Viele Menschen machen laut Experten Fehler beim Heizen mit Holz - und schädigen so die Umwelt und sich selbst.
Feinstaub und CO 2 -Ausstoß: Worte wie Donnerhall, nicht nur zuletzt bei der Klimakonferenzin Bonn. "Die Welt zu Gast beim Klimasünder" titelte jüngst eine Tageszeitung und spielte damit an auf die (letztlich verfehlten) Ziele, die sich der selbst ernannte Umweltschutz-Weltmeister Deutschland selber gesteckt hatte. Vor allem in Sachen Luftverschmutzung durch feinste Ruß-Partikel gilt die Republik in der EU als Anti-Vorzeigemodell.
Laut Deutscher Umwelthilfe ein großer Verursacher: die als ökologisch und nachhaltig propagierte Holzheizung, die aber mehr zur Feinstaubbelastung beitrage als der gesamte deutsche Straßenverkehr. Wie aber konnte ein so wichtiger Baustein in der auch von der Bundesregierung deklarierten Wärmewende so in die Kritik geraten? Und ist das barsche Urteil überhaupt gerechtfertigt?
Bezirkskaminkehrer hat Zweifel
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass es vor 20 oder 30 Jahren weniger Feinstaub gegeben haben soll", bekundet Martin Stübinger, einer von Kulmbachs Bezirkskaminkehrermeistern. Zum einen hänge das damit zusammen, dass Privatleute immer weniger Kohle verschürten; zum anderen seien die Feuerstätten im Laufe der Jahre effizienter geworden. "Ich muss sagen, dass ich die Aufregung um die Einzelfeuerstätten so nicht verstehe. Es gibt entsprechend strengere Typenprüfmessungen durch den TÜV, was Wirkungsgrad, Feinstaubbelastung, und Kohlenmonoxid-Ausstoß angeht. Die Bundesimmissionsschutzverordnung BimschV schreibt die Grenzwerte vor. Die muss jeder Hersteller einhalten."
Fehler beim Anschüren
Stübinger verhehlt aber nicht, dass das Problem bisweilen auf Anwenderseite liegt. "Es ist schon der eine oder andere Kunde dabei, der Fehler beim Heizen macht - etwa indem er zum Anfeuern zu große Stücke verwendet oder die Lüftungszufuhr zu schnell drosselt, so dass zu wenig Sauerstoff in den Brennraum strömen kann. Wieder andere nutzen zu nasses Holz und wundern sich über den Qualm oder den schlechten Abbrand. Da können wir als Kaminkehrer beratend tätig sein. Richtig mit dem nachwachsenden Rohstoff zu heizen, bedeutet eben mehr, als ein Streichholz an ein Scheit zu halten."
Manch einer habe auf die Tipps des Fachmanns mit Unwillen oder gar Ignoranz reagiert. "Die Leute schüren seit 50 Jahren immer nach demselben Muster - und plötzlich sagt einer, was sie all die Zeit falsch gemacht haben. Damit kommt man nicht immer an bei seinem Gegenüber", sagt der Experte. Bisweilen erntet er fragende Blicke, wenn er etwa von Holzfeuchtemessung spricht oder der sogenannten Schweizer Methoden zum Anfeuern. Entgegen alter Gepflogenheiten hat es sich mittlerweile bewährt, ein Feuer von oben zu entfachen. Dabei wird der Anzünder auf kreuzweise angeordneten dünneren Holzstückchen platziert, die auf größeren Scheiten liegen. So brennt das Feuer von oben nach unten wie bei einer Zigarre - mit dem Vorteil, dass genügend Luft an die Flamme kommt und deutlich weniger Kohlenmonoxid und Ruß entsteht. Zudem verbrennt das entweichende Holzgas nahezu rückstandsfrei.
Das alles freilich nutzt nichts, wenn die Feuerstätte ein bestimmtes Alter erreicht hat. Kaminöfen, die mehr als 30 Jahre auf dem Schamottbuckel haben, müssen laut BimschV mit einem Spezialfilter nachgerüstet werden - oder stillgelegt. Stichtag dafür ist der 31. Dezember 2017, er gilt für Öfen mit Baujahr bis einschließlich 1984. "Betroffene Kunden sind von mir und meinen Kollegen über die Frist unterrichtet worden."
Das Prozedere läuft wie folgt ab: Bei der anstehenden Feuerstättenschau wird der Kaminkehrer den veralteten Brenneinsatz bemängeln; ab diesem Zeitpunkt hat der Eigentümer drei Monate Zeit für die Ersatzbeschaffung. Danach aber obliege es dem zuständigen Landratsamt, den Vorgang weiter zu verfolgen. "Knöllchen verteilen können wir als Kaminkehrer nicht", sagt Stübinger. Übrigens: Nach dem Einbau eines neuen Brenneinsatzes prüft der Kaminkehrer dessen Zulassung, eine Feinstaub-Messung hingegen ist vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben. Doch der Austausch lohne sich, sagt der Fachmann: Durch die deutlich effektivere Verbrennung werde bis zu 20 Prozent weniger Material für die gleiche Heizleistung benötigt. Zudem gibt es technische Helferlein, die automatisch die optimalen Bedingungen beim Abbrand regulieren.
Wie wichtig die optimale Verbrennung für die Klimabilanz von Feuerstätten ist, zeigt eine aktuelle Untersuchung der American Geophysical Union (AGU). Demnach haben Rußpartikel, die aus den Schornsteinen von Wohnungen und Häusern aufsteigen, einen noch viel stärkeren Einfluss auf den Klimawandel als bisher angenommen. Die durch menschliche Tätigkeit emittierten Rußpartikel rücken damit in der weltweiten Rangfolge der "Klimakiller" auf den zweiten Platz hinter Kohlendioxid vor.
Ausstoß wie bei einer Autofahrt
Noch erschreckender wird die Feinstaub-Problematik, wenn man sich folgende Beispielrechnung betrachtet, wie sie das Umweltbundesamt unter der Rubrik "Heizen mit Holz" auf seiner Homepage vornimmt. Dort heißt es: "Ein neuer Kaminofen üblicher Größe emittiert, so er den Grenzwert ausschöpft und bei Volllast betrieben wird, in der Stunde etwa 500 Milligramm Staub. Das entspricht rund 100 Kilometern Autofahren, wenn Euro 6 ausgeschöpft wird. Diese Grenzwerte gelten allerdings jeweils auf dem Prüfstand - die Emissionen in der Praxis liegen sowohl beim Auto als auch Kaminofen höher."