein Bleiberecht ausschließen, hier darf es auch keine Ausnahmen geben, auch nicht bei denjenigen, die bereits über etliche Jahre in Deutschland sind.