Der Kulmbacher Online-Broker wächst schnell und erweitert seine Finanzdienstleistungen. Deshalb stockt das Unternehmen sein Team auf.
Mit einer mutigen Idee machte sich 2006 ein junges Kulmbacher Unternehmen daran, den Finanzmarkt zu erobern. Bernd Förtsch gründete den Online-Broker Flatex, der sich seither mit dem nationalen und internationalen Online-Handel von börsennotierten Wertpapieren sowie mit dem integrierten Handel von Derivaten und Währungen einen Namen gemacht hat.
Flatex sorgte damals als erster Anbieter mit einer einheitlichen Gebühr von fünf Euro für alle Wertpapieraufträge - einer Flat Fee - für Aufsehen. Vor allem auf sehr aktive Privatanleger, hatte man es damit abgesehen. Das Konzept entpuppte sich als Geniestreich: Heute gehört das Unternehmen zu den etablierten Spielern am Markt.
Kontinuierlich gewachsen
Der Börsenspezialist ist kontinuierlich gewachsen und hat seine Geschäftsfelder immer wieder erweitert. So soll es auch in Zukunft weitergehen. "Wir wachsen momentan um 20 000 bis 30 000 Kunden pro Jahr", sagt Geschäftsführer Niklas Helmreich nicht ohne Stolz. Björn Zrenner, Leiter des Kundenservice, nennt detaillierte Zahlen: "2006 hatten wir 9500 Kunden, drei Jahre später beim Börsengang 65 000, jetzt sind wir schon bei 193 000."
45 Frauen und Männer arbeiten derzeit im Firmengebäude in der E.-C.-Baumann-Straße, das ehemals das Textilunternehmen Eckardt beherbergte. Schon bald sollen es rund 70 sein, denn der Online-Broker verlagert einen Geschäftsbereich aus dem Rheinland nach Kulmbach. Die Fintech Group AG, deren Tochterunternehmen Flatex ist, hat 2015 eine Bank in Willich bei Düsseldorf übernommen, bei der die Kundendepots geführt werden. "Mit dem Kundenservice ziehen wir jetzt komplett nach Kulmbach um", so Helmreich. Dazu kommen künftig Dienstleistungen für andere Banken, die die Flatex-Infrastruktur nutzen wollen.
Für die Aufstockung des Personals setzt das Unternehmen, wie auch in der bisherigen Firmengeschichte, auf qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte aus der Region. Niklas Helmreich lobt das Engagement und die Motivation der Mitarbeiter: "Wir haben nur eine sehr geringe Fluktuation. Das ist in unserer Branche eher unüblich und spricht für das Team."
Um Karriere in der Finanzwelt zu machen, muss man nicht in den großen Metropolen leben. Das klappt auch in Kulmbach. Björn Zrenner beispielsweise hat als Auszubildender im Flatex-Callcenter angefangen und ist heute Leiter der Kundenbetreuung. Gesucht werden für die neuen Aufgaben vor allem Bankkaufleute, aber auch der Quereinstieg aus anderen kaufmännischen Berufen ist möglich, so Zrenner.
Dass Flatex sich für die Stärkung des Standortes Kulmbach entschieden hat, freut Oberbürgermeister Henry Schramm. Die Expansion sei ein weiterer Baustein für die Stärkung der Kulmbacher Wirtschaft, die breit aufgestellt und nicht nur für Unternehmen im Lebensmittelbereich attraktiv sei.
"Ein Online-Broker ist nicht auf Büros in den großen Finanzplätzen angewiesen. Er kann überall sein, wenn er gute Mitarbeiter findet", sagte Schramm. Die Tatsache, dass Kulmbach Universitätsstadt werde, komme künftig sicher auch innovativen jungen Unternehmen wie Flatex zugute. "Das Umfeld unserer Stadt wird sich durch die Entwicklungen positiv verändern."
Wie sieht der typische Flatex-Kunde aus? "Das sind vor allem gut informierte, selbstbewusste Menschen im Alter ab Mitte 40, die ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen möchten. Aber auch junge Leute gehören dazu, die mit kleinen Beträgen erste Altersvorsorge-Sparpläne füttern", sagt Niklas Helmreich. Was Flatex im Gegensatz zu Filialbanken nicht bietet, ist Beratung. "Zu uns kann man nicht kommen und sagen: Ich habe 10 000 Euro. Was soll ich damit machen?" Informieren muss sich der Kunde selbst. Nur so könne Flatex trotz der geringen Gebühren Geld verdienen.
Mehr als zehn Millionen Wertpapiertransaktionen im Jahr wickelt das Unternehmen für seine Kunden ab, in deren Depots rund 6,8 Milliarden Euro angelegt sind, sechs Milliarden in Wertpapieren, 800 Millionen als "Cash". Flatex war im April der erste Online-Broker, der die geparkten Barreserven mit Strafzinsen in Höhe von 0,4 Prozent belegt hat. "Dieses Geld liegt bei der Europäischen Zentralbank, die uns dafür mit Negativzinsen in dieser Höhe belastet", erläutert Helmreich. "Wir müssen das an die Kunden weitergeben, solange wir das bezahlen müssen." Wertpapieranlagen seien nicht betroffen.