Ljubka Biagioni leitete zum Abschluss der Konzertreihe auf der Plassenburg die Sofia Symphonics.
Es war ein überaus ambitioniertes und anspruchsvolles Programm, mit dem die Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg und ihr Orchester, die Sofia Symphonics, diesmal die Open Airs auf der Plassenburg abgeschlossen haben. Aktuell, feierlich, überraschend und zeitgenössisch präsentierten die bestens aufgelegten Musiker am Sonntagabend unter ihrer engagierten und vielseitigen Dirigentin eine wunderbar gelungene Sommerreise von der Alten in die Neue Welt.
Ein Ohrwurm stand mit Friedrich Smetanas "Moldau" gleich am Anfang. Auch Menschen, die so gar nichts mit klassischer Musik im Sinn haben, können mitsummen, wenn der Komponist die Zuhörer in seine böhmische Heimat entführt und den Lauf des Flusses von der Quelle über Wälder und Flure entlang stolzer Burgen bis zu seinem Einmünden in die Elbe beschreibt. Bei Ljubka Biagioni stimmt die Dramaturgie. Das Hauptthema wird in großen Bögen immer wieder neu entwickelt, die Einschübe kommen stimmig, der Schluss pompös. Die Sofia Symphonics legen großen Wert auf einen warmen Klang, lassen die vielen Details der Partitur aufblitzen und musizieren absolut inspiriert.
Der Komponist an der Hirtenflöte
Stammt die "Moldau" aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, durfte sich das Publikum beim "Gypsy Dance" und der Komposition "Strange Occasion" auf zeitgenössische Werke des bulgarischen Musikers und Komponisten Teodosij Spassov freuen. Spassov zählt zu den bekanntesten Musikern und Filmkomponisten Bulgariens. Was die Kulmbacher Aufführung so besonders machte war, dass Spassov selbst als Solist an der Hirtenflöte mit dem Namen Kaval auftrat, was den jazzig angehauchten und melodiös klingenden Kompositionen, eine davon mit lautmalerisch im Sprechgesang vorgetragenen Einlagen, eine ganz besondere Bedeutung gab. "So interessant kann bulgarische Musik sein", sagte Ljubka Biagioni, die es als Mission sieht, diese Musik bekannter zu machen.
Zweites Werk aus dem 19. Jahrhundert war Peter Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre "Romeo und Julia". Die Komposition beruht auf dem gleichnamigen Werk von William Shakespeare und gilt als erstes großes Meisterwerk Tschaikowskys. "Romeo und Julia", das bedeutet viele musikalische Kleinode, die von den Musikern gekonnt ausgespielt werden. Transparent musiziert, auch mal auf den einen oder anderen Effekt setzend, lässt die Dirigentin dieses wunderbare Werk erklingen, das schon allein aufgrund seiner Thematik wie kaum ein zweites in den schönen Hof der Plassenburg passt.
Mehr Jazz als Klassik
Durchaus jazzig führte die Reise nach der Pause in die Neue Welt nach Amerika: Von George Gershwin stammt die berühmte Komposition "Rhapsody in Blue", die mit dem versierten Solisten Stefan Vrachev am zugegeben etwas minimalistisch klingenden E-Piano im Mittelpunkt des zweiten Teils des Abends stand. Bei dem Solisten klang das Stück eher nach Jazz als nach Klassik, was der Absicht Gershwins vielleicht sogar ein stückweit näher kam. Schließlich war Gershwin ein manischer Tempotreiber mit irrwitzigen virtuosen Fähigkeiten. Seine Akkorde stampfen, seine rhythmische Intensität erinnert mitunter an eine Dampfmaschine. Das Orchester peitschte mit wohldosierten, aber eindringlichen Effekten das Ganze massiv voran.
Danach gab es gleich nochmal Gershwin, sein wundervolles "Summertime" aus der 1935 uraufgeführten Oper "Porgy and Bess", dramatisch und auf höchstem Niveau dargebracht vom Klarinettisten des Orchesters.
Bernsteins Ohrwürmer
Zum Schluss der musikalischen Sommerreise gab es zum einen eine Erinnerung an den großen Komponisten und Dirigenten Leonard Bernstein, dessen 100. Todestag die Musikwelt heuer gedenkt. Aufgeführt wurden die Sinfonischen Tänze aus der "West Side Story", einer der erfolgreichsten und bekanntesten Kompositionen des 20. Jahrhunderts überhaupt. Hingebungsvoll und leidenschaftlich lässt Ljubka Biagioni dieses Werk erklingen, ganz im Sinne Bernsteins in fetziger Klangsprache kombiniert mit explosiver Gestik. Auch hier gibt es wieder Anklange an echte Ohrwürmer wie "Somewhere", "Maria" oder "Tonight".
Am Ende gab es großen Applaus für die Musiker und ihre Dirigentin, die auch im kommenden Jahr bei den Plassenburg-Open-Airs wieder dabei sein wird.